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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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du verheiratet bist«, antwortete sie und küßte mich auf die Wange.
    Â»Hinterhältige kleine Hexe.«
    Â»Wer ist hinterhältig? Warum hast du mir nichts von Royal Loomis gesagt? Die ganze Welt redet davon!«
    Â»Ich hab’s versucht. Aber du hattest einen Weinkrampf und bist auf mich losgegangen. Ich hab dir eine Menge zu erzählen, Min. So viel …«
    Â»Minnie! Was für eine Pie möchtest du?«
    Â»Ich komm schon, Jim!« rief Minnie. Sie küßte mich erneut und lief zu ihrem Mann.
    Ich sah ihr nach und beobachtete, wie sie das endlose und überflüssige Getue abzog, das Frauen um unwichtige Dinge wie Pies und Limonade verbreiten können, und war einen Moment lang eifersüchtig. als ich mich erinnerte, daß wir einmal nur uns selbst gehört hatten. Jetzt gehörte sie ihren Kindern. Und Jim, ihrem Heim, ihrer Familie. Nicht mir.
    Jemand schlug mir auf den Kopf. Weaver ging mit einem Tablett an mir vorbei. »Sprechen.«
    Â»Reden«, antwortete ich und versetzte ihm einen Klaps.
    Â»Das ist schwach«, erwiderte er.
    Â»Sprechen
genauso!«
    Â»Mattie! Noch mehr Hühnchen, bitte, ja?« Es war Henry, der am Grill stand.
    Â»Gleich, Henry«, antwortete ich, raffte meine Röcke zusammen und rannte wieder hinein. Er wetzte auch wieder ein Messer, obwohl es schon dämmerte, und ich wünschte, ich hätte es nicht gesehen. Ich wußte ja, daß es nur ein alberner Aberglaube war, aber es machte mich nervös.
    Bevor ich nach drinnen laufen konnte, packte mich Ada an der Hand und sagte: »Royal und Martha Miller hatten gerade einen Streit.«
    Ich sah sie verständnislos an. »Royal? Das kann nicht sein. Er war doch gerade noch hier. Hast du gesehen, wie sie sich gestritten haben?«
    Â»Nein.«
    Â»Woher weißt du dann …«
    Â»Von meinem neugierigen Bruder Mike. Er hat gerade hinters Bootshaus gepinkelt. Sie wußten nicht,
    daß er da war. Er hat zwar nichts gesehen und nicht alles gehört, aber er hat mitgekriegt, wie Martha Royal gesagt hat, daß sein gebrochenes Herz offensichtlich sehr schnell wieder geheilt sei.«
    Mein eigenes Herz fühlte sich plötzlich wie Blei an. »Mir hat er gesagt, er wolle sich mit Tom L’Esperance unterhalten.«
    Â»Tom L’Esperance? Der ist doch gar nicht da. Ich geh jetzt Mike suchen, mal sehen, ob er noch mehr weiß. Vielleicht kann ich auch Royal finden.«
    Â»Ada, laß …«, begann ich. Dann hörte ich meinen Namen rufen und spürte zwei Arme um meine Taille. Es war meine kleinste Schwester. »Um Himmels willen, Beth, dein Mund ist ja ganz verschmiert!«
    Â»Erdbeerkuchen, Matt! Der ist so gut!« Und schon rannte sie lachend und kreischend mit zwei anderen kleinen Mädchen davon. Ich war froh, sie wieder so erholt und lebendig zu sehen.
    Ich sah, daß jemand mir zuwinkte. Es war Abby. Sie stand mit den beiden jüngeren Schwestern von Minnie zusammen, von denen jede eines von Minnies Babys auf dem Arm hielt.
    Â»Frag Mattie«, hörte ich sie sagen, als ich zu ihnen hinüberging, »die weiß das.«
    Â»Was weiß ich?« fragte ich leicht abwesend, weil ich mich nach Royal umsah. Und nach Martha.
    Â»Warum Miss Wilcox plötzlich verschwunden ist«, sagte Clara Simms mit bedeutungsvoll gesenkter Stimme. Sie war jemand, der gern Staub aufwirbelte.
    Â»Sie wollte nach Paris«, sagte ich. Ich hatte keine Lust, über Miss Wilcox zu reden, weil ich sie zu sehr vermißte.
    Clara kniff die Augen zusammen. »Da hab ich aber was anderes gehört. Sie soll unter anderem Namen schmutzige Gedichte geschrieben haben, und als die Schulvorsteher rausfanden, daß sie von ihr waren, hat man sie rausgeschmissen.«
    Â»Sie hat wunderschöne Gedichte geschrieben. Clara«, sagte ich zornig. »Hast du je eines gelesen?«
    Â»Das würde ich nie tun. Nie im Leben. Meine Mutter sagt, ihre Bücher seien unanständig. Und gefährlich.«
    Miss Wilcox sagte einmal, Bücher könnten tatsächlich gefährlich sein. Vielleicht in den richtigen Händen. In Clara Simms Händen konnte ein Buch nur dann gefährlich sein, wenn sie jemandem damit auf den Kopf schlug.
    Â»Mattie, Hähnchen, ja?« rief Henry.
    Â»Ich komm gleich«, antwortete ich und lief nach drinnen. Ich holte das Hähnchen, rannte wieder nach drinnen, um Mais, Brötchen und Bohnensalat zu holen – und lief dabei auf

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