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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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ebenfalls ins Wasser hängen.
    Â»Was meinst du damit?«
    Â»Nun, Bill Sikes ist schlecht. Fagin auch. Ganz einfach schlecht. Oliver und Mr. Brownlow sind gut. Wie Pip. Und Dorrit.«
    Weaver dachte darüber nach und sagte dann: »Heathcliff ist beides. Er ist mehr als beides. Ebenso Rochester. Man weiß nie, was sie tun werden.« Er sah mich an. »Es geht um Emmie, nicht wahr? Du weißt nicht, was du von ihr halten sollst.«
    Â»Nein, das weiß ich nicht.«
    Emmie Hubbard hatte uns alle erstaunt. Sie hatte Weavers Mama aufgenommen und nichts davon hören wollen, daß sie zu Mrs. Loomis, Mrs. Burnap oder sonstwohin ginge. Sie überließ ihr ihr eigenes Bett und pflegte sie. Und an dem Tag, als das Haus der Smiths abbrannte, hatte sie sogar die Geistesgegenwart besessen, ihre Kinder die Hühner rupfen zu lassen, die die Trapper getötet hatten. Aus einigen machte sie einen Eintopf, die anderen briet sie und verkaufte den Rest ans Eagle Bay Hotel, bevor sie schlecht wurden. Das Geld benutzte sie, um Dr. Wallace für das Einrenken des Arms von Weavers Mama zu bezahlen.
    Â»Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll. Weaver«, sagte ich. »Heute morgen hab ich meinen Pa beim Ausliefern getroffen. Er hat gesagt, seit dem Brand seien die Hubbard-Kinder nicht mehr zum Frühstück bei uns gewesen.«
    Â»Die Köchin sagt, daß sie Emmie neulich am Bahnhof gesehen hat. Sie hat Kuchen und Brötchen verkauft. Angeblich hat ihr meine Mama gesagt, was sie tun soll, und das hat sie getan.«
    Â»Ich weiß nicht. Vielleicht gefällt es ihr, zur Abwechslung mal die Tüchtige zu sein. Vielleicht hat sie nie die Möglichkeit dazu gehabt«, antwortete ich und bewegte die Füße im Wasser. »Vielleicht hat sie es einfach satt, die Irre zu spielen. Wahrscheinlich nutzt sich der Körper nach einer Weile einfach ab.«
    Weaver lachte, aber es war kein wirkliches Lachen.
    Seine Mama hatte ihr Haus verloren, und einige meinten, daß er die Schuld daran trage, weil er die Justiz bemüht hatte. Nichts wäre passiert, sagten sie. wenn er sich gegenüber den Trappern zurückgehalten und seine große Klappe gehalten hätte.
    Mr. Austin Klock, der Untersheriff, kam aus Herkimer herüber, um die Brandursache zu untersuchen. Als er wieder ging, hatten die drei Männer eine ganze Liste neuer Anklagen gegen sich. Doch niemand glaubte im Ernst, daß sie je zur Rechenschaft gezogen würden, denn seit dem Tag, an dem Weavers Haus abbrannte, waren sie nicht mehr gesehen worden. Selbst Mr. Klock meinte, daß es so gut wie unmöglich sei. drei Trapper zu fangen, die in den North Woods jeden Baum, jeden Fels und jedes Versteck kannten. Seiner Meinung nach waren sie vermutlich schon auf dem Weg nach Kanada, wo sie sich mit Weavers CollegeGeld eine schöne Zeit machten.
    Weaver hatte seit dem Brand kaum mehr gegessen. Oder gesprochen. Oder gelächelt.
    Â»Die Köchin hat ein Stück Kuchen für dich. Kokoscreme. Dein Lieblingskuchen«, sagte ich.
    Er reagierte nicht.
    Â»Hab ich dir mein Wort des Tages schon gesagt? Es heißt
leporin.
Das bedeutet hasenartig.«
    Er spielte mit dem Zeh im Wasser.
    Â»Man könnte es vielleicht benutzen, um jemandem mit vorstehenden Zähnen zu beschreiben. Oder mit einer zuckenden Nase. Es ist ein interessantes Wort.«
    Keine Antwort.
    Â»Na, wahrscheinlich ist es nicht so interessant.«
    Â»Ich bleib hier, Matt«, sagte er schließlich. »Nach dem Labor Day. Ich hab gerade mit Mr. Morrison gesprochen. Er sagt, er habe Arbeit für mich.«
    Â»Wie soll das denn gehen?« fragte ich. »Du mußt doch schon lange vor dem Labor Day in New York sein. Beginnt dein Unterricht nicht in der ersten Septemberwoche?«
    Â»Ich geh nicht hin.«
    Â»Was?«
Ich hatte wohl nicht richtig gehört.
    Â»Ich geh nicht an die Columbia. Nicht bevor’s meiner Mama wieder gutgeht. Ich kann sie jetzt nicht allein lassen.«
    Â»Sie ist doch nicht allein. Sie hat doch Emmie, die sie versorgt.«
    Â»Für wie lange noch? Es dauert doch höchstens noch einen Monat, bis Emmies Land versteigert wird. Und außerdem hab ich jetzt kein Geld mehr für ein Zimmer. die Zugfahrt, für Bücher oder für sonst irgendwas.«
    Â»Was ist mit deinem Lohn? Hast du ihn nicht gespart?«
    Â»Den brauch ich, um für Mama und mich eine Unterkunft zu bezahlen. Mein Haus ist abgebrannt.

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