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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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heute Tisch sechs?« fragte sie.
    Â»Ich!« antwortete ich.
    Â»Nein, ich will!« rief Ada.
    Â»Machen wir einen Wettlauf«, sagte Fran. »Wer zuerst an der Hintertreppe ist!«
    Ada gewann das Rennen, kam aber nicht dazu. Tisch sechs zu bedienen. Nachdem wir uns umgezogen hatten und wieder unten waren, erklärte uns die Köchin, daß einem der Gäste, einem Mr. Maxwell. im Wald ein Mißgeschick passiert sei, was ihn so aufgeregt habe, daß er sich mit einer Wärmflasche und einer Karaffe Rum auf sein Zimmer zurückgezogen habe. Mrs. Morrison würde eine vierköpfige Familie an seinen Tisch setzen – Tisch sechs.
    Ich gab mir alle Mühe, nicht zu kichern, als sie uns dies erklärte, und Ada ging es ähnlich.
    Ganz anders Fran. Sie blieb vollkommen ungerührt. »Dann muß er sich ja sehr aufgeregt haben, Mrs. Hennessey«, sagte sie.
    Â»Ja, das stimmt«, antwortete die Köchin. »Ich hab ihn gefragt, ob er wenigstens zum Abendessen herunterkommt – ich fand, er sollte etwas essen –, aber davon wollte er nichts hören. Ich versteh das einfach nicht. Ich hab gebratenes Hähnchen auf der Karte, was er doch sonst so gern mag. Sogar seinen Lieblingsnachtisch hab ich gemacht, aber als ich ihm das sagte. wurde er ganz grün um die Nase.«
    Â»Wirklich? Was ist es denn?« fragte Fran.
    Â»Schokoladenpudding, mit extra viel Eiern und guter frischer Milch und … und … Fran? Frances Hill, hör sofort auf damit! Was zum Teufel ist denn in dich gefahren? Ada, du solltest dich schämen! Rumzugackern wie die Hühner! Und du, Mattie Gokey … würdest du mir
bitte
erklären, was daran so lustig sein soll?«

Do• lor
    Unsere gute Laune hielt ganze zwei Tage an und verschwand so rasch wie Vögel, bevor es zu regnen beginnt, als mein Vater eines schönen Nachmittags gegen Ende des Mittagsservice ins Glenmore kam, um uns zu sagen, daß das Haus von Weavers Mama abgebrannt sei.
    Weaver raste sofort aus dem Hotel davon. Wir anderen – ich, Ada, Fran und Mike – mußten auf Anweisung der Köchin warten, bis der Speisesaal fürs Abendessen hergerichtet war, und dann fuhr uns John Denio auf seinem Wagen hinüber.
    Während der Fahrt dachte ich über meine Wörter und deren Bedeutung nach, wie ich es zur Ablenkung immer tue, wenn ich aufgeregt bin oder Angst habe. Mein Wort des Tages war
Doughnut,
eigentlich ein albernes Wort. Ich fand, daß
Dolor,
ein Wort, das ich beim Zurückblättern von
Doughnut
aus gesehen hatte. eine viel bessere Wahl wäre, angesichts der Umstände. Es bedeutet Schmerz, Qual oder Pein. Und ist auch in
kondolieren
enthalten.
    Auf dem Weg den Hügel hinunter unterhielten wir uns, und niemand bezweifelte, daß es sich bei dem Feuer um einen Unfall gehandelt haben mußte. Wir schätzten, daß eine Öllampe umgefallen war. Oder vielleicht war ein Funken von dem Feuer unterm Waschtrog aufs Dach geflogen, obwohl Weavers Mama immer sehr sorgfältig darauf achtete, ihr Feuer weit genug vom Haus entfernt zu machen. Doch sobald wir Lincoln. den Maulesel, in einer Blutlache auf der Straße liegen. überall tote Hühner und den zerschmetterten Schweinestall sahen, wußten wir, daß das nicht zutraf.
    Mein Vater stand mit Mr. Loomis und Mr. Pulling vor den rauchenden Trümmern. Mr. Sperry, Mr. Higby und einige Nachbarn aus Fourth Lake waren ebenfalls da. Ich rannte zu ihm hin. »Pa, was ist passiert?« fragte ich.
    Â»Mattie, was machst du hier? Das ist nichts für dich.«
    Â»Ich mußte kommen, Pa. Ich mußte nach Weavers Mama sehen. Geht’s ihr gut?«
    Â»Sie ist drüben auf der anderen Straßenseite bei den Hubbards.«
    Ich rannte los.
    Â»Mattie, warte …«
    Â»Was ist, Pa?«
    Â»Weißt du irgendwas über die Männer, die Weaver geschlagen haben?«
    Â»Nur daß es Trapper waren. Und daß Mr. Higby sie ins Gefängnis gesteckt hat. Warum?«
    Â»Sie müssen ausgebrochen sein. Weavers Mama behauptet, daß sie es gewesen seien. Sie hätten den Maulesel umgebracht und alle ihre Hühner. Wenigstens ist das Schwein entkommen. Ist übers Feld in den Wald gelaufen. Hab die Loomis-Jungen hinterhergeschickt, um es zu fangen.«
    Ich wollte nicht glauben, was er mir erzählte. »Pa. nein«, stieß ich hervor.
    Â»Sie sagt, sie seien wegen der Zeit im Knast fuchsteufelswild gewesen. Sie sagt, sie

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