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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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mir tut, dir all diese Schwierigkeiten zu machen. Ich weiß, du haßt mich, was ich dir nicht verdenken kann. Mein ganzes Leben ist ruiniert, und in gewissem Maß auch deines. Natürlich ist es für mich schlimmer als für dich, doch selbst wenn du und die Welt denken mögt, ich sei diejenige, die die Schuld dafür trägt, kann ich das nicht – ich glaube das einfach nicht, Chester.
    Ich hab so viele Male nein gesagt, Liebster. Natürlich weiß das niemand, aber dennoch ist es wahr. Gerade kam meine kleine Schwester mit einem Strauß Gänseblümchen herauf und fragte mich, ob ich mir nicht die Zukunft Voraussagen lassen wollte. Ich sagte ihr, daß mir die schon zur Genüge bekannt sei …
    Mein Blick kehrt auf eine bestimmte Zeile zurück: »Ich hab so viele Male nein gesagt, Liebster« . und stöhne laut auf, weil ich selbst ein paarmal nein, Liebster, gesagt habe, und endlich verstehe ich, warum Grace so bedrückt war: Sie trug ein Baby in sich – Chester Gillettes Baby.
Deshalb
mußte sie ihre Stelle aufgeben und zurück nach Hause gehen. Deshalb wünschte sie sich so verzweifelt, er würde kommen und sie wegbringen. Bevor ihr Bauch zu dick würde und die ganze Welt es sehen konnte.
    Und dann kommt mir ein anderer Gedanke … daß ich die einzige Person auf der ganzen Welt bin, die das weiß.
    Ich falte den Brief zusammen, stecke ihn in den Umschlag zurück und sehe aus dem Fenster. Es ist so dunkel draußen und noch kein Anzeichen von Morgendämmerung.
    Brich ein Versprechen, das du den Toten gegeben hast, und sie verfolgen dich, sagt Ada.
    Halt dein Versprechen, und sie verfolgen dich genauso.

Mal• dik • tion
    Es war Samstag, mein absoluter Lieblingstag, denn am Samstag ging ich in Miss Wilcox’ Bibliothek arbeiten. Ich war gerade die Stufen zu ihrem Haus hinaufgestiegen, stand auf der Veranda und wollte anklopfen. als ich von drinnen Stimmen hörte. Laute, zornige Stimmen.
    Â»Und was ist mit deinem Vater? Und Charlotte. Und Iverson junior? Was für eine Schande für sie alle. Sie können sich nicht einmal mehr in der Öffentlichkeit zeigen! Hast du denn nie an sie gedacht, Emily?« Das sagte eine Männerstimme.
    Â»Sie sind keine Kinder. Sie kommen schon zurecht. Annabelle jedenfalls.« Das sagte Miss Wilcox.
    Ich hob die Hand, um zu klopfen, ließ sie aber wieder sinken. Miss Wilcox erwartete mich, und es gab viel Arbeit für mich, aber hier handelte es sich eindeutig um eine private Auseinandersetzung, und vielleicht war es ihr lieber, wenn ich später wiederkam. Ich wußte nicht, was ich tun sollte, und blieb unschlüssig stehen.
    Â»Wie hast du mich gefunden? Wen hast du bezahlt. um mich auszuspionieren? Und wieviel?«
    Â»Emily, komm einfach nach Hause.«
    Â»Zu welchen Bedingungen, Teddy? So wie ich dich kenne, gibt es Bedingungen.«
    Â»Kein Geschreibsel, keine Narreteien mehr. Du kommst nach Hause und nimmst deine Aufgaben und Pflichten wieder auf. Ich verspreche, daß ich mein Bestes tun werde, zu vergessen, daß je dergleichen geschehen ist.«
    Â»Ich kann nicht. Du weißt, daß ich das nicht kann.«
    Es folgte ein kurzes Schweigen, dann ergriff der Mann erneut das Wort. Er schrie nicht mehr, seine Stimme war ruhig und beherrscht und flößte einem deshalb um so mehr Angst ein.
    Â»Was du getan hast, Emily, ist nicht nur peinlich und bedauerlich, sondern unmoralisch.
Threnody
hätte nie geschrieben und schon gar nicht veröffentlicht werden dürfen. Anthony Comstock hat sich eingeschaltet. Weißt du, wer das ist?«
    Â»Der Quasselkönig?«
    Ich wußte nicht, daß Miss Wilcox so schnippisch sein konnte. Ich fand nicht, daß das klug von ihr war. Nicht in Gegenwart eines zornigen Mannes.
    Â»Er ist der Schriftführer des Vereins zur Unterdrückung des Lasters. Er hat Leute schon ruiniert und in den Selbstmord getrieben. Mein Lebtag lang hätte ich mir nicht träumen lassen, einmal deinen Namen unter denen von Abweichlern und Pornographen zu sehen.«
    Â»Ich bin weder eine Abweichlerin noch eine Pornographin, Teddy. Das weißt du auch. Und der widerliche Mr. Comstock genauso.«
    Â»Er behauptet, du seist obszön. Und wenn Mr. Comstock etwas sagt, hört das ganze Land auf ihn. Du fügst den Namen Wilcox und Baxter schweren Schaden zu, Emily. Ich werde mich nach Hilfe für dich umsehen, wenn du es selbst nicht

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