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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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fraßen, und daß es gut sei, sie gemeinsam mit Hühnern und Gänsen aufzuziehen. Während ich nickte und lächelte,
mhm
und
ach, wirklich
sagte, gingen wir den Weg entlang, und ich fragte mich, ob Jungen irgendwelche Zeitschriften hatten, die ihnen sagten, wie man Frauen beeindruckte, und wenn ja, ob die ihnen je rieten, ihre Interessen denen der Mädchen unterzuordnen?
    Eigentlich wollte ich unbedingt jemandem erzählen, daß die skandalöseste Dichterin des Landes mitten unter uns weilte. Weaver hätte ich das erzählen können, aber den hatte ich seit Tagen nicht mehr gesehen. Er war bereits oben im Glenmore, wo er half, die Boote herzurichten und die Veranda zu streichen. Auch Abby hätte ich es erzählen können, hatte aber Angst, sie könnte es Jane Miley, ihrer besten Freundin. ausplaudern. Und falls die es überall herumtratschte. konnte es für Miss Wilcox gefährlich werden, wenn die Leute erfuhren, wer sie wirklich war und daß wegen ihres Buchs großer Aufruhr herrschte. Doch vor allem wollte ich es Royal erzählen. Ihn wollte ich ins Vertrauen ziehen, das Geheimnis mit ihm teilen, aber dazu gab er mir keine Gelegenheit.
    Â»Sieh dir dieses Stück Land an, Matt«, sagte er und machte eine ausholende Bewegung mit der Hand. »Schön flach, gute Drainagen, und obendrein gibt’s noch einen schönen Bach. Das wär gutes Ackerland. Hier würd ich sofort Mais anbauen.«
    Das Stück Land, von dem er sprach, schloß Emmie Hubbards Besitz, einen Teil von dem meines Vaters und einen Teil vom Land der Loomis ein. »Nun, ich denke, da würde Emmie auch noch ein Wörtchen mitreden wollen. Ganz abgesehen von meinem Pa.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Ein Mann darf doch träumen, oder?«
    Und bevor ich etwas antworten konnte, fragte er mich, ob ich Lust hätte, mit ihm am Abend nach Inlet zu fahren. Ich willigte ein. Sobald ich ja gesagt hatte, ließ er Daisys Strick los, zog mich unter ein paar Ahornbäume und küßte mich. Wahrscheinlich war die wortlose Sprache meines Körpers doch ziemlich beredt gewesen, weil ich mir genau das von ihm gewünscht hatte. Er drückte sich an mich, küßte meinen Hals. und mir war, als ob alles Starke und Feste in mir, Herz. Knochen, Muskeln und Organe, von seiner Glut zu schmelzen begänne. Zum erstenmal wagte ich, ihn zu berühren. Es mußte der herrliche Maitag gewesen sein. der mich so kühn hatte werden lassen. Der Frühling in den Wäldern kann einen halb wahnsinnig machen. Ich strich mit den Händen über seine Arme und legte sie auf seine Brust. Sein Herz klopfte langsam und gleichmäßig, ganz im Gegensatz zu meinem, das wie ein Mähdrescher hämmerte. Wahrscheinlich war es für Jungen anders als für Mädchen. Ich spürte, wie seine Hände meine Taille umfingen, und dann glitt eine von ihnen tiefer. An einen Ort, den nie jemand berühren sollte. wie meine Mama mir gesagt hatte, außer der Ehemann.
    Â»Royal, nein.«
    Â»Ach Mattie, schon gut.«
    Er zog sich von mir zurück, runzelte die Stirn, sein Gesicht verdüsterte sich, und ich hatte das Gefühl. etwas falsch gemacht zu haben. Mein Wort des Tages hieß
abszindieren
und bedeutet abschneiden oder plötzlich abbrechen, eine Bedeutung, die mir sehr bewußt wurde, als ich Royals finsteres Gesicht sah. Ich bekam Angst und fühlte mich beraubt, als hätte ich mich selbst von der Sonne abgeschnitten. Er sah zu Boden, dann auf mich. »Ich spiel nicht rum, Matt. wenn’s das ist, was du denkst. Ich hab bei Tuttle’s einen Ring gesehen.«
    Ich blinzelte ihn verständnislos an.
    Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Wenn ich den kaufen würde, würdest du ihn wollen?«
    Heiliger Himmel,
die
Art Ring. Ich dachte, er meinte einen Ring für das Zaumzeug oder einen Flaschenzug, aber er meinte einen richtigen Ring. Wie den, den sein Bruder Dan Belinda Becker geschenkt hatte.
    Â»Oh ja! Ja, das würde ich«, flüsterte ich. Und dann warf ich die Arme um seinen Hals, küßte ihn und hätte vor Erleichterung fast geheult, als er meinen Kuß erwiderte. Ich dachte nicht darüber nach, was mein Ja wirklich bedeutete. Denn in diesem Moment wollte ich nichts anderes als Royal und machte mir nicht klar. daß mein Ja zu ihm ein Nein gegenüber all den anderen Dinge bedeutete, die ich auch wollte.
    Â»Also gut«, sagte er und löste

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