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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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flüstern.
    Keuchend schloss Kiran die Augen. Der schimmernde Schwanzfächer verschwand, aber zugleich hörte er Brock stöhnen.
    »Noch ein Wort von dir, Schmiedejunge, und du
    wünschst dir, du wärst wieder in der Schmiede deines Vaters!« Kirans Bedürfnis, die Augen zu öffnen, wurde beinahe unbezwingbar, als er Gridleys widerliche Stimme so nahe hörte. »Steht auf!«, schrie Gridley nun, aber sein Schreien schien der Richtung nach nicht Brock und Kiran zu gelten. Er musste wohl seine Kumpane meinen.
    Das Ende eines Knüppels traf Kirans Brust. Er griff danach, verfehlte ihn aber und öffnete unwillkürlich die Augen. Sofort erschienen die Pfauenschwanzfedern wieder, blaugrün und Schwindel erregend. Er schloss die Augen, warf sich zur Seite und hörte einen Knüppel dort auf den Boden schlagen, wo er einen Augenblick zuvor
    noch gelegen hatte. Mit den Armen vor dem Gesicht, rollte er sich auf die Seite. Jack!
    Ein Stiefel knallte ihm in die Rippen. »Versuch nicht, abzuhauen«, sagt Gridley. »Das schaffst du nicht.« Ein Schlag traf Kirans Seite. Vor Schmerz schnappte er nach Luft und trat in die Richtung der Stimme, doch er traf nichts. Jetzt kamen die Schläge aus allen Richtungen.
    »Was willst du von mir, Gridley?«, schrie er.
    Ein weiterer Tritt traf ihn in den Rücken. »Du gehörst nicht in den Tempel.«
    Und dann hallte wüstes Bellen durch die frische Luft.
    Kiran stellte sich die Flügel vor, aufgescheucht und erschreckt, weil ein großer, gefleckter Hund in voller Geschwindigkeit auf sie zu stürmte. Jack, nimm dich in Acht! Knöpf dir den Anführer vor, wenn es sicher ist.
    Mach ihm Angst, aber tu ihm nichts!
    Plötzlich ein Höllenlärm. Wildes Knurren gemischt mit Schreien. »Pass auf!« Kiran hörte schlurfende Geräusche und ein Knurren, von dem er wusste, dass es nicht von Jack stammen konnte. Wenn er doch bloß die Augen aufmachen könnte!
    »Lass mich wieder normal sehen, Gridley!«, schrie er durch den Lärm.
    Knurren.
    »Rühr dich nicht!«, rief einer der Jungen. »Der Bär greift nicht an, wenn du dich nicht rührst.«
    »Ruf sie zurück!«, schrie Gridley mit panischer Stimme.
    Kiran schlug die Augen auf und sah den klaren Himmel. Stöhnend setzte er sich auf und blickte sich um. Neben ihm rappelte sich Brock allmählich auf. Aus seinem Mund sickerte Blut. Ein paar Schritte weiter lag Gridley unter Jack, der aus tiefster Kehle knurrte und die Situation offensichtlich genoss. Mit den Vorderpfoten stützte er sich auf Gridleys Brust und blickte ihn mit seinen ungleichen Augen drohend und mit hochgezogenen Lefzen an.
    Dicht hinter Jack ließ ein riesiger brauner Bär den massigen Kopf hin und her schwingen und hielt die fünf anderen Flügel in Schach, die zitternd und schwitzend auf den Gerstenstoppeln kauerten. Kiran nahm den scharfen Geruch von Angst deutlich wahr. Er wartete ein paar Augenblicke, bevor er Kontakt zu den Tieren aufnahm.
    Ich danke euch, meine Freunde! Diese Jungen sind besiegt. Ihr könnt sie ruhig am Leben lassen.
    Der Bär blickte Kiran an. Mit wiegendem Gang machte er sich wieder in die Wälder davon.
    Brock streckte eine Hand aus. Beim Aufstehen stöhnte Kiran. Seine Rippen schmerzten sehr. »Jack«, sagte er laut. Jack, lass ihn aufstehen.
    Jack nahm die Pfoten von Gridleys Brust, setzte sich und grinste so breit, dass alle Zähne zu sehen waren.
    Brock und Kiran beugten sich über Gridley. Die anderen Flügel blieben auf dem Boden und blickten nervös von Kiran zu Jack.
    Brock betupfte seine blutige Lippe mit dem Ärmel seines Hemds. »Deine Feder sieht ziemlich mitgenommen aus«, sagte er zu Gridley. »Steck sie weg, bevor sie ihre ganze Schönheit einbüßt.«
    Langsam setzte sich Gridley auf. Er starrte auf die Feder, die er immer noch umklammert hielt. Sie war voller Staub. »Ihr nehmt sie mir nicht weg?«, fragte er mit zitterndem Kinn.
    »Versprichst du, uns in Ruhe zu lassen?«, fragte Kiran.
    Gridley nickte.
    »Dann vergessen wir das.«
    Gridley legte die Feder zurück in das Etui. Kiran half ihm auf. Einen Moment lang blickte ihm der Anführer der Flügel mit widerstrebendem Respekt in die Augen.
    Dann wandte er sich seinen Gefolgsleuten zu und drängte sie aufzustehen.
    Jack hatte sich an Kirans Anweisung gehalten, Gridley unverletzt zu lassen. Obwohl Jack sich auf ihn gestürzt hatte, hatte er im Gegensatz zu den anderen Flügeln keine Verletzungen davongetragen außer seinem angeschlagenem Stolz. Haigs Gesicht war stark geschwollen, und Kiran fragte

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