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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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zufrieden.«
    Dawns Ehe geht es also gut, dachte Kiran.
    »Ich muss es mir noch genauer ansehen, aber es
    scheint so, als ob sie eine Antwort auf das S-Problem gefunden hat«, fuhr Brock fort.
    Dawn hat Selid gefunden? Kiran hob die Augenbrauen.
    Der Gong ertönte. Brock ließ die Rolle in einer Tasche seines Schülergewands verschwinden.
    »Treffen wir uns nach dem Mittagessen beim See?«, fragte Kiran. Die Schüler hatten dann ein oder zwei Stunden frei.
    Brock nickte.
    Auf dem Flur stieß Kiran mit Bryn zusammen. Er
    hoffte, dass sie sein Flüstern, er wäre nachher am See, verstanden hatte, hoffte, dass sie, wenn sie ihn gehört hatte, auch einverstanden war, ihn dort zu treffen.
    Später stand er an dem flachen Felsbrocken dicht beim Ufer. Hier hatten er und seine Freunde oft gepicknickt, hatten geredet und gelacht, und Kiran überkam plötzlich die unheimliche Gewissheit:
    Das wird es nie wieder geben.
    Er wandte sich Brock zu. »Ich hab versucht, dich aus der Gefahr rauszuhalten«, sagte er.
    Brocks schwarze Augen blitzten auf. »Heißt das, es hätte bisher noch gefährlicher sein können?«
    »Es ist mir ernst.« Kiran pfiff Jack. Als der Hund angetrottet kam, bat ihn Kiran schweigend nachzusehen, ob andere Leute in der Nähe wären. Jack trottete davon, kehrte aber gleich mit Bryn zurück. Kiran war richtig begeistert, sie so ungewohnt gesund und strahlend zu sehen, mit rosiger Haut und lebhaftem und klarem Blick.
    Sie und Brock ließen sich auf dem Felsblock nieder und sahen Kiran fragend an.
    Mit leiser Stimme erzählte er ihnen von der Ausbildung durch den Meisterpriester, von Clea und ihrem paarweisen Prophezeien und dass er es nicht über sich brachte, das auch nur noch ein einziges Mal zu tun.
    Beide unterbrachen ihn nicht, sondern blickten ihn nur mit ernsten Mienen an und hörten zu, während die Geschichte seines geheimen Lebens nur so aus ihm heraussprudelte. Er hoffte, dass sie nun verstanden, dass er sich nicht Clea »unterwarf« und das auch nie getan hatte.
    »Und jetzt, Bryn, will der Meisterpriester, dass ich mit dir zusammen paarweise prophezeie«, schloss er, »um uns beide für die Jagd auf Selid zu benutzen – und für alles Mögliche, was er sonst noch gerne wissen möchte.
    Aber auch da kann ich nicht mitmachen!«
    »Wie willst du es Renchald sagen?«, fragte sie. »Was ist, wenn er dich in die Wüste schickt?«
    »Ich sage es ihm nicht. Ich habe mich entschlossen, den Tempel zu verlassen.«
    »Zu verlassen?«, kam es wie ein geflüsterter Schrei von ihren Lippen.
    »Ich muss. Der Meisterpriester plant ganz offensichtlich, meine Visionen für immer zu kontrollieren. Wenn er mitbekommt, dass ich mich weigere, paarweise zu prophezeien, wird er mich beschuldigen, ihm gegenüber mein Wort gebrochen zu haben. Er wird mich entweder Keldes weihen oder mit einem Fluch belegen, der mich willfährig macht.«
    Brock beugte sich vor. »So wie es aussieht, glaube ich, du musst wirklich gehen. Aber wie?«
    »Jack und ich brechen gleich nach Sonnenuntergang auf. Zu der Zeit bin ich oft draußen, die Wachen wissen das. Wir gehen durch den Wald zur Mauer am anderen Ende des Tempelgeländes. Da gibt es eine Stelle, an der die Wurzeln die Mauer gesprengt haben. Du weißt, wo das ist, Bryn.« Er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an und sie nickte. »Jack kann einen Weg nach draußen graben.«
    »Heute Abend?«, fragte Bryn heiser.
    »Heute Abend. Ach ja, Bryn, wir haben einen Brief von Dawn bekommen.« Er blickte Brock an. »Hast du rausgefunden, was er bedeutet?«
    Brock zog das mit Ziffern bedeckte Pergament aus der einen und eine Rechentafel aus der anderen Tasche. »Einen Moment.« Er ließ die Perlen sausen, während sein Blick über die Gleichungen glitt, die Dawn geschrieben hatte.
    »Selid wohnt am Stadtrand von Tunise nahe der Stelle, wo sich die großen Fernstraßen aus allen vier Himmelsrichtungen kreuzen«, sagte er nach wenigen Minuten.
    »Sie ist mit einem Schreiner verheiratet.« Er machte eine Pause und entschlüsselte das Blatt mit den Ziffern weiter.
    »Die Truppe hatte dort eine Aufführung und Selid wollte die Musik hören. Dawn hat sie zufällig in der Menge entdeckt.«
    Kiran dachte über diese Informationen nach. »Selbst wenn ich es noch nicht beschlossen hätte, würde ich jetzt gehen wollen, um Selid zu warnen. Irgendjemand muss ihr sagen, dass Renchald sie verfolgt.«
    Brock rasselte mit seiner Rechentafel. »Wenn du vorhast, nach Tunise zu gehen, brauchst du ein

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