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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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sein sollte, und kühler. Sie betrachtete das Pflanzenbüschel genauer.
    Disteln.
    Sie sahen sehr kränklich aus. Kleine grüne Stellen waren dicht über der Wurzel zwischen den welken braunen Stängeln zu erkennen. Früher waren das einmal gesunde und kräftige Pflanzen gewesen, denn die Stängel reichten hoch bis zum Brunnenrand, doch nun rochen sie nach Verderben. Der feuchte Boden war überwässert worden.
    Mit dem Eimer.
    Bryn legte die Arme um die Disteln, als könnte sie sie zu neuem Leben erwecken. Hier neben ihrer inneren Quelle sollten die Disteln, deren Aufgabe es war, sie zu führen, eigentlich wachsen und gedeihen. Aber statt zu wachsen, waren sie dabei abzusterben.
    Jedes Mal, wenn ich aus dem Wasser der Prophezeiung geschöpft habe, hat der Eimer das Wasser verdorben und das, was mich eigentlich hätte retten können, ein bisschen mehr abgetötet.
    Der Fluch.
    Bryn stand auf. Sie starrte auf den Eimer, starrte das kalte Schimmern des Metalls und die harten Glieder der Kette an. Und sie war sich sicher, dass sie den Fluch sah, mit dem Clea sie belegt hatte.
    Wie konnte sie ihn loswerden?
    »Solz und Ellerth, helft mir!«, betete sie.
    Da störte ein scharfer Ton von außerhalb die Ruhe.
    Blitzartig verließ Bryn ihre innere Landschaft und
    machte die Augen auf. Sie hörte jemand unbekümmert durch den Wald stapfen. Durch die Zweige konnte sie einen Blick auf Clea erhaschen, die ein Stück entfernt zielstrebig den Weg entlanglief.
    Bryn schnürte es die Kehle zu. Woher wusste Clea …?
    Was würde sie jetzt tun?
    Wenn sie mich noch einmal verflucht, sterbe ich bestimmt!
    Doch Clea schien sie, zusammengekauert auf dem
    Felsen und zitternd vor Verzweiflung, gar nicht zu sehen.
    Stattdessen rief sie jemandem, der ihr auf dem Weg entgegenkam, ein lautes Hallo zu.
    Es war Kiran, der von da, wo auch immer er gewesen war, zurückkam.
    Keiner von beiden bemerkte sie und Bryn wollte auch gar nicht entdeckt werden. Jack war nicht bei Kiran, und sie hoffte, dass er irgendwo anders auf etwas Interessantes gestoßen war, das er nun verfolgte. Wenn er sie witterte, da war sie sich sicher, käme er sofort angesprungen, um sie zu begrüßen, und sie konnte nicht in Gedanken mit ihm sprechen wie Kiran.
    Zitternd und mit weichen Knien kroch Bryn an den Rand des Felsens und ließ sich an seiner Rückseite zu Boden fallen. Ein Laubteppich dämpfte den Aufprall, doch er kam ihr lauter vor als ein Gong.
    Kiran und Clea hatten nichts bemerkt. Bryn kauerte sich hinter den Felsen und hörte zu.
    »Kiran«, sagte Clea. »Ich wusste doch, dass du an einem so schönen Tag draußen sein würdest.«
    Bryn wartete auf Kirans Antwort, doch es kam keine.
    »Warum so schweigsam?«, fragte Clea süßlich. »Warum begrüßt du nicht deine Partnerin in Prophezeiung?«
    Partnerin in Prophezeiung! Bryn hätte fast laut nach Luft geschnappt. Hatte der Meisterpriester Clea auch ausgebildet? Natürlich. Sie ist die Beste im Weissagungsunterricht.
    Aber paarweise mit Kiran? Das könnte er niemals ertragen. Oder doch?
    Sie hörte, wie er sich räusperte. »Ich bin nicht dein Partner«, sagte er dann hart.
    Clea lachte verführerisch. »Es ist doch niemand in der Nähe, Kiran. Da brauchst du nicht abstreiten, dass du mein Partner bist.«
    »Ich will es nicht sein. Nie mehr!«
    »Was sagst du da? Der Meisterpriester hat keinen Grund dich auszutauschen. Brock ist der einzige Prophet, den er vielleicht ausbildet, und ich würde niemals einwilligen, mit dem paarweise zu arbeiten.«
    Schweigen.
    »Hat dir Renchald denn nicht gesagt, was für gute Fortschritte wir machen?«, fragte sie.
    »Wir machen keine Fortschritte«, antwortete Kiran schroff und kalt.
    »Natürlich machen wir die. Du solltest dankbar dafür sein, deine prophetische Begabung ausbauen zu können.«
    Ihre Stimme wurde schärfer. »Willst du nicht noch mehr Visionen sehen?«
    »Nicht mit dir.«
    »Mit wem denn dann?«
    »Clea, wir haben verschiedene Ziele«, sagte er und wich ihrer Frage aus. »Uns als Paar zu wählen, war ein Fehler.«
    »Sei doch kein Dummkopf. Zusammen können wir die berühmteste Stimme des Orakels werden.«
    »Ich lebe nicht dafür, berühmt zu werden.«
    »Wofür lebst du dann? Die Tiere? Oder für deine kleine, schmutzige Tagelöhnertochter?«
    Kiran stieß einen Pfiff aus, der Jack sagen sollte, wo er zu finden sei. Als er wieder sprach, war seine Stimme rau vor Wut. »Wie schon gesagt, wir haben unterschiedliche Ziele.«
    »Ich könnte deine Absichten ändern,

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