Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
Vom Netzwerk:
dich dazu bringen, dem Orakel zu dienen, wie du es solltest. Die Götter haben mich beschenkt, sie haben auch dich beschenkt und uns dann zusammengebracht. Unsere Visionen gehören dem Tempel, nicht dir.«
    »Von jetzt an haben deine Visionen nichts mehr mit mir zu tun.« Bryn konnte hören, wie er wegging. Und sie hörte Jack bellen, viel zu nahe.
    »Ich kann dich ändern!«, sagte Clea mit erhobener Stimme. »Mit einem Wink meiner Feder kann ich dich ändern.«
    Bitte, Ellerth, lass Jack nicht auf dieser Seite des Felsens herumschnüffeln. Lass Clea mich nicht hier finden.
    Jeden Muskel angespannt, horchte Bryn auf Jacks Geräusche.
    Als er wieder bellte, kam es von weiter her. Schlapp vor Erleichterung legte Bryn ihren Kopf gegen den Felsen, während Cleas Schritte sich entfernten.
    Cleas Behauptung, sie würden sich heimlich treffen, war also nicht gelogen.
    Und jetzt? Clea war wütend genug, um etwas gegen Kiran zu unternehmen.
    Oh Kiran, bitte sei vorsichtig. Lasse dich nicht mit einem Fluch belegen!
    Bryns Gedanken kehrten zu dem Eimer zurück, der über ihrem inneren Brunnen hing, zu dem stählernen, vergifteten Metall von Cleas Fluch, zu den fast schon abgestorbenen Disteln.
    Sie war entschlossener denn je, den Fluch aufzuheben, das Gift zu beseitigen und den Disteln eine Chance zu geben, wieder aufzuleben.
    Sie brachte sich selbst zur Ruhe, indem sie langsam und tief atmete. Als sie ruhig genug war, schickte sie ihren Traumkörper in die Abanya und betrat ihre innere Landschaft erneut.
    Schnell ging sie zum Brunnen. Neben den Disteln kniend, rief sie den ganzen Götterhimmel an. Solz und Ellerth, Winjessen und Monzapel, Ayel und Vernelda. Sie hielt kurz inne, bevor sie hinzufügte: Und Keldes. Verleiht mir Eure Weisheit!
    Dann wartete sie.
    Wärme und Hitze bedeckten allmählich die Pflanzen, brannten die Braunfäule weg. Gesundes Leben ersetzte das braune Verrottete. Neue Stängel sprossen empor.
    Und jetzt zum Eimer.
    Bryn lehnte sich an den Brunnenrand und griff nach dem Eimer. Der metallene Henkel war so kalt! Sie löste den Eimer von der Kette, die ihn mit der Winde verband, und stellte ihn auf den Boden. Sie zog an der Kette und kurbelte sie ab. An ihrem Ende befand sich ein großer Haken, der in das Holz des Windenbalkens getrieben war. Bryn rüttelte an dem Haken, bis er sich löste. Ihn und die Kette warf sie in den Eimer.
    Fröstelnd fragte sie sich, was als Nächstes zu tun war.
    Irgendwie musste Clea den Eimer durch die Abanya transportiert haben, um ihn an der Winde aufzuhängen.
    Bryn überlegte, ob sie den Eimer jenseits der Grenzen ihrer inneren Landschaft absetzen sollte, doch sie wollte ihn nirgendwo in der Abanya zurücklassen. Wenn nun jemand in einem Traum darüber stolperte? Wenn er die Dinge in den inneren Landschaften völlig durcheinander brachte?
    Ich muss versuchen den Eimer mitzunehmen, wenn ich die Abanya verlasse.
    Sie nahm allen Mut zusammen und hob den Eimer
    hoch. Er hing entsetzlich schwer an ihrer Hand und seine Kälte reichte bis in ihre Seele.
    Jetzt durfte sie nicht aufgeben. Schnell ging sie auf die Grenze ihrer inneren Landschaft zu. Es war nicht weit, aber der Eimer wurde mit jedem Schritt schwerer und kälter. Erschöpft und halb erfroren schleppte sie ihn aus ihrer Landschaft hinaus.
    Dann schickte sie ihren Traumkörper wieder zurück zu dem Felsen im Wald, wobei sie den Eimer fest umklammert hielt.
    Als sie die Abanya verließ, berührte eine überwältigende Helligkeit ihren Kopf und eine unsichtbare Hand nahm ihr den Eimer ab.

 
19
     
    Am nächsten Morgen erwachte Kiran voller düsterer Vorahnungen. Beim Waschen, Anziehen und Essen achtete er so wenig auf das, was er tat, dass Brock beim Frühstück nur noch lachen konnte.
    »Wenn du die Butter noch lange auf dem Brot verstreichst, Stuko, ist das Messer bald abgewetzt.«
    Kiran blickte auf seine Hände, die ein Messer und eine Scheibe Brot hielten, die überreichlich mit Butter bestrichen war.
    Brock sah ihn mit seinen fröhlichen Augen eindringlich an. »Ich habe einen Brief bekommen«, sagte er mit gesenkter Stimme. »Von Dawn.«
    Schlagartig wurde Kiran wach, blickte sich um und war erleichtert, dass Brock und er alleine am Tisch saßen. Trotzdem sprach er verschlüsselt. »Hat sie die Gleichungen erklärt, nach denen du gefragt hast?«
    Brock zog eine Schriftrolle hervor und entrollte sie. Sie war voller Ziffern und mathematischer Zeichen.
    »Dawn ist mit der einfachen eins plus eins Gleichung ziemlich

Weitere Kostenlose Bücher