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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Tür und nahm das gestrige mit. Bevor sie die Tür hinter sich schloss, ließ sie routiniert den Blick durch den Raum schweifen. So ging das jedesmal, ohne dass sie ein Wort verlor.
    Kate hatte auf dem einzigen Möbelstück im Raum gesessen, einem Bett. Nun stand sie auf, ging zum Servierwägelchen und schlug die papierne Abdeckung zurück. Es gab kalten Braten, Salat, Brot, Obst und Getränke; Eine Thermoskanne mit Kaffee, Mineralwasser und Orangensaft. Auf der unteren Ablage lag Wäsche: Frische Unterwäsche, Springerkombis und Bettzeug. Der übliche Kram.
    Kate hatte die zweimal am Tag erscheinenden Servierwagen längst auf ihre Eignung als ›Fluchtwagen‹ überprüft. Die Pappteller und das Plastikbesteck taugten zu nichts anderem als zu ihrem eigentlichen Zweck, und selbst dafür waren sie nur bedingt geeignet. Die Moosgummiräder des Fahrgestells waren über ihre eigentliche Funktion hinaus unbrauchbar.
    Sie setzte sich wieder aufs Bett und mümmelte trübsinnig einen Pfirsich.
    Der Raum selbst bot ebenfalls keinerlei Fluchtmöglichkeiten. Die fugenlosen Wände waren mit einer transparenten Masse beschichtet, die sich allen Versuchen widersetzte, mit den Fingernägeln in sie einzudringen. Es gab nicht einmal eine Lampe. Das graue Glühen, das den Raum rund um die Uhr erfüllte, stammte von Leuchtstoffkörpern, die hinter der Deckenverkleidung montiert waren und an die sie eh nicht herangekommen wäre. Das Bett war ein nahtlos mit dem Boden verschweißter Kunststoffkasten. Sie hatte schon versucht, die Bettwäsche zu zerreißen, doch das Gewebe war reißfest. Zumal sie ihre Lage noch nicht als so bedrohlich empfand, dass sie bereit gewesen wäre, jemanden zu töten – nicht einmal diese Wilson.
    Die sanitären Einrichtungen, eine Toilette und ein Brausekopf, waren für einen Ausbruch genauso ungeeignet. Die chemische Toilette schien in einen versiegelten Tank entleert zu werden, sodass sie nicht einmal eine Botschaft mit ihren Fäkalien hinausschmuggeln konnte – sie hätte freilich auch nicht gewusst, wie sie das anstellen sollte.
    Dennoch hätte sie es einmal fast geschafft. Wenn es sonst schon nichts gab, worüber sie sich freuen konnte, dann darüber, den Beinahe-Triumph vor dem geistigen Auge Revue passieren zu lassen.
    Sie hatte die Planung so unauffällig durchgeführt, dass nicht einmal die WurmCam etwas merkte. Die Vorbereitungen hatten sich über eine Woche hingezogen. Alle zwölf Stunden hatte sie die Position des Servierwägelchens unmerklich verschoben – zur Mitte des Raums hin. Sie choreographierte den Ablauf mental: drei Schritte vom Bett zur Tür, wobei sie für den zweiten Schritt umso mehr Zeit hatte, je näher zu ihr der Servierwagen im Raum stand…
    Jedesmal, wenn Wilson ins Zimmer kam, um den Wagen abzuholen, hatte sie den Arm etwas weiter ausstrecken müssen.
    Bis Mae Wilson schließlich einen Schritt in den Raum hinein machen musste, um das Wägelchen zu erreichen. Ein Schritt nur, mehr nicht – doch Kate hoffte, dass es genügte.
    Zwei Schritte brachten sie zur Tür. Sie rempelte Wilson an, so dass sie nach vorn in den Raum taumelte, und Kate hastete aus der Tür.
    Ihr Gefängnis erwies sich als ein Container, der einsam und verlassen in einer riesigen hangarartigen Halle stand. Die hoch aufragenden Wände waren im Zwielicht kaum zu erkennen. Es gab noch mehr Leute, die sie bewachten -Männer und Frauen. Sie erhoben sich von den Tischen, an denen sie gesessen hatten und zogen Waffen. Kate schaute sich hastig um und suchte nach einem Fluchtweg…
    Eine Hand wie ein Schraubstock umklammerte ihren Arm. Ihr kleiner Finger wurde zurückgebogen, und man nahm sie in den Polizeigriff. Kate fiel auf die Knie und stieß einen Schrei aus, als ihr Finger gebrochen wurde und ein explosiver Schmerz durch die Hand schoss.
    Das war natürlich Mae Wilson.
    Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf dem Boden ihrer Zelle. Sie war mit etwas gefesselt, das sich wie Klebeband anfühlte. Ein Sanitäter versorgte die Hand. Wilson musste von ein paar Wachen zurückgehalten werden. Pure Mordlust stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    Der Finger schmerzte Kate wochenlang. Als Wilson nach zwölf Stunden wieder durch die Tür kam, schaute sie Kate mit hasserfülltem Blick an. Ich habe ihren Stolz verletzt, sagte Kate sich. Beim nächsten Mal wird sie mich ohne zu zögern töten.
    Trotz des Ausbruchsversuchs wusste Kate aber, dass dieser Hass sich nicht gegen sie richtete. Sie fragte sich, wen Wilson wirklich im

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