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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Visier hatte – und ob Hiram Bescheid wusste.
    Genauso wenig wie Hiram es auf sie abgesehen hatte. Sie war nur ein Köder.
    Sie stand diesen Leuten mit ihren undurchschaubaren Plänen einfach nur im Weg.
    Es hatte keinen Sinn, darüber nachzugrübeln. Sie legte sich aufs Bett. Später würde sie ein paar Übungen machen, die sie sich – unter anderem – auferlegt hatte, um den Tag zu strukturieren. Fürs erste lag sie im grauen Licht und versuchte, alle Gedanken aus dem Kopf zu verbannen.
    Eine Hand berührte die ihre.
     
    Inmitten des Chaos, der Vorwürfe und des Zorns, die auf die Enttarnung von Mary und Kate folgten, fragte David bei Mary an, ob er sie in der Abgeschiedenheit des Wurmwerks besuchen dürfe.
    Beim Anblick von Marys vertrauten blauen Augen durchfuhr es ihn eiskalt. Sie waren wie die Augen, denen er tief in die Zeit gefolgt war, bis zu den Ursprüngen des Menschen in Afrika.
    Schaudernd erinnerte er sich der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens. War Mary wirklich nur eine flüchtige Manifestation von Genen, die seit den Vormenschen über Tausende von Generationen an sie vererbt worden waren -Gene, die sie an eine unbekannte Zukunft weitergeben würde? Die WurmCam hatte diese unerfreuliche Aussicht zunichte gemacht. Marys Leben war von vorübergehender Bedeutung, aber es war keineswegs bedeutungslos; und wo die Vergangenheit nun offengelegt wurde, würden die Nachfahren ihr sicher ein liebevolles Andenken bewahren.
    Und in ihrem Leben, geprägt von einer schnelllebigen Welt, würde sie vielleicht Orte schauen, von denen sie keine Vorstellung hatte.
    »Du wirkst unsicher«, sagte sie.
    »Das liegt daran, dass ich nicht sicher bin, mit wem ich spreche.«
    Sie schnaubte, und für einen Moment blitzte die alte, rebellische Mary auf.
    »Verzeih meine Ignoranz«, sagte David. »Ich versuche nur zu verstehen. Wir alle müssen uns erst daran gewöhnen. Das ist etwas völlig Neues.«
    Sie nickte. »Vor dem man sich fürchten muss…? Ja«, fuhr sie dann fort. »Es stimmt. Wir sind hier. Das Wurmloch in meinem Kopf schließt sich nie, David. Alles, was ich tue, alles, was ich sehe, höre und fühle, alles, was ich denke, wird…«
    »Geteilt?«
    »Ja.« Sie musterte ihn. »Ich weiß auch, was du damit sagen willst. Dass die Sinneswahrnehmungen verwässert würden? Richtig? Aber so ist es nicht. Ich bin noch immer ich. Nur dass mein Ich verstärkt wird. Es ist eine zusätzliche Schicht des Bewusstseins. Oder der Informationsverarbeitung, wenn du so willst: das CNS ist dem Zentralnervensystem quasi aufgeschaltet und überlagert ältere Netzwerke wie das biochemische. Die Erinnerungen bleiben unangetastet. Ist es so schlimm, wenn sie im Kopf eines anderen Menschen gespeichert sind?«
    »Du willst mir doch nicht weismachen, das sei eine Art ›Mobilfunknetz‹, oder? Ihr Verbundenen erhebt höhere Ansprüche. Verkörpert ihr eine neuartige Wesenheit, ein kollektives Ihr? Durchläuft das Netzwerk vielleicht eine Metamorphose zum Gruppenbewusstsein, das durch Wurmlöcher miteinander verbunden ist?«
    »Das wäre in deinen Augen eine Ungeheuerlichkeit, nicht wahr?«
    »Ich weiß zumindest nicht, was ich davon halten soll.«
    Er studierte sie und versuchte, Mary im Komplex der Verbundenen zu identifizieren.
    Die Verbundenen wurden den ›Normalos‹ auch dadurch nicht sympathischer, dass sie sich als Schauspieler profilierten – oder als Lügner, um es auf den Punkt zu bringen. Die mehrfach gestaffelten Bewusstseinsschichten ermöglichten ihnen die volle Kontrolle über Körpersprache und Mimik. So beherrschten sie die für zuverlässige und authentische Informationsübertragung eingerichteten Kommunikationskanäle mit einer solchen Virtuosität, dass die besten Theaterschauspieler im Vergleich zu ihnen wie Dilettanten wirkten. Er wusste nicht, weshalb Mary ihn hätte belügen sollen. Trotzdem fühlte er sich unbehaglich, weil er sich über die Identität seines Gegenübers letztlich doch nicht im Klaren war.
    »Du musst nicht um den heißen Brei herumreden«, sagte sie.
    »Na gut«, erwiderte er verlegen. »Mary – was ist das für ein Gefühl?«
    »Wie vorher auch«, sagte sie zögernd. »Nur – intensiver. Es ist, als ob man aufwacht – ein Gefühl der Klarheit und des vollen Bewusstseins. Du müsstest das doch wissen. Ich bin keine Wissenschaftlerin. Aber ich lege Puzzles und spiele Schach. Das ist quasi auch eine wissenschaftliche Betätigung, nicht? Man grübelt und tüftelt, und wenn die Teile zu

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