Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)
geknebelt an einen Baum gelehnt. Dann waren sie vorgerückt und hatten auf die erste Sprengung gewartet. Am Waldrand lagen sie auf dem Bauch und verfolgten mit Janners Fernrohr das träge Auf und Ab der Soldaten auf dem Wehrgang.
»Etwas ist schiefgegangen«, flüsterte Masciano, als kurz nach halb elf noch nichts passiert war.
Janner nickte düster. Er hatte einen leichten Kater und insgesamt ein schlechtes Gefühl bei der Sache. »Warten wir noch ein paar Minuten«, sagte er.
»Er hat eine Uhr und weiß genau, wann er zu sprengen hat.«
»Ich weiß. Wir warten trotzdem – vielleicht gibt es ein Problem mit der Zündschnur.«
Masciano warf ihm einen zweifelnden Blick zu, sagte aber nichts weiter.
»Ohne Ablenkung übers offene Feld wird’s nicht leicht«, sagte Edric. »Entweder sie nehmen uns vom Wehrgang aus unter Beschuss, oder sie rücken aus und stellen uns vor dem Tor.«
Janner grunzte. »Es wird eine Ablenkung geben.«
»Du glaubst, Schneeklinge wird auf eigene Faust vorrücken?«
»Sie sind weniger und können sich zur Not im Schatten verstecken. Sie können es schaffen.«
»Ihre Chancen stünden trotzdem besser, wenn die Leute im Fort beschäftigt wären.«
»Ich mache es«, sagte Cassiopeia und robbte näher.
»Du machst was?«, fragte Janner.
»Ich gehe Odwyn und Fleik suchen und bringe ihren Auftrag zu Ende.«
»Das dauert zu lang. Bis du bei ihnen bist, haben sie ihre Leute schon vermisst und schlagen Alarm.«
»Nicht, wenn ich den direkten Weg über die Lichtung nehme.«
»Sie werden dich sehen.«
»Ich garantiere dir, dass sie das nicht werden«, flüsterte sie. »Vertrau mir.«
»Und dann? Vielleicht haben wir irgendwen übersehen. Oder das Pulver macht Schwierigkeiten.«
»Ich komme schon klar«, beharrte sie. »Und ich kenne mich aus mit Pulver. Ich lasse mir was einfallen.«
Janner und Masciano tauschten kurz Blicke, dann nickte er.
»Also schön«, sagte Janner. »Aber sei vorsichtig, und beeil dich. Fünf vor elf ziehen wir los, egal was.«
Sie nickte und robbte zurück. Janner warf einen weiteren Blick durch das Fernrohr. Die Wachen machten nicht den Eindruck, als ob ihnen irgendwas aufgefallen wäre. Als er das Rohr wieder absetzte und den Blick über das Feld schweifen ließ, war Cassiopeia nirgendwo zu entdecken.
»Wo ist sie hin?«, fragte er.
Edric schüttelte den Kopf. »Sie ist da vorn um den kleinen Busch gebogen und einfach nicht mehr aufgetaucht.«
»Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache«, murmelte Janner.
Sie warteten ungeduldig bis beinahe fünf vor elf, als endlich die Sprengung zu hören war. Janner konnte durch sein Fernrohr sehen, wie der hintere Turm des Lagers Schlagseite bekam und einknickte. Felsbrocken lösten sich von der Steilwand und stürzten zu Tal. Die Soldaten auf den Wehrgängen rannten, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
»Warten«, sagte Janner und hielt seine unruhigen Männer zurück. »Das war noch nicht alles!«
Wenige Sekunden später folgte die zweite Explosion am Seiteneingang. »Wusste ich’s doch«, grinste Janner. »Los geht’s!«
Sie schoben den Wagen aus dem Wald und trieben die Pferde an. So schnell wie möglich ratterten sie über den erleuchteten Feldweg zum Tor. Die meisten Männer hielten sich in der Deckung des Wagens, doch noch hatte sie niemand bemerkt. Aus Richtung des Seiteneingangs konnten sie Schlachtenlärm hören.
Zieh dich zurück , dachte Janner. Nun zieh dich zurück!
Sie erreichten das Tor. Die ersten Wachen hatten sie entdeckt und nahmen sie vom Wehrgang aus unter Beschuss. Masciano lud mit Janners Hilfe das Pulverfass ab, dann plazierte er es vor dem Tor und machte es bereit. Eins der Pferde wurde von einem Pfeil getroffen und stürzte. Das andere Pferd geriet in Panik. Niesel sprang auf den Wagen und griff nach der Leine, doch ein weiterer Pfeil traf ihn in die Brust. Der Wagen kippte und begrub denFealv unter sich. Die restlichen Männer sprangen dahinter in Deckung.
Janner und Masciano drückten sich flach an die Palisade; sie warteten auf die Explosion.
Sie war gewaltiger, als Janner erwartet hatte. Toska hatte nicht übertrieben, als er sie vor der Sprengkraft der Fässer gewarnt hatte. Um ein Haar hätte es ihn von den Beinen gerissen. Mehrere Männer bekamen Splitter ab. Dann stürmten sie vor – durch den Rauch, in die schreiende Menge. Einfach nur vor.
Jetzt , dachte Janner. Jetzt zählt es.
April und ihre Leute kämpften sich ins Innere des Lagers. Dort herrschte solches
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