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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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konnte sie sich nicht recht vorstellen. Sein Schädel pochte, und seine Kehle war wie zusammengeschnürt.
    Er sah April, besudelt und abgerissen wie eine Aussätzige; seine verbliebenen Männer, hinkend, spuckend und gebrochen, als hätte man ein paar Folteropfer in letzter Sekunde wieder vomRad genommen. Cassiopeia und Masciano durchkämmten das Lager nach Beute.
    Der schwerste Kampf, den er in dieser Nacht schlug, war, sich zu sagen, dass sie gewonnen hatten.
    »Bringt den Wagen rein und sucht frische Pferde!«, wies er Wybart und Edric an. »Und dann räumt das Depot aus!«
    April kam auf ihn zugetorkelt, und sie fielen sich in die Arme.
    »Sie wussten, dass wir kommen«, krächzte Horb. »Der Abzug heute früh war eine Finte. Wir haben die Wagen gesehen und die Eskorte – doch die Wagen waren leer. Oder die Soldaten waren keine Soldaten.«
    »Sie haben die Mannschaft heimlich verstärkt und auf uns gewartet«, nickte Janner. »Es war eine Falle.«
    Sie ließen den Blick umherschweifen und wussten, dass sie alle das Gleiche dachten: Es hatte den Phereniden nichts genutzt. Aber niemand wollte diesen schalen Triumph für sich beanspruchen.
    »Waren das wirklich wir?«, flüsterte Janner.
    »Wie Reben«, murmelte April, doch Janner war nicht sicher, was sie damit meinte. Er drückte sie an sich. »Geht es dir gut?«, fragte er, doch sie gab keine Antwort.
    »Aber wieso das alles?«, fragte Horb. »War das Depot denn wirklich so wichtig?«
    Janner schüttelte den Kopf. » Wir sind es. Wir sind wichtig – und wir sind genau da, wo sie uns haben wollten.«
    Seine Augen wurden größer, als er erkannte, wie recht er damit hatte. Er packte April bei den Schultern. »Kannst du reiten?«
    Sie war immer noch verstört und hatte Schwierigkeiten, Worte zu formen, doch sie nickte.
    »Horb, du gehst mit ihr. Ihr müsst zum Lager zurück, und zwar so schnell wie möglich. Hörst du? Reitet zurück! Ihr müsst Toska warnen. Wenn sie von unserem Plan wussten, kennen sie vielleicht auch das Ausweichlager. Hast du verstanden?«
    »Toska warnen«, wiederholte sie.
    »Wir dachten, wir stellen ihnen eine Falle – doch vielleicht warunser Plan nur die Ablenkung für ihren?« Er fluchte. »Wir haben uns ihnen in die Hände gespielt.«
    »Glaubst du, es gibt einen Verräter?«, fragte Horb.
    »Dieses Wort nehme ich erst in den Mund, wenn ich Beweise dafür habe«, flüsterte Janner.
    Sie brachten zwei Pferde, und April und Horb stiegen auf.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte er sie noch einmal. »Schaffst du das?«
    Sie hob das Kinn. »Klar. Wo treffen wir uns?«
    »Östlich des Ausweichlagers gibt es eine Bachgabel«, sagte Janner. »Das Lager müsst ihr aufgeben. Was ihr nicht unbedingt braucht, lasst zurück. Sollen sie ruhig glauben, wir wären alle tot oder geflohen – und seid vorsichtig! Vielleicht ist es schon zu spät. Und vielleicht …« Er schüttelte den Kopf.
    »Gut«, sagte April, und Horb nickte. »Was geschieht mit den Verwundeten?«
    »Wir bringen sie nach Berency«, sagte Janner. »Dann kommen wir so schnell wie möglich nach.«
    Sie warf noch einen Blick in die Runde. Cassiopeia kam vom anderen Ende des Lagers zurück. Sie schaute ausdruckslos, wie eine Adlige, die mit dem gemeinen Volk eine Vorstellung verlässt. Die beiden Frauen musterten sich kurz, dann schnalzte April mit der Zunge und ritt los.
    »Wir haben Waffen«, sagte Cassiopeia. »Und Gold.«
    »Gut«, sagte Janner. »Ladet so viel auf die Pferde wie möglich. Die Verwundeten auf den Wagen.« Sie wandte sich ab, doch er griff sie noch einmal am Arm. »Odwyn und Fleik?«, fragte er.
    »Tot«, sagte sie. »Ich erzähl es dir später.«

    In Berency erwartete man sie bereits, was Janner angesichts der Uhrzeit kein gutes Zeichen zu sein schien. Sie waren am Ende ihrer Kräfte, und die Verwundeten brauchten dringend einenArzt. Derril hatte vor einer halben Stunde das Bewusstsein verloren.
    Die Männer des kleinen Ortes empfingen sie auf dem Marktplatz. Sie hatten Fackeln und Mistgabeln dabei. Fast musste Janner darüber lächeln, doch er wusste selbst nicht recht, wieso, und er war sich nicht einmal sicher, ob er es momentan noch mit einer Mistgabel aufnehmen konnte. Sein ganzer Körper fühlte sich an, als hätte man ihn hinter einen Wagen gebunden und über ein Schotterfeld geschleift. Er verspürte den starken Wunsch, etwas zu trinken, fürchtete aber, dass er dann aus dem Sattel fallen und nicht wieder aufsteigen würde.
    Er ritt noch ein paar Schritte

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