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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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befand sich der Seiteneingang. Aprils Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Sie bedeutete Horb, sich bereit zu machen. Mit einer Körperbeherrschung, die man dem großen Mann nicht zugetraut hätte, schlich der Tischler an der Wand entlang und stellte das kleine Pulverfass sanft neben die Tür. Dann entrollte er die Zündschnur, befestigte sie, wie Toska es ihm gezeigt hatte, und zückte ein Schwefelholz. Mit großen Augen schaute er April an.
    Sie bedeutete ihm, noch zu warten.
    Vergeblich versuchte sie, ihre Aufregung niederzukämpfen und sich zu konzentrieren. Ihre Gedanken jagten einander: Was würde Janner tun? Würde er abbrechen, wenn er bemerkte, dass Odwyn gescheitert war? Nein – denn er würde genau wie sie davon ausgehen, dass die anderen auch nicht abbrachen. Also würde er weiter bis zum Waldrand vorrücken und auf die nötige Ablenkung warten, um mit dem Wagen das offene Feld zu überqueren.
    Mittlerweile war es kurz vor elf. Sie hob die Hand, um Horb ein Zeichen zu geben.
    Da erschütterte auf einmal eine gewaltige Explosion das Fort. Eine Feuersäule stieg auf der fernen Seite des Depots auf, Donnerrollte an der Felswand entlang und brachte den Geruch von Pulver mit sich.
    Odwyn musste doch noch Erfolg gehabt haben. Sie nickte Horb zu, er entfachte die Lunte, und sie eilten geduckt zum Rand des kleinen Sees und warfen sich zu Boden. April bedeutete den Männern, sich die Ohren zuzuhalten und den Kopf unten zu halten.
    Sie zählte bis fünf. Bis zehn.
    Dann schoss eine Wolke heißer Luft über sie hinweg. Der Lärm war so ohrenbetäubend, dass April erst gar nicht begriff, was die Schmerzen verursachte. Trümmer des Eingangs flogen über sie hinweg und regneten in den See. Sie hob den Arm und rief etwas, das sie selbst nicht verstand, doch die Männer sprangen schon auf, und dann stürmten sie, April voraus, durch das offene Tor. Der Rauch nahm ihr die Sicht, doch Schneeklinge fand ihre Gegner auch so, stach und schnitt sich ihren Weg frei, traf auf Klingen, Rüstung, Leder, Fleisch – und dann stand sie auf einmal im Inneren des Lagers, ihre Männer hinter sich, und von überallher stürmten Soldaten auf sie ein.
    »Zurück!«, schrie sie.
    Sie bildeten einen Halbkreis, um das Loch, das sie in die Palisade gesprengt hatten, zu verteidigen. Es schien ihr eine kleine Ewigkeit zu dauern. Dann zogen sie sich zurück, Schritt für Schritt. Schneeklinge hielt ihnen den Rücken frei; die Spitze des Schwerts zuckte umher wie die Nadel eines Schneiders und stach ein Flickwerk blutender Körper vor ihr auf den Boden. Sie bemerkte kaum, was sie tat. Wenn überhaupt Geräusche das hohe Singen in ihrem Ohr durchdrangen, dann nahm sie sie nicht wahr.
    Schließlich erkannte sie, dass die Stellung nicht länger zu halten war. Hinter der Reihe von Schwertkämpfern, die vor ihr zusammenbrach, eilten Soldaten mit Armbrüsten heran. April drehte sich um und rannte, so schnell sie nur konnte.
    Jetzt , dachte sie. Bitte, jetzt!
    Ihre Männer sprangen in den kleinen See, um sich aus der Schusslinie in den Schutz der dunklen Felswand zu flüchten. April wollte ihnen folgen, doch am Ufer blieb sie wie erstarrt stehen, mitten in der Gischt des Wasserfalls. Eine ungebetene erinnerung lähmte sie – der Gedanke an einen anderen Fluss, vor langer Zeit, in dem sie beinahe ertrunken wäre, hielt sie fest. Sie schaute zurück.
    Die Soldaten standen noch im zerstörten Eingang und folgten ihr nicht. Vermuteten sie eine Falle? Sie sahen nicht einmal in ihre Richtung. Ein einzelner Bolzen wurde vom Wehrgang geschossen, ging aber fehl.
    Da wurde in ein lautes Horn gestoßen, die Soldaten ließen fallen, was sie gerade in Händen hielten, und rannten davon. Chaos brach aus – Panik und Chaos.
    Liebling! , dachte sie, und dann gab es eine weitere Explosion, gewaltiger als alle zuvor, und April duckte sich und schloss einen Moment die Augen. Sie stellte sich Janner vor, und wie das gewaltige Tor aus den Angeln gehoben wurde und davonflog, sodass das Depot nun nackt und schutzlos vor ihm lag.
    Lächelnd öffnete sie wieder die Augen, dann hob sie den Arm. Ihr Haar hing ihr wild in die Stirn.
    »Los!«, schrie sie, und ihre Männer, nass bis auf die Knochen, kamen zurück und folgten ihr.

    Die Patrouille zu überwältigen hatte keine größeren Probleme bereitet. Die beiden Soldaten waren überrascht und wohl auch ein wenig betrunken gewesen. Einer von ihnen fand einen schnellen Tod, der andere hatte sich ergeben und saß nun gefesselt und

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