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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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Kreise um den großen Findling, auf dem Sarik seine Pläne ausgebreitet hatte, beschwert von einem Winkel und Janners Fernrohr. In seinem Umhang, mit seinem Dreispitz und mehreren Rollen Pergament unter dem Arm, wirkte er wie ein verlorener Kartograph am Strand seiner Insel, der den Weg nach Hause zu bestimmen sucht.
    Edric und Horb, denen ihre Nervosität deutlich anzusehen war, gaben derweil ihr Möglichstes, mit Messern und Stricken seineAnweisungen umzusetzen, hier eine Strebe zu kürzen und dort eine weitere anzubringen.
    April hatte keine Ahnung, woher Sarik seine Pläne und all die Tücher und Stangen genommen hatte. Vor zwei Tagen war er plötzlich aufgetaucht, diesmal auf dem Rücken einer großen, grauen Stute, und hatte sie zu dieser hochgelegenen Wiese geführt. Dann war er abermals kurz fort gewesen, als hätte er nur gerade etwas im Keller vergessen, und mit einem ganzen Wagen voll Hölzern und Tuch zurückgekehrt. April hatte keine Erklärung dafür; sie konnte nur vermuten, dass die Wirklichkeit sich einem Zauberer grundlegend anders darstellte, so wie nur ein Steinschleifer ahnt, wie er einen rohen Edelstein zum Strahlen bringen kann.
    Andächtig bestaunte sie die Konstruktion, die sich ihrer Vollendung näherte. Mittlerweile sah sie nicht länger nur wie ein Gerippe aus, sondern ähnelte einem großen, scharfkantigen Stoffvogel, der mit ausgebreiteten Schwingen auf seinem Nest saß und mit einer seltsamen Mischung aus Gleichmut und Zuversicht in den Himmel starrte.
    »Das sieht gut aus«, sagte sie und strich vorsichtig mit dem Finger eine der Streben entlang. Der starre Vogel zuckte weder zurück, noch schmiegte er sich an sie. Bloß das Irrlicht kam näher und pulsierte hell. Durch irgendeinen Trick strahlte sein Licht nur auf die Wiese, genug, damit die Menschen dort arbeiten konnten, verblasste aber Richtung Tal hin. April glaubte nicht, dass irgendwer in der Burg sehen konnte, was sie hier oben taten.
    »Das will ich auch hoffen«, meinte Horb in Antwort auf ihre Bemerkung und zurrte ein weiteres Seil fest. »Wenn ich mich schon mit finsteren Mächten einlasse …«
    »Finster?«, grinste April und schnippte im Spaß nach dem Irrlicht, das ihr flink auswich.
    »Tu’s für Banneisen«, meinte Edric vom anderen Ende des apparats. »Ich meine, wenn das funktioniert …«
    »Das wird es«, sagte April und schaute zu Sarik.
    Sarik nickte beruhigend und begutachtete schweigend die Konstruktion, wie ein Künstler völlig in sein Werk vertieft. Dann wies er Horb eine Strebe, die ihm nicht gefiel, und der Tischler knurrte und befestigte sie neu. »Für ihn und die Prophetin«, murmelte er.
    »Die Prophetin?«, fragte Edric zweifelnd.
    »Wenn’s stimmt, was er erzählt, ist er praktisch ihr Stiefsohn, oder nicht?«
    Edric lachte. »Weiß sie schon von ihrem Glück?«
    »Er ist wunderschön«, sagte April und strich über das Gestänge und den straff gespannten Stoff.
    »Danke«, sagte Sarik. »Es freut mich selbst, ihn so zu sehen. Ich hatte ihn schon lange einmal bauen wollen.«
    »Wird der Vogel uns wirklich bis auf die Zinnen tragen?«, zweifelte Horb.
    »Mich schon«, sagte Edric und zog den schmalen Bauch ein. »Dich dagegen …«
    »Vertraut mir«, sagte Sarik. »Der Apparat ist stark genug. Ihr müsst euch nur festhalten. Ich werde einen Wind herbeirufen, der euch sicher an euer Ziel tragen wird.«
    »Einen Wind«, wiederholte Horb.
    »Er wird euch schützen – und eure Feinde zurückschlagen.«
    »Glaubt ihm«, sagte April und dachte an den Nebel, der das Gefängnis von Trestin verschlungen hatte. »Er übertreibt nicht.«
    »Wo steckt die Pherenidin?«, fragte Edric.
    »Sie ist alleine vor«, sagte April. »Frag nicht – mir gefällt es genauso wenig wie dir. Aber wenn sie sich wirklich unsichtbar machen kann, nun, dann braucht sie uns nicht.«
    »Finstere Mächte«, wiederholte Horb halb im Scherz, halb in Sorge. »Wenn meine arme Frau Mutter das wüsste.«
    »Jetzt stell dich nicht an!«, sagte Edric. »Ich wüsste nur gern, was wir machen, wenn wir Banneisen haben? Kommen wir auf demselben Weg auch wieder raus?«
    »Ich hoffe, dass wir nicht getrennt werden«, sagte April. »Aberwenn ihr es schafft, ihn zum Vogel zu bringen, dann wartet nicht auf mich. Ich komme auch alleine klar.«
    »Wir lassen dich doch nicht im Stich«, sagte Edric.
    »Was sie sagen will, ist, nur drei Leute fliegen mit dem Ding zurück«, sagte Horb. »Wer stellt sich jetzt an?«
    »Danke«, sagte Edric. »Jetzt

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