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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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hätte nicht mehr zu sagen vermocht, wo der eine endete und der andere begann.
    Dann, fast zärtlich, lösten sie sich voneinander. Dougals Körper rutschte Stück für Stück von der Klinge und verging im Feuer.
    Einen Moment wankte Lesardre wie ein Betrunkener, berauscht von seiner Macht und all den neuen Formen, die in ihm wetteiferten.Hatte er den Kampf gewonnen? Nichts war von dem anderen Wechselbalg geblieben. War er schon der andere, oder noch er?
    Hatte er etwas vergessen?
    Der drängende Schmerz in seiner Seele war immer noch da. Es gab etwas, das er tun musste …
    Er steckte sein Schwert weg und folgte seinem inneren Kompass, seiner letzten Vereinigung entgegen.

    »Gib mir das Schwert«, sagte Cassiopeia.
    »Wer bist du?«, rief April. Ihr Kopf ging suchend herum, und Cassiopeia sah nichts als ein junges, ängstliches Mädchen, das eine Waffe hielt, die es nicht führen konnte. »Cassiopeia?«, fragte sie. »Bist du das?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Sarik! Wo bist du?«
    »Das … Wesen, das hier war, hat ihn angegriffen. Er liegt hinter dir, am Boden.«
    April ging in die Hocke und tastete mit einer Hand, konnte ihn aber nicht finden, verlor fast das Gleichgewicht und musste sich stützen.
    »Komm«, sagte Cassiopeia und machte einen Schritt auf sie zu. »Gib mir das Schwert.«
    »Wieso? Was willst du damit?«
    »Ich muss einen Kampf damit schlagen«, sagte Cassiopeia. »Gegen jemanden, dem ein normales Schwert nichts anhaben kann.«
    »Wen?«
    »Das ist nicht leicht zu erklären, und ich habe jetzt nicht die Zeit dazu.« Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter. Immer noch glomm der helle Spalt wie ein Juwel am rauchdunklen Himmel, und zwischen den Klagen der Verwundeten glaubte Cassiopeia vereinzelt den Klang von Schwertern zu hören. »Gib mir das Schwert und versteck dich, bis alles vorbei ist.«
    »Schneeklinge gehört mir! Immer schon – ich habe ihr Licht …«
    »Wirf das Schwert einfach weg, April. Na los. Gib es auf.«
    Da kniff April die blinden Augen zusammen, nicht vor Schmerz, sondern vor Zorn.
    »War es das, was du die ganze Zeit wolltest? Hast du dich uns deshalb angeschlossen und Janner schöne Augen gemacht?«
    »April, ich bitte dich ein letztes Mal: Dieses Schwert ist Teil meiner Geschichte. Gib es mir.«
    April ließ die Klinge sinken. Einen Moment sah es so aus, als würde sie Cassiopeias Aufforderung nachkommen. Dann aber zuckte die Klinge auf einmal nach oben und führte einen Streich in ihre Richtung.
    Cassiopeia, noch knapp außer Reichweite, sprang beiseite und zog ihr eigenes Schwert. Sie hatte nicht gewollt, dass es dazu kam, doch die Zeit lief ihr davon und ihr blieb keine andere Wahl.
    Sie kreuzten die Klingen, einmal, noch einmal. April, blind wie sie war, war keine Gegnerin für Cassiopeia, doch selbst ohne ihre Augen schien Schneeklinge ein unheimliches Gespür dafür zu besitzen, aus welcher Richtung Cassiopeias Schläge kamen. Es war, als ob das Schwert jeden ihrer Angriffe aus den vorangegangenen ableitete, wie ein Dichter die Zeilen eines unvollendeten Gedichts einfügt.
    Cassiopeias Hiebe zielten darauf ab, ihre Gegnerin zu entwaffnen; doch ein ums andere Mal fuhr Schneeklinge herum, um einen Angriff von der Seite oder aus dem Rücken abzuwehren, und zwar umso verlässlicher, je kunstfertiger der Angriff war.
    Dann, als April glaubte, ihre Position zu erraten, machte sie aus blanker Wut einen Ausfall. Das weiße Schwert sprang so zielsicher auf Cassiopeias Herz zu, als hätte es eigene Sinne, und nur einem alten Trick Meister Hyazinths verdankte sie es, dass sie gerade noch zwei Finger Stahl zwischen sich und Schneeklinge bekam.
    Die Zeit schien sich zu verlangsamen. Cassiopeias Bewusstsein zog sich zwischen die dumpfen Schläge ihres Herzens zurück und ließ ihre Instinkte die Kontrolle übernehmen. Sie vollführteeine komplizierte Folge von Finten und Schlägen, spann ein Netz glitzernder Möglichkeiten, zwischen denen sich Schneeklinge früher oder später verlieren musste – es konnte nicht anders sein. Doch wohin sie auch schlug, Metall traf Metall.
    Cassiopeia sammelte sich. Sie musste vollbringen, was Lesardre sie gelehrt hatte: Sie musste aus diesem Spiel mit dem Stahl ein Spiel der Ideen machen, Magie mit Magie besiegen. Und so begann sie Schneeklinge erst zärtlich zu führen wie ein Tänzer seine Partnerin; und dann, als der Tänzer sie fest in den Armen hielt, wechselte ihr Schwert.
    Die Einheit von Angriff und Parade löste sich auf, als

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