Das Licht Von Atlantis
schützenden Vorhang am Eingang beiseite und trat in helles Licht. Als er das leise Tapsen bloßer Füße hörte - die Tür bewegte sich trotz ihres Gewichts geräuschlos -, wandte sich Rajasta vom Altar ab. Ohne auf seine warnende Geste zu achten, warf sich Deoris vor ihm auf die Knie.
»Rajasta, Rajasta -«
»Mit großem Widerwillen bückte sich der Priester des Lichts und zog sie in die Höhe. Sein Blick ruhte streng auf der wilden Unordnung von Kleidung und Haar. »Deoris, du kennst das Gesetz, was tust du hier - in dieser Aufmachung? Du bist nur halb angezogen, bist du denn völlig wahnsinnig geworden?«
Diese Frage war wirklich nicht unberechtigt, denn Deoris' Gesicht glühte wie im Fieber, und mit der letzten Spur von Selbstbeherrschung verlor sie auch die Fähigkeit, zusammenhängend zu sprechen. »Domaris! Domaris! Sie muss in die Krypta gegangen sein - in den Dunklen Schrein -«
»Du bist nicht ganz bei Trost!« Rajasta schob sie unsanft ein Stück vom Altar weg. » Du weißt , dass du hier nicht so stehen darfst!«
»Ich weiß es, ja, ich weiß, aber hör mir bitte zu! Ich fühle es, ich weiß, dass sie dort ist! Sie hat den Gürtel verbrannt, und ich musste ihr sagen, dass...« Deoris kämpfte mit sich, denn plötzlich war ihr klar geworden, dass sie aus freiem Willen den Riveda geleisteten Schwur brach! Und trotzdem - an Domaris war sie durch einen noch stärkeren Eid gebunden.
Rajasta packte sie an den Schultern. »Was soll dieser Unsinn?« Das Mädchen zitterte so heftig, dass es sich kaum auf den Beinen halten konnte. Rajasta sah es, legte behutsam den Arm um sie und half ihr zu einem Sitz. »Jetzt erzähle mir, wenn es eben geht, vernünftig, was geschehen ist.« In seine Stimme mischten sich Mitleid und Verachtung. »Falls überhaupt etwas geschehen ist! Ich vermute, Domaris hat entdeckt, dass du Rivedas saji warst -«
»Das war ich nicht! Niemals!« flammte Deoris auf. Dann meinte sie müde: »Das alles spielt jetzt keine Rolle, du verstehst es doch nicht, und du würdest mir auch nicht glauben! Wichtig ist nur: Domaris ist in den Dunklen Schrein gegangen -«
Rajasta war deutlich anzumerken, dass er allmählich begriff, was sie ihm zu sagen versuchte. »Was - aber warum?«
»Sie sah - einen Gürtel, den ich trug, Riveda hatte ihn mir gegeben - und die Narben der dorje - «
Noch bevor sie das Wort ganz ausgesprochen hatte, presste Rajasta ihr seine Hand auf die Lippen. »Sag das nicht hier!« befahl er mit weißem Gesicht. Deoris sank weinend zusammen, den Kopf in den Armen. Rajasta fasste sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Hör mir zu, Mädchen! Um Domaris' willen - um deiner selbst willen - ja, sogar um Rivedas willen! Ein Gürtel? Und die - das Wort, das du gesagt hast - was ist damit? Was hat das alles zu bedeuten?«
Rajasta fasste ihr Handgelenk und hielt es eisern umklammert. »Hebe dir deine widerwärtigen Graumantel-Zeichen für den Grauen Tempel auf! Aber - das hier ist nicht einmal dort erlaubt! Du musst ihn mir geben -«
»Domaris hat ihn verbrannt.«
»Danke den Göttern dafür«, stellte Rajasta tonlos fest. »Riveda ist wohl unter die Schwarzmäntel gegangen?« Das war eine Feststellung, keine Frage. »Wer sonst noch?«
»Reio-ta - ich meine, der Chela -« Deoris weinte und stammelte; dann versagte ihr die Sprache vollends. Die konzentrierte Willenskraft Rajastas zwang sie jedoch zu reden. Der Priester des Lichts war sich durchaus bewusst, dass dieser Gebrauch seiner Kraft nur eine sehr zweifelhafte Rechtfertigung besaß, und er bedauerte, dass er sich ihrer bedienen musste. Aber er wusste, dass sich alle magischen Künste Rivedas gegen ihn richten würden, und wenn er andere schützen wollte, wie es sein Gelübde als Wächter verlangte, durfte er dies Mädchen nicht schonen. Deoris war kurz davor, unter dem hypnotischen Druck, den Rajasta gegen die ihr von Riveda auferlegte Schweigepflicht ausübte, das Bewusstsein zu verlieren. Langsam, manchmal nur silbenweise, aber höchstens Satz um zögernden Satz, berichtete sie Rajasta Dinge, die ausreichten, Riveda zehnfach zu verdammen.
Der Priester des Lichts war erbarmungslos; er musste es sein. Es war, als bestehe er nur noch aus einem Paar kalter Augen und einer drohenden Stimme, die sie aufforderte: »Weiter. Was - und wie - und wer -«
»Ich wurde über die Geschlossenen Orte hinausgeschickt - als Kanal der Macht - und als ich nicht länger dienen konnte, nahm Larmin - Rivedas Sohn - meinen Platz ein
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