Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
ich dir erleichtern kann?«
    Domaris senkte den Kopf. »Nein, mein Vater. Keine.« Nicht einmal vor ihren Dienerinnen ließ Domaris sich anmerken, was sie seit langem wusste: Sie war krank, und höchstwahrscheinlich würde es nie wieder besser mit ihr werden. Es hatte mit der Geburt von Arvaths Kind angefangen, mit der ungeschickten und grausamen Behandlung, die ihr zuteil geworden war - nein, nur grausam, nicht ungeschickt. Die Brutalität der Schwarzmäntel war alles andere als unbeabsichtigt gewesen.
    Damals hatte sie es hingenommen, und es war ihr gleichgültig gewesen, ob sie lebte oder starb. Sie hatte nur gehofft, die Schwarzmäntel ließen ihr noch soviel Zeit, dass ihr Kind geboren werden konnte... Aber die Zauberer hatten sich an Domaris auf ganz besondere Weise rächen wollen. Sie sollte am Leben bleiben und leiden! Und gelitten hatte sie wahrlich - unter Erinnerungen, die sie im Wachen und im Schlafen verfolgten, unter Schmerzen, die sie nie ganz verließen. Langsam und heimtückisch erweiterte der Schmerz jetzt seinen Herrschaftsbereich, stahl sich durch ihren ganzen Körper, vergiftete sie völlig - und sie ahnte, dass weder ein schneller noch ein leichter Tod auf sie wartete.
    Sie wandte ihr Gesicht wieder dem Erzpriester zu, es hatte seine Heiterkeit und Ruhe zurückgewonnen. Da hörten sie das Trappeln kleiner Füße - und Tiriki purzelte in den Raum. Das seidige helle Haar flog um ihr elfenhaftes Gesicht, ihre Tunika war zerrissen, an einem rosa Fuß saß eine Sandale, der andere war bloß. Mit ungleichmäßigen Schritten hopste sie auf Domaris zu. Die Frau hob das Kind hoch und drückte es fest an sich. Sie setzte Tiriki auf ihren Schoß, doch das kleine Mädchen zappelte sich sofort wieder frei.
    »Tiriki«, sann der alte Erzpriester. »Ein hübscher Name. Stammt er aus deiner Heimat?«
    Domaris nickte... Am dritten Tag der Reise, als vom Alten Land nur noch die Berge als verschwommene blaue Linie sichtbar waren, hatte Domaris am Heck des Schiffes gestanden, das Kind in ihren Armen, und sich an jene Nacht voll schmerzlicher Zärtlichkeit erinnert, als sie unter den Sommersternen wachten und Micons Kopf auf ihren Knien ruhte. Obwohl sie damals kaum hingehört hatte, vernahm sie jetzt im Geist zwei Stimmen, die zu einem Wohlklang verschmolzen, der fast unirdisch war: der silbrige Sopran ihrer Schwester, und dazwischen Rivedas schöner Bariton... Erst hatte Domaris fröstelnd und mit sich hadernd dagestanden, das Kind in ihren Armen, das sie liebte, obwohl sein Vater der einzige Mann war, den sie je gehasst hatte. Ihr Gedächtnis hatte ihr einen Streich gespielt und die Erinnerung an Rivedas herrliche warme Stimme und die grübelnde Sanftheit in seinem kantigen Gesicht wachgerufen, in jener Nacht, als Deoris auf seinem Schoß schlief.
    Er hat Deoris aufrichtig geliebt. Er war nicht durch und durch schlecht und wir waren keine schuldlosen Opfer seiner bösen Taten. Micon, Rajasta, ich selbst - wir sind an Rivedas Verbrechen nicht unschuldig. Es war auch unser Versagen .
    Das Kind in ihren Armen war gerade in diesem Augenblick aufgewacht und gab glucksende, singende Töne von sich. Domaris drückte es laut schluchzend fester an sich. »Du kleine Sängerin!« Und seitdem hatte sie das Kind Tiriki - kleine Sängerin - genannt.
    Nun machte sich Tiriki auf eine Erkundungsreise: Sie lief zu dem Erzpriester, der die Hand ausstreckte, um ihren seidigen Kopf zu streicheln. Aber ohne Vorwarnung öffnete sie den Mund und schlug ihre kleinen Eichhörnchenzähne in Dirgats bloßes Bein. Vor Verwunderung und Schmerz stieß er ein sehr unwürdiges Grunzen aus - doch bevor er schelten konnte oder auch nur seinen Schreck überwunden hatte, ließ Tiriki ihn los und tappelte weg. Als sei sein Bein nicht hart genug gewesen, begann sie, an einem Bein des hölzernen Tisches zu nagen.
    Bestürzt hob Domaris das Kind hoch und stammelte verworrene Entschuldigungen, zugleich konnte sie sich nur mühsam das Lachen verkneifen.
    Dirgat winkte ab und rieb belustigt sein gebissenes Bein. »Du sagst, die Priester in deinem Land hätten ihr das Leben genommen«, kicherte er. »Sie hat nur eine Botschaft von ihrem Vater überbracht!« Ihre letzten verlegenen Entschuldigungen wehrte er mit der Versicherung ab: »Ich habe Urenkel, Tochter! Sie beißt nur, weil ihre Zähne wachsen, das ist alles.«
    Domaris zog einen glatten Silberreifen von ihrem Arm und gab ihn Tiriki. »Kleine Kannibalin!« mahnte sie. »Kau darauf herum, aber bitte

Weitere Kostenlose Bücher