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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Hellsichtigkeit machte sie benommen, und sie blieb auf der Schwelle stehen. Dies bereute sie gleich darauf, denn Micon hatte sie gehört und kam ihr unter Schmerzen entgegen.
    »Bist du es, meine kleine Deoris?«
    Beim Klang seiner Stimme verschwand ihre Nervosität. Sie lief zu ihm und kniete vor ihm nieder. Er sah sie freundlich an. »Ich darf dich jetzt nicht mehr kleine Deoris nennen, hat man mir gesagt«, scherzte er und legte seine dünne, blaugeäderte Hand auf ihren Kopf. Überrascht stellte er fest: »Man hat ja dein hübsches Haar abgeschnitten! Warum?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie scheu und erhob sich. »Es ist so Brauch.«
    Micon lächelte verwirrt. »Wie merkwürdig«, murmelte er. »Ich habe mich immer gefragt - ob du Domaris ähnlich bist. Ist dein Haar feuerfarben wie ihres?«
    »Nein, mein Haar ist schwarz wie die Nacht. Domaris ist schön, ich bin nicht einmal hübsch«, antwortete Deoris in aller Aufrichtigkeit.
    Micon lachte leise. »Domaris hat das gleiche von dir gesagt, Kind - du seiest reizend und sie sei ganz unscheinbar!« Er zuckte die Schultern. »Ich vermute, Schwestern sind immer so, wenn sie sich gern haben. Aber es fällt mir schwer, mir ein Bild von dir zu machen, und mir ist, als hätte ich meine kleine Skriptorin verloren - und das stimmt ja auch, denn du wirst viel zu beschäftigt sein, um noch zu mir kommen zu können.«
    »Oh, Micon, das tut mir wirklich leid!«
    »Macht nichts, Kätzchen. Ich freue mich - nicht, weil ich dich verliere, sondern weil du eine Arbeit gefunden hast, die dich zum Licht führen wird.«
    Sie berichtigte ihn zögernd. »Ich werde nicht Priesterin des Lichts, sondern Priesterin der Mutter.«
    »Du bist dennoch eine Tochter des Lichts, meine Deoris. Es ist Licht in dir, mehr als du weißt, denn es leuchtet deutlich. Ich habe es gesehen, auch wenn meine Augen blind sind.« Wieder lächelte er. »Genug davon. Bestimmt hast du für heute genügend Ermahnungen gehört! Ich weiß, dass du keinen Schmuck tragen darfst, solange du Novizin bist, aber ich habe ein Geschenk für dich...« Er drehte sich um und nahm von dem Tisch neben sich eine winzige Statuette: eine kleine Katze, aus einem einzigen Stück grüner Jade geschnitzt. Sie hockte auf geschmeidigen Hinterbeinen und blinzelte Deoris mit ihren Topas-Augen lustig zu. Um ihren Hals lag eine Kette aus grünen Steinen, schön geschnitten und poliert. »Die Katze wird dir Glück bringen«, sagte Micon. »Und wenn du eines Tages die Priesterin Adsartha bist und Schmuck und Edelsteine tragen darfst -«, geschickt nahm Micon der Katze die Halskette ab, »dann kann sie dir ihre Kette als Armband leihen, wenn dein Handgelenk dann immer noch so zierlich ist wie jetzt.« Er ergriff ihre schmale Hand und ließ das Schmuckstück auf ihr Handgelenk gleiten. Gleich darauf nahm er es lachend fort. »Ich darf dich nicht in Versuchung bringen, dein Gelübde zu brechen«, meinte er und legte das Armband wieder um den Hals der Katze.
    »Micon, es ist wunderschön!« rief Deoris hingerissen.
    »Und deshalb darf es nur dir gehören, meine geliebte kleine Schwester«, wiederholte er. Eine Weile sann er den verhallenden Worten nach, dann schlug er vor: »Lass uns im Garten spazieren gehen, bis Domaris kommt.«
    Auf dem Rasen war es schattig und kühl, obwohl das Sommergrün schon gelb und verdorrt war. Der große Baum, unter dem sie im Sommer so oft gesessen hatten, war trocken, und Büschel dicker, leuchtender Beeren hingen zwischen den Zweigen. Der feine trockene Staub drang nicht bis hierher, und der Baum filterte die sengenden Sonnenstrahlen. Sie erreichten ihren gewohnten Platz, und Deoris ließ sich ins dürre Gras sinken. Sie legte den Kopf leicht an Micons Knie und blickte zu ihm hoch. Sein bronzefarbenes Gesicht war noch magerer geworden - und noch verzerrter von Schmerzen.
    »Deoris«, sagte er, und sein seltsames Lächeln kam und ging wie ein Blitz bei einem Sommergewitter, »du hast deiner Schwester gefehlt.« Sein Ton war nicht vorwurfsvoll, aber Deoris spürte, wie sich ihre Wangen röteten.
    »Domaris braucht mich nicht«, murmelte sie.
    Micon berührte liebevoll ihre kurzen Locken. »Du irrst dich, Deoris, sie braucht dich jetzt mehr denn je, sie braucht dein Verständnis und deine Liebe. Ich würde mich in Dinge, die nur euch beide angehen, nicht einmischen« - Deoris verriet ihre Eifersucht, denn sie drückte unvermittelt seine Hand. »Hör' mir zu, Deoris, ich muss dir etwas sagen.« Er bewegte sich

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