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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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erkannte den Schritt an der Tür. Sie drehte sich um und begrüßte Arvath, und Arvath fiel nichts anderes ein als stehenzubleiben und ihren Namen zu stammeln. Seit Micons Tod hatte er sie nicht mehr gesehen.
    Jetzt war er entsetzt über die Veränderung, die mit ihr vorgegangen war. Domaris war schön - schöner als je zuvor -, aber ihr Gesicht war blass und ihr Blick schweifte in unbestimmte Fernen. Es war, als hätten ihre Augen Dinge geschaut, die anderen stets verborgen bleiben. Aus einem fröhlichen, lachenden Mädchen hatte sie sich in eine Frau verwandelt - eine Frau aus Marmor? Oder aus Eis? Oder brannte hinter den stillen Augen doch noch eine unterdrückte Flamme?
    Schließlich flüchtete er sich in die banale Bemerkung: »Ich hoffe, es geht dir gut.«
    »O ja, man hat gut für mich gesorgt«, antwortete Domaris und sah ihn erbittert an. Sie wusste, was er wollte. Mit einer Gleichgültigkeit, die neu an ihr war, dachte sie: Warum kommt er nicht zur Sache, warum hält er sich mit Höflichkeit auf?
    Arvath spürte, dass ihre Stimmung nicht die beste war. Er wurde unsicher, sprach noch gezwungener. »Ich bin gekommen, darum zu bitten - zu verlangen -, dass du dein Versprechen...«
    »Wie es dein Recht ist«, bestätigte Domaris förmlich. Sie erstickte fast an dem Versuch, ihre Atmung zu kontrollieren.
    Impulsiv umarmte Arvath sie und drückte sie an sich. »Oh, Geliebte! Darf ich heute Abend vor dem Rat der Fünf um dich werben?«
    »Wenn du möchtest«, meinte sie fast gleichgültig. Seit sie Micon verloren hatte, war ihr der eine Tag wie der andere. Doch für einen Moment brach die alte Domaris aus ihr hervor: »Oh, Arvath, verzeihe mir, dass ich - dass ich dir nicht mehr geben kann!« bat sie und umarmte ihn kurz.
    »Dass du dich selbst gibst, ist genug«, sagte er zärtlich.
    Sie sah ihn kummervoll an, denn sie war jetzt eine Frau und wusste genau, dass dies nicht mehr stimmte. Aber sie sagte nichts.
    Seine Arme umschlossen sie in fordernder Umarmung. »Ich werde dich glücklich machen«, gelobte er. »Das schwöre ich!«
    Sie ließ sich passiv von ihm liebkosen, und Arvath merkte nur zu gut, dass sie von der Leidenschaft, die in ihm tobte, unberührt blieb. Es klang wie eine Herausforderung, als er wiederholte: »Ich schwöre, dass ich dir helfen werde, alles zu vergessen!«
    Domaris hob die Hände und befreite sich von ihm, nicht mit Abscheu, sondern mit einer Gleichgültigkeit, die ihren zukünftigen Mann mit bösen Vorahnungen erfüllte... Aber Arvath verdrängte die Zweifel schnell. Ich werde sie zur Liebe erwecken, dachte er zuversichtlich. Niemals kam er darauf, dass sie das Wesen der Liebe viel besser verstand als er.
    Immerhin war ihm nicht verborgen geblieben, dass ihr Gesicht einen Augenblick lang seinen strengen Ausdruck verlor, und er war klug genug, seinen Vorteil nicht sofort auszunutzen. »Mach dich schön für mich - meine Frau!« flüsterte er in ihr Haar. Er streifte ihre Schläfe mit einem schnellen Kuss und ließ sie allein.
    Domaris stand eine Minute, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, vor der geschlossenen Tür, und das tiefe Mitleid in ihren Augen wich allmählich einer schrecklichen Angst. » Er - begehrt mich «, hauchte sie und begann am ganzen Körper zu zittern. »Wie kann ich - nein, ich kann nicht, ich kann nicht! Oh, Micon, Micon!«

2. DAS FIEBER
    In jenem Sommer wütete eine Seuche in der Stadt. Der Tempelbezirk, in dem die Heiler strenge hygienische Maßnahmen ergriffen, blieb verschont. Aber die Krankheit verwüstete die Stadt, denn viele Einwohner waren zu faul oder zu dumm, den Vorschriften der Priester zu folgen.
    Riveda und seine Heiler fegten wie eine attackierende Armee durch die Stadt, das Fieber nicht achtend und ohne Rücksicht auf Personen. Sie verbrannten faulende Abfallhaufen und räucherten die verseuchten, schmutzigen Wohnungen aus. Auch die stinkenden Sklavenhütten grausamer oder kurzsichtiger Herren, die es zuließen, dass Menschen in schlimmerem Dreck als Tiere lebten, fielen dem Feuer zum Opfer. Sie drangen in jedes Heim ein, sie reinigten die Häuser, pflegten und isolierten die Kranken, begruben die Toten und äscherten sie ein. Sie wagten sich sogar in Häuser, wo die Opfer bereits in Verwesung übergegangen waren, und übergaben alle Leichen sofort den Flammen. Manchmal, wenn z.B. die Kastenordnung eine Beerdigung verlangte, ging dies nicht ohne Gewaltanwendung. Brunnen, bei denen Verdacht auf Vergiftung bestand, wurden untersucht und oft

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