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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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der Grund, warum Adepten und Wächter jungen Novizen und Akoluthen nicht gestatten, aus ihrer Unwissenheit heraus alles selbst zu entscheiden. Denn sie können es nicht verhindern, dass sie eine gefährliche Ansteckung weitergeben - und damit meine ich keine Infektion mit einer körperlichen Krankheit, sondern etwas viel Schlimmeres: eine Vergiftung der Lebensströme!«
    Deoris drückte die Hände auf ihre zitternden Lippen und schwieg.
    Rajasta, der in Erinnerung an Deoris' Kinderzeit diese Unterredung nicht gerade gern auf sich genommen hatte, war wider Willen von ihrer Demut gerührt. Er fuhr fort: »Vielleicht sollte man denen einen Vorwurf machen, die dich nicht gewarnt haben. Und da deinem Vergehen keine böse Absicht zugrunde lag, werde ich die Empfehlung aussprechen, dass du nicht aus Caratras Tempel ausgestoßen, sondern nur für zwei Jahre verbannt wirst.« Er hielt inne. »Du gehst großen Gefahren entgegen, mein Kind. Ich denke immer noch, dass du für den Orden der Magier etwas zu sensibel bist -«
    Leidenschaftlich unterbrach Deoris ihn: »Also soll ich meine Hilfe jeder Frau verweigern, die sie braucht? Der Kaste wegen einer Schwester mein erworbenes Wissen vorenthalten? Sieht so das Erbarmen Caratras aus? Muss ich untätig zusehen, wie sich eine Frau zu Tode schreit?«
    Seufzend ergriff Rajasta ihre kleinen, zitternden Hände und hielt sie fest. Die Erinnerung an Micon, die ihn plötzlich überkam, milderte seine Antwort. »Meine Kleine, es gibt Menschen, die den Pfad des Lichts verlassen, um denen zu helfen, die in Finsternis wandeln. Wenn ein solcher Pfad des Erbarmens dein Karma ist, mögest du stark genug für ihn sein - denn du wirst Kraft brauchen, um dich über die einfachen Gesetze hinwegzusetzen, die für gewöhnliche Männer und Frauen gemacht sind. Deoris, Deoris! Meine Aufgabe ist es nicht, andere zu verdammen, und auch nicht, selig zu sprechen. Ich wache lediglich darüber, dass die Mächte des Bösen die Söhne und Töchter des Lichts nicht berühren. Tu, was du musst, kleine Tochter. Mach deine Sensibilität zu deinem Diener, nicht zu deinem Herrn. Lerne, dich selbst zu schützen, damit du anderen keinen Schaden zufügst.« Er legte die Hand auf ihre Locken. »Mögest du, wenn du irrst, immer auf der Seite des Erbarmens sein! In der Zeit deiner Buße, mein Kind, kannst du deine Schwäche in deine Stärke verwandeln.«
    Eine Weile saßen sie schweigend beieinander, und Rajasta betrachtete Deoris voller Mitgefühl. Er wusste jetzt, dass sie kein Kind mehr war. Traurigkeit und Bedauern mischten sich in ihm mit einem merkwürdigen Stolz. Wieder dachte er an den Namen, den sie erhalten hatte: Adsartha, Kind des Kriegersterns.
    »Nun geh«, sagte er sanft, als sie schließlich den Kopf hob. »Komm nicht wieder in meine Nähe, bis deine Buße vorbei ist.« Deoris sah nicht, dass Rajasta hinter ihr ein segnendes Symbol in die Luft zeichnete. Er hatte das Gefühl, sie werde diesen Segen dringend brauchen.
    Langsam ging Deoris den Pfad entlang, der zum Grauen Tempel hinunterführte. Ihr war elend zumute, und trotzdem spürte sie eine seltsame innere Freude. Da rief plötzlich eine tiefe Altstimme aus dem Nichts ihren Namen. Das Mädchen hob den Blick, sah jedoch niemanden. Plötzlich waberte und schimmerte die Luft, und Maleina stand vor ihr. Vielleicht war sie nur aus dem Gebüsch hervorgetreten, das den Pfad säumte - aber Deoris glaubte jetzt und ihr ganzes späteres Leben, dass sie einfach aus der Luft erschienen war.
    Ihre tiefe, vibrierende Stimme sagte: »Im Namen Ni-Teerats, die du Caratra nennst, komme ich, mit dir zu sprechen.«
    Schüchtern senkte Deoris den Kopf. Sie fürchtete sich vor dieser Frau mehr als vor Rajasta, Riveda oder irgendeinem Priester oder einer Priesterin im ganzen Tempelbezirk. Fast unhörbar flüsterte sie: »Was ist dein Wille, o Priesterin?«
    »Mein liebes Kind, hab keine Angst«, erwiderte Maleina schnell. »Hat man dir den Tempel Caratras verboten?«
    Zögernd hob Deoris den Blick. »Ich bin für zwei Jahre verbannt worden.«
    Maleina holte tief Atem, und in ihre Augen trat ein Glitzern wie von Edelsteinen. »Das werde ich nicht vergessen.«
    Deoris blinzelte verständnislos.
    »Ich bin in Atlantis geboren«, erklärte Maleina, »wo die Magier in höheren Ehren stehen als hier. Mir gefallen diese neuen Gesetze nicht, die die Magie so gut wie verboten haben.« Die Frau in dem grauen Mantel schwieg eine Weile, dann fragte sie: »Deoris - was bist du für

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