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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sicher, Mylady?«
    »Allerdings. Ich werde dir die Aufzeichnungen übergeben, die ich von meinen Reisen gemacht habe. Sollte mir etwas zustoßen und ich vom Gipfel des Berges nicht zurückkehren, so obliegt es dir, damit zu verfahren, wie es dir richtig erscheint.«
    »I-ich verstehe«, sagte der Junge, und erst, als sie die Bestürzung in seinen Augen sah, wurde Sarah klar, dass sie soeben ihren letzten Willen ausgesprochen hatte, ihr weltliches Testament.
    »Was ist mit Hingis?«, wollte Hieronymos wissen.
    »Friedrich ist Wissenschaftler«, erwiderte Sarah. »Ich nehme an, dass er sich eine Gelegenheit wie diese nicht entgehen lassen wird. Schließlich erhält ein Archäologe nicht alle Tage die Gelegenheit, eines der größten Menschheitsrätsel zu ergründen. Und auch Abramowitsch wird uns begleiten«, fügte sie hinzu.
    »Was?«
    »Mahasiddha«, wandte Ston-Pa ein, »verzeiht, wenn ich Euch widerspreche. Aber der ryga-ser-pa ist kein guter Mensch. Er hat das Gastrecht mit Füßen getreten und meinen Brüdern und mir mit Dingen gedroht, die ich nicht gerne wiederholen möchte.«
    »Ich weiß, ehrwürdiger Abt«, räumte Sarah ein, »aber wir können es uns nicht leisten, bei der Wahl unserer Verbündeten kleinlich zu sein. Abramowitsch ist ein Soldat - und wenn wir gegen die Bruderschaft ziehen, werden wir jede Schusshand dringend benötigen.«
    »Er wird für Ärger sorgen«, prophezeite Hieronymos, »und bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wird er uns hintergehen.«
    »Er wird versuchen, in den Besitz des Geheimnisses zu gelangen«, stimmte Sarah zu, »um seinem Land damit eine Vormachtstellung zu verschaffen. Zumindest daraus hat er nie ein Hehl gemacht.«
    »Warum dann dieses Risiko, Mahasiddha? Wenn Shambalas Macht in die Hände einer einzelnen Nation geriete, würde das ebenso verheerende Folgen haben, wie wenn sich die Bruderschaft ihrer bemächtigte.«
    »Vielleicht deshalb, ehrwürdiger Abt, weil ich das Gefühl habe, dass Abramowitsch uns dennoch von Nutzen sein kann - und dass er seine Rolle im ›großen Spiel‹ noch nicht erfüllt hat. Darüber hinaus habe ich ihm mein Wort gegeben.«
    »Absprachen können gebrochen werden«, knurrte Hieronymos.
    »Du verlangst, dass ich mein Versprechen missachte?«, fragte Sarah spitz. »Gerade du?«
    Der Zyklop senkte den Blick. Offenbar hatte sie ihn an einer empfindlichen Stelle getroffen. »Verzeihen Sie, Mylady«, flüsterte er. »Ich bin zu weit gegangen.«
    »So wie wir alle«, erwiderte sie, »aber nur, weil uns die Entwicklungen dazu getrieben haben. Keiner von uns möchte hier sein, wir alle wären in diesem Augenblick lieber woanders und würden uns der Verantwortung entziehen, die uns das Schicksal zugedacht hat. Aber die Dinge sind nun einmal, wie sie sind.«
    »Das Schicksal?«, fragte Ufuk.
    »Nach allem, was ich erfahren habe«, antwortete Sarah, »kann ich wohl nicht anders, als daran zu glauben.«
    »Om Mani Padme Hum!«, rief Abt Ston-Pa aus. »Möge unser aller Bestimmung sich an jenem Ort erfüllen, wo alles seinen Anfang nahm.«
    Er senkte das kahle Haupt, sprach ein leises Gebet und fügte ein leises Lha gyalo hinzu.
    Mochten die Götter siegen!

7.
     
    R EISETAGEBUCH S ARAH K INCAID
     
    Am frühen Morgen des 16. Juni haben wir das Kloster verlassen - ein Zug von fünfzehn Seelen, zu denen neben Abt Ston-Pa, Friedrich Hingis, Hieronymos, Viktor Abramowitsch und mir auch noch zehn Mönche des Klosters gehören, die uns zum Kailash begleiten.
    Was Abramowitsch betrifft, so hat Hieronymos recht behalten.
    Zwar hat sich der Russe grundsätzlich bereiterklärt, sich unserer Unternehmung anzuschließen, jedoch macht er kein Hehl daraus, dass er weder mir noch den Mönchen von Tirthapuri traut. Vielleicht liegt es daran, dass er als Offizier des Geheimdiensts nicht anders kann, als in jedermann einen potenziellen Feind zu sehen. Womöglich ist Misstrauen aber auch einfach sein prägendster Charakterzug, und ich verspüre Beklemmung bei dem Gedanken, dass auch ich auf dem besten Weg war, so zu werden wie er.
    Seither hat sich viel geändert. Ich habe die Antworten bekommen, nach denen ich stets so verzweifelt gesucht habe, und ich weiß, dass ich nicht allein bin in diesem Kampf, auch wenn sich die Ziele meiner Mitstreiter von den meinen unterscheiden mögen. Ich habe mir untersagt, an Kamal zu denken, und ich hoffe inständig, dass ich nicht jene Wahl treffen muss, vor der Meister Ammon mich vor langer Zeit gewarnt hat. Denn in der Tat

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