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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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herabgeschüttet wurde. Bereits mehrere dieser Sturzbäche hatten Sarah und ihre Gefährten passiert, jedoch waren sie noch keinem davon so nahe gekommen.
    Noch ein Stück weit führte Sarah die kleine Expedition in nördliche Richtung, dann bog sie nach Westen ab. An zwei steil aufragenden Felsen vorbei, die eine Art natürliches Tor zu bilden schienen, gelangten sie schließlich zum Katarakt.
    Ein türkisblauer Pfuhl lag eingepfercht zwischen glatt gewaschenem Gestein, in den sich tosend das Wasser ergoss. In insgesamt vier Stufen stürzte es von einem Plateau herab, das rund einhundert Yards höher liegen mochte; die Felswand darunter ließ weder einen gangbaren Weg erkennen noch war sie zum Klettern geeignet. Da kaum je ein Sonnenstrahl den Grund der Schlucht erreichte und kalter Wind von den Schneehängen blies, hatte sich die feine Gischt des Wasserfalls als glitzernde Eisschicht auf dem Gestein niedergeschlagen.
    Es war ein beeindruckendes Naturschauspiel, für das Viktor Abramowitsch allerdings keinen rechten Sinn zeigte. »Und jetzt?«, schrie er gegen das Tosen an. »Sie haben uns in eine Sackgasse geführt, meine Teure!«
    Auch Hingis schien verunsichert. Der Schweizer hatte seine Brille abgenommen, um sie vom allgegenwärtigen Sprühnebel zu reinigen (eine eher erfolglose Prozedur) und sandte Sarah fragende Blicke zu. Tatsächlich schien es auf den ersten Blick keinen anderen Weg aus der Schlucht zu geben als den, auf dem sie hereingelangt waren. Aber Sarah erinnerte sich, dass es noch eine andere Möglichkeit gab.
    Sie gönnte sich den Luxus eines wissenden Lächelns. Schließlich bedeutete sie den Männern, die Gewehre unter den Umhängen verschwinden zu lassen, um sie vor Spritzwasser zu schützen, und dann mit ihr zu kommen. Hingis und Abramowitsch taten, wozu sie aufgefordert wurden, wenn auch mit unterschiedlicher Bereitwilligkeit. Sie folgten Sarah auf dem Pfad, der am schäumenden Pfuhl entlangführte und aus wenig mehr als einigen schmalen Felsvorsprüngen bestand, die vereist waren und den Filzstiefeln nur ungenügenden Tritt boten.
    »Was haben Sie vor?«, brüllte Abramowitsch. »Wollen Sie uns umbringen?«
    Sarah erwiderte nichts. Unbeirrt ging sie voraus, und schon nach wenigen Schritten hatte der weiße Nebel sie verschlungen. Vorsichtig tastete sie sich weiter, die rechte Hand an der glatten Felswand, auch wenn ihr diese im Ernstfall keinen Halt bieten würde. Immer näher kam sie dem Wasserfall, und immer lauter wurde das Tosen, bis es ihr Bewusstsein ganz zu füllen schien. Genau diesen Weg war sie damals auch mit Polyphemos gegangen, durch das Tor, das nur wenige Wochen im Jahr gangbar war; im Winter pflegte der Wasserfall zur Eissäule zu erstarren und ein Passieren unmöglich zu machen, im Sommer und im Herbst schwoll er durch die Regengüsse des Monsuns derartig an, dass der Pfuhl überquoll und den darunter verlaufenden Pfad in ein reißendes Flussbett verwandelte. Die Zeit der nachlassenden Schneeschmelze jedoch war der rechte Augenblick, um den lam-gol nach Shambala zu betreten.
    Den geheimen Pfad ...
    Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, umrundete Sarah den Pfuhl und näherte sich Stück für Stück dem Wasserfall. Ihr bukoo hatte die klamme Feuchtigkeit aufgesogen und hing so bleischwer an ihr, dass er das Vorankommen zusätzlich erschwerte. Doch sie biss die Zähne zusammen und kämpfte sich weiter voran, hoffend, dass ihre Gefährten ihr folgten. Plötzlich konnte sie im weißen Dunst die herabstürzenden Massen des Katarakts erkennen, zum Greifen nah!
    Von vorn betrachtet, sah es so aus, als würde das Wasser direkt am Gestein herabfließen, was jedoch nicht der Wahrheit entsprach. In Wirklichkeit ergoss es sich in einem Bogen, der die Felswand lediglich wie ein Vorhang verhüllte. Im feuchten Gestein, dessen Oberfläche infolge des gebrochenen Tageslichts in bunten Farben schillerte, klaffte eine Öffnung, die für den zufälligen Entdecker wie eine Felsspalte aussah. Sarah jedoch wusste, dass sich mehr dahinter verbarg.
    Viel mehr.
    Der letzte Schritt erforderte einigen Mut, da die Wand jäh zurücksprang und der Abstand gut eineinhalb Yards betrug. Ein Fehltritt, und man würde in das eiskalte Wasser stürzen, aus dessen Wirbeln und Strudeln es kein Entkommen gab.
    Sarah fasste sich ein Herz. Mit einem gewagten Sprung setzte sie zur Öffnung hinüber, an deren glatt gewaschenem Gestein sie jedoch keinen Halt fand. Einen Augenblick lang schwankte sie und ruderte

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