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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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jetzt von ihm lassen, da wir ...« Er unterbrach sich und kniff die Lippen zusammen, starrte stumm auf die Tischplatte.
    »Da wir was?«, wollte Sarah deshalb wissen. »Sprich dich ruhig aus, alter Freund.«
    Er atmete tief durch, erst dann sprach er weiter, beherrschter jetzt und fast kleinlaut: »... da wir dabei sind, uns erneut Hals über Kopf in ein Abenteuer zu stürzen, dessen Ausgang völlig unabsehbar ist«, brachte er den Satz zu Ende.
    »Ich habe dich nie gezwungen, mich zu begleiten«, erwiderte Sarah. »Du bist mir aus freien Stücken gefolgt.«
    »Und ich bedaure meine Entscheidung nicht. Aber ich denke, dass wir ein wenig mehr wissenschaftliche Distanz wahren sollten.«
    »Wissenschaftliche Distanz?« Sarah glaubte, nicht recht zu hören. »Hast du vergessen, worum es geht?«
    »Keineswegs.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich denke auch, dass deine Sorge um Kamal dein Urteilsvermögen getrübt hat und du gegenwärtig nicht mehr in der Lage bist, Fakten und Fiktion zu unterscheiden. Als dein Vertrauter und Freund kann ich dies nachvollziehen - als dein Kollege kann ich dich nur davor warnen!«
    Sarah holte tief Luft, um Hingis entschieden zu widersprechen und ihm zu sagen, dass er sich seine klugen Ratschläge schenken und sich sonst wohin scheren sollte, wenn er nicht bereit war, ihr bei ihrer Suche zu helfen ...
    Aber sie tat es nicht.
    Denn plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, der ihr wichtiger schien als jeder Streit. Eine Vermutung, die es sofort zu überprüfen galt!
    Abrupt wandte sie sich den Aufzeichnungen zu, die sie sich im Zuge der Lektüre gemacht hatte, und durchblätterte sie.
    »Darf man fragen, wonach du suchst?«, verlangte Hingis leicht indigniert zu wissen.
    Sarah antwortete nicht, bis sie die betreffende Notiz gefunden hatte. »Hier«, rief sie und zog triumphierend ein beschriebenes Blatt hervor. »Dies ist ein Transskript des Gedichts, das auf dem Pergament zum Vorschein gekommen ist.«
    »Und?«, fragte der Schweizer.
    »Erinnerst du dich an den Anfang? Und so reiste ich weiter gen Norden und sah, was keines Menschen Auge je erblickt, begleitet vom rasenden Phoibos, der mir die Wahrheit offenbarte ...«
    »Sicher, aber ich sehe nicht, was ...«
    »Der Gedanke kam mir, als du mir vorgeworfen hast, ich könne Fakten und Fiktion nicht unterscheiden«, erklärte Sarah, in deren Augen zum ersten Mal nach langer Zeit wieder der Eifer des Entdeckers glomm. »Phoibos ist der Beiname von Apollon, richtig? Dem griechischen Gott des Lichts und der Ordnung.«
    »Richtig«, bestätigte Hingis, »aber ich verstehe nicht, worauf du ...« Plötzlich unterbrach er sich und wurde bleich. »Du meinst ...?«
    »Genau das«, bestätigte Sarah. »Herodot schreibt, dass Aristeas von Apollon getrieben worden sei, und in dem Gedicht ist von einer Begleitung durch den ›rasenden Phoibos‹ die Rede. Was, wenn beide dasselbe meinen? Wenn der Text aus dem Codicubus jenes verschollene Gedicht des Aristeas ist, auf das Herodot in seinen Historien Bezug nimmt: die ›Arimaspea‹?«
    »Das ... das wäre eine wissenschaftliche Sensation«, stammelte Hingis beeindruckt.
    »Seit Alexandrien wissen wir, dass zumindest Teile der legendären Bibliothek noch sehr viel länger existierten, als die Forschung annimmt«, erläuterte Sarah. »Vor diesem Hintergrund kann es gut sein, dass Aristeas' Werk die Zeit überdauert hat. Schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass ein Codicubus dazu benutzt wurde, ein Schriftstück über Jahrhunderte hinweg aufzubewahren.«
    »Es wäre zumindest möglich«, musste der Schweizer zugeben.
    »Wenn Polyphemos das Gedicht jedoch für so wichtig erachtete, dass er es nicht nur der Sicherheit eines Codicubus anvertraute, sondern es zudem noch für den unbedarften Betrachter unsichtbar machte, dann müssen wir wohl davon ausgehen, dass es sich dabei um ungleich mehr handelt als um die literarische Ambition eines Wahnsinnigen.«
    »Nämlich?«, wollte Hingis wissen.
    »Prokonnesos liegt, wie Ufuk völlig richtig sagte, im Marmarameer, das schon in antiker Zeit Durchgangsstation für unzählige Schiffe war, die von Europa nach Asien fuhren und umgekehrt«, spann Sarah ihren Gedanken weiter. »Fraglos hat Aristeas Seeleute von ihren Fahrten und von den wundersamen Dingen berichten hören, die sie an fernen Orten erlebten.«
    »Du ... du sprichst von Seemannsgarn?«
    »Ja, aber möglicherweise mit einem wahren Kern. Vielleicht hat Aristeas auf diese Weise zum ersten Mal von

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