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Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. L. Stedman
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stolperst, und das hier wird sein wie ein böser Traum.« Er legte ihr ein Umschlagtuch um. »Es ist wunderschön draußen. Komm und setz dich auf die Veranda. Das tut dir sicher gut.«
    Sie saßen nebeneinander in Rattansesseln. Isabel, eine blau karierte Decke auf dem Schoß, beobachtete, wie die Sonne über den spätherbstlichen Himmel zog.
    Es erinnerte sie daran, dass ihr die Insel bei ihrer Ankunft so leer erschienen war wie eine unbenutzte Leinwand. Mit der Zeit hatte sie dann gelernt, wie mit Toms Augen zu sehen und die winzigen Veränderungen wahrzunehmen. Die Wolken, die sich bildeten, zu Formationen gruppierten und über den Himmel wanderten; die Form der Wellen, die sich von Wind und Jahreszeit leiten ließen und einem, wenn man sie zu deuten wusste, verrieten, wie morgen das Wetter werden würde. Auch die Vögel, die manchmal aus dem Nirgendwo erschienen, waren ihr inzwischen vertraut – sie wurden zufällig hierhergetragen wie Samen im Wind oder angespülter Seetang.
    Isabel betrachtete die beiden Tannen und war von der Einsamkeit der Bäume plötzlich zu Tränen gerührt. »Es sollte hier Wälder geben«, sagte sie unvermittelt. »Ich vermisse die Bäume, Tom. Ich vermisse ihre Blätter, ihren Geruch und die Tatsache, dass es so viele sind – oh, Tom, ich vermisse die Tiere: Ich vermisse sogar die Kängurus! Das alles fehlt mir so.«
    »Das weiß ich, Izzy, mein Liebling.«
    »Du etwa nicht?«
    »Ich brauche auf der ganzen Welt nur dich, Izz, und du bist hier. Alles andere wird sich klären. Lass dir einfach Zeit.«
    Ein durchsichtiger, samtiger Schleier bedeckte alles, ganz gleich, wie gründlich Isabel auch staubwischte – ihr Hochzeitsfoto, das Foto von Hugh und Alfie in ihren Uniformen, 1916, in der Woche, als sie sich freiwillig gemeldet hatten. Sie grinsten, als seien sie zu einem Fest eingeladen. Sie waren zwar nicht die größten Burschen in der australischen Armee, aber strotzend vor Tatendrang, und sahen mit ihren nagelneuen Schlapphüten wirklich schneidig aus.
    Isabels Nähkästchen war leidlich aufgeräumt, allerdings nicht so penibel ordentlich wie das ihrer Mutter. Nadeln und Stecknadeln steckten in dem gepolsterten hellgrünen Futter. Die beiden Hälften eines Taufkleidchens lagen unfertig da, die Arbeit daran mitten im Stich zum Stillstand gekommen wie eine defekte Uhr.
    Die kurze Perlenkette, die Tom ihr zur Hochzeit geschenkt hatte, befand sich in der von ihm geschnitzten Schatulle. Sonst waren ihre Haarbürste und ein Schildpattkamm die einzigen Gegenstände auf dem Frisiertisch.
    Isabel ging ins Wohnzimmer und betrachtete den Staub, den Riss in der Wand neben dem Fensterrahmen und die abgewetzte Kante des dunkelblauen Teppichs. Der Ofen musste sauber gemacht werden, und das Futter der Vorhänge wurde wegen der extremen Wetterverhältnisse allmählich fadenscheinig. Doch allein der Gedanke, etwas davon in Angriff zu nehmen, erforderte mehr Kraft, als Isabel aufbringen konnte. Noch vor wenigen Wochen war sie so von Vorfreude und Lebenslust erfüllt gewesen. Inzwischen empfand sie das Zimmer wie einen Sarg; ihr Leben war an dessen Rand stehen geblieben.
    Sie schlug das Fotoalbum auf, das ihre Mutter als Abschiedsgeschenk für sie angelegt hatte. Es waren Aufnahmen von ihr als Kind. Auf der Rückseite jedes Bildes war der Name des Fotostudios, Gutcher’s, aufgedruckt. Ein Foto zeigte ihre Eltern an ihrem Hochzeitstag, ein anderes das Haus. Sie strich mit dem Finger über den Tisch und berührte das Spitzendeckchen, das ihre Großmutter für ihre eigene Aussteuer geklöppelt hatte. Dann ging sie zum Klavier und klappte es auf.
    Das Walnussholz war an manchen Stellen rissig. Eavestaff, London, stand in goldenen Buchstaben über dem Tastenfeld. Oft hatte sie sich die Reise des Instruments nach Australien ausgemalt und auch das andere Leben, das es hätte führen können – in einem englischen Haus oder in einer Schule, vielleicht ächzend unter fehlerhaften Tonleitern, gespielt von kleinen, ungeschickten Fingern. Oder möglicherweise sogar auf einer Bühne. Und dennoch war es durch eine Verkettung höchst unwahrscheinlicher Umstände dazu bestimmt worden, auf dieser Insel zu stehen, der Stimme beraubt von Einsamkeit und Wetter.
    Sie drückte so langsam auf das Schlüssel-C, dass kein Geräusch entstand. Die warme Elfenbeintaste war so glatt wie die Fingerspitzen ihrer Großmutter, und die Berührung weckte Erinnerungen an nachmittägliche Klavierstunden. Das gegengleiche Spielen

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