Das Lied der alten Steine
ihres Lebens zu schicken.
Anna schwankte etwas, fasste sich mit der Hand an den Kopf, sodass die Frau näher kam und einen stützenden Arm um ihre Schulter legte. »Soll ich Ihnen hinaushelfen, meine Liebe?«, fragte sie. »Es ist stickig hier drinnen, nicht? Und der komische Geruch hilft auch nicht sonderlich.«
»Geruch?« Anna sah sie erstaunt an, immer noch benommen und verwirrt.
»Wie in einer italienischen Kathedrale. Weihrauch.« Die Frau lächelte. Celia Greyshot. Das war ihr Name. Plötzlich fiel er Anna wieder ein.
»Weihrauch? Wie kann hier Weihrauch sein?« Die Statue von Ptah war wieder allein. Keine Gaben zu ihren Füßen. Kein Priester weit und breit.
»Nein, natürlich.« Celia machte selbst ein ungläubiges Gesicht. Sie schnupperte hörbar. »Sie haben Recht. Es ist weg.
Es muss jemandes Parfüm gewesen sein. Oder vielleicht habe ich es mir nur eingebildet.« Sie fröstelte. »Das ist ein mächtiger, unheimlicher Ort, finden Sie nicht?«
Anna lächelte so gut sie konnte. »Ich glaube, ich möchte nach draußen. Ich fühle mich ein bisschen komisch.« Sie sah auf die Uhr, blinzelte in dem dämmrigen Licht ihr Handgelenk an. Es war schon über der Zeit, die sie mit Serena und Toby verabredet hatte.
Serena saß draußen auf einer Bank. Sie sprang bestürzt auf, als sich Anna mit ihrer Begleiterin näherte. »Anna, was hast du?
Was ist los?«
Anna schüttelte den Kopf. »Zu viel Hitze, zu wenig Schlaf, glaube ich. Celia war so heb, mir zu helfen.« Sie ließ sich auf die Bank plumpsen. »Keine Spur von Andy? Oder von Toby oder von Ben?«
Serena schüttelte den Kopf. »Nichts.« Sie sahen zu, wie Celia mit einem freundlichen Abschiedswort und winkend in der Menschenmenge verschwand, um ihren Mann zu suchen.
»Ich habe Hatsek gesehen! Im Tempel!« Anna wandte sich an Serena, sowie ihre Begleiterin außer Hörweite war. »Er stand vor der Statue des Ptah im Allerheiligsten. Jemand dort sagte, dass Ptah Sekhmets Gemahl war!«
Serena dachte einen Moment nach. »Hattest du das Gefühl, dass deine Energie abnahm?«
Anna zuckte mit den Schultern. »Ich denke schon. Ich wurde fast ohnmächtig. Darum ist Celia mir zu Hilfe gekommen. Aber es war Angst, Serena! Kalte, schreckliche, totale Angst!«
Serena nickte. »Ich habe eine Entscheidung für mich getroffen, seit ich hier bin, Anna. Ich will versuchen, die Priester noch einmal anzurufen. Aber auf meine eigene Weise. Ich glaube, ich kann es diesmal, und ich bin sicher, dass es das Richtige ist. Wir werden es, wenn du willst, in Philae versuchen, heute Abend, wie ich vorgeschlagen habe. Und es wird nicht schief gehen, das verspreche ich.« Sie ergriff Annas Hände. »Also, wollen wir weiter nach Andy suchen?«
Anna schloss müde die Augen. »Toby und ich sind hundertfünfzig Meilen durch die Nacht gefahren, um Andy zu retten! Wir müssen nach ihm suchen. Wir müssen. Was, wenn er von der Schlange gebissen worden ist?«
»Du bist sicher, dass die Schlange ihn töten will?«
»Dafür hat Carstairs sie gerufen: um Hassan zu töten.«
»Und, hat sie ihn getötet?«
Anna zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich habe noch nicht so weit gelesen. Ich glaube nicht.«
»Hast du das Tagebuch bei dir?«
Anna nickte, »Ich werde es nie wieder aus den Augen lassen!«
»Darf ich dann vorschlagen, dass wir uns irgendwo ein schattiges Plätzchen suchen, etwas Kühles trinken und mal nachsehen? Es kann sein, dass Louisa einen Weg gefunden hat, wie mit der Sache umzugehen ist. Die ganze Panik ist vielleicht unbegründet.«
Anna nickte zögernd. »Das klingt vernünftig.«
»Das tut es, Anna. Und nachher, wenn er dann nicht schon längst mit Toby oder Ben oder irgendjemandem aufgetaucht ist, haben wir immer noch die Chance, Andy zu finden. Komm.«
Serena stand auf und hielt ihr die Hand hin. »Gehen wir aus der Sonne.«
»Ich habe es hinter der Verschalung versteckt.« Hassan zeigte Louisa ein loses Brett in der Kabinenwand. »Siehst du? Hier.«
Er blickte sich kurz um, als ob er sichergehen wollte, dass niemand sonst da war, der ihn beobachtete, dann holte er ein kleines Päckchen hervor und reichte es ihr. »Was machen wir damit?« Die Beule an seinem Kopf war zurückgegangen und die Wunde nahezu verheilt.
An diesem Morgen ankerte die Ibis neben verschiedenen anderen Schiffen in einiger Entfernung vom Strand, gegenüber dem Tempel von Abu Simbel. Unter den Nachbarbooten hatte sie Carstairs Scarab entdeckt.
Eine Rettungsmannschaft hatte Hassan vom
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