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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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ein, dann wandte sie sich von ihrer Tasche ab und ging zum Spiegel auf dem Ankleidetisch. Eine Weile betrachtete sie prüfend ihr Gesicht. »Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht sollte ich noch einmal mit ihr reden, bevor sie uns verlässt, oder macht es das noch schlimmer?«
    »Er wird sie doch nicht nach England begleiten?«
    »Das weiß ich ebenso wenig. Im Moment weiß ich einfach überhaupt nichts.« Das Gesicht im Spiegel sah plötzlich alt aus.
    »Ich fühle mich scheußlich wegen allem. Wenn ich nicht eingegriffen hätte…«
    »Wenn du nicht eingegriffen hättest, wäre ich wahrscheinlich längst schreiend in ein Irrenhaus verfrachtet worden.«
    Serena setzte sich auf den Stuhl. »Einiges, was Andy über mich erzählt hat, ist wahr, weißt du. Ich habe mit diesen Dingen gespielt. Es war Spaß. Romantisch, wild. Es fühlte sich ein bisschen verworfen an, für mich als alte Frau – na ja, ältere Frau.«
    Sie lächelte. »Eine Witwe, ehrbar, sehr sogar, dazu noch Tochter eines Pfarrers, man stelle sich das vor.« Sie lachte verächtlich.
    »Meditation. Gebete zu Isis. Rituale bei Kerzenlicht. Nicht nackt oder so etwas, aber es war heimlich. Etwas, das einen verzückte.
    Es war unwirklich, aber es führte zu anderen Dingen, die wirklich waren, wie: rescue work, Trance, channelling. Doch das ägyptische Zeug… war anfangs eine Spielerei.«
    »Bis du nach Ägypten gekommen bist.«
    »Bis ich nach Ägypten gekommen bin.«
    »Wo dir klar wurde, dass alles wirklich war, mitsamt deinen Fähigkeiten als eine Art von Priesterin.«
    Serena nagte einen Moment lang an ihrer Lippe. »Eine Priesterin«, wiederholte sie. »Das klingt so exotisch. So mächtig.
    Ich schwelgte in der Idee, eine Priesterin von Isis zu sein.«
    »Gut.« Anna stand auf. »Weil du das einzige As in meinem Ärmel bist.«
    »Was willst du also tun?«
    Sie sahen einander bedrückt an, dann zuckte Anna mit den Schultern. »Hast du die Kraft, es noch einmal zu versuchen?
    Wir wissen nicht sicher, ob Hatsek Charley nach London folgt.
    Was ist, wenn er dir oder mir folgt? Was, wenn die Kobra mitkommt? Irgendwie hat mein Herkommen diese ganze blöde Scharade in Gang gesetzt. Weißt du, als ich im Auto schlief, auf der Fahrt durch die Wüste, da habe ich geträumt, dass das Ganze ein Programmteil der Ferien ist, von der Reisegesellschaft eingefädelt, um uns auf dem Schiff zu unterhalten – wie ein Mord-Wochenende in einem Hotel in den Cotswolds –, und dass die Auflösung am Abend vor der Ankunft in Luxor stattfindet oder auf der Pascha-Party, die sie für uns veranstalten, ich weiß nicht, vielleicht auf dem Flughafen vor unserem Heimflug.«
    »Ich wünschte, es wäre ein Traum.« Serena schüttelte den Kopf.
    »Aber es ist keiner und wir müssen etwas unternehmen. Ich glaube, wir sollten es heute Abend noch einmal versuchen. In Philae, so wie ich es ursprünglich vorhatte. Im Tempel der Isis.«
    Annas Mund stand vor Verblüffung offen. »So bald?«
    »Ja.« Serena nickte. »Das wäre ideal. Wir gehen doch zu der Licht-und Ton-Show, stimmt’s? Es wird vielleicht schwierig, aber wir müssen versuchen, aus dem Zuschauerraum in die dunklen Bereiche zu schlüpfen, während alle abgelenkt sind. Ich bin sicher, es werden Hunderte von Leuten da sein, aber sie werden alle die Show anschauen. Wir müssen hoffen, dass uns keiner bemerkt.«
    »Aber Philae ist wie Abu Simbel. Es ist nicht die wirkliche

    Stätte. Der Tempel ist auf höheres Gelände versetzt worden.«
    »Ich weiß. Der heilige Boden der Isis liegt jetzt unter Wasser, aber ich glaube nicht, dass das eine Rolle spielt. Schließlich sind die Priester hierher gekommen und sie waren auch in Abu Simbel. Es würde mir beim Fokussieren helfen, wenn wir nah beim Tempel wären, und falls sie wollen, dass du ihnen das Fläschchen zurückgibst, dann wäre es der ideale Ort dafür.
    Würdest du dich davon trennen, Anna, wenn sie es zurück wollen?«
    »Natürlich.« Anna sah auf das Fläschchen hinunter, das allein auf dem kleinen Tisch zurückgeblieben war, der als Altar gedient hatte. Sie nahm es hoch und drehte es in den Händen.
    »Ich frage mich, was passieren würde, wenn es zerbricht.«
    Serena schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass wir das ausprobieren sollten.« Sie stand auf und nahm ihre Tasche. »Ich gehe jetzt und schlafe ein bisschen. Ich bin vollkommen erledigt. Wir sehen uns später, okay?«
    Anna nickte.
    Sie stand noch lange an derselben Stelle, als Serena

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