Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
Autos herumbastelte und manchmal ziemlich grob sein konnte. Mein Kleid hatte mich ja auch nicht in ein hilfloses Prinzesschen verwandelt.
Als Pheme mich entdeckte, lächelte sie breit und stellte ihr Sektglas ab. »Na, sieh mal einer an, wir bekommen hohen Besuch.«
Wir umarmten uns kurz, dann schlug sie Thomas herzlich auf die Schulter. Ein paar vorübergehende Gäste, offensichtlich Gargoyles von einer anderen Sippe als der von Dragomir, zogen verwundert die Augenbrauen hoch. Sie hatten wohl eher Küsschen erwartet, aber das hätte nun gar nicht zu Pheme gepasst.
»Wie geht es dir, und was macht deine Kontakt-Hotline? Hat schon jemand angerufen? Hat jemand Hilfe gebraucht?«, löcherte sie mich gleich. »Ich habe gehört, dass du inzwischen Anzeigen schaltest und auf gewöhnliche Handys setzt.«
»Die durchnässen einem wenigstens nicht die Klamotten, und man kann sie im Elektromarkt um die Ecke kaufen«, gab ich zurück. »Ansonsten läuft alles bestens. Erst letzte Woche habe ich mehrmals mit einer neuen jungen Nymphe telefoniert, die Galatea gerade eingeweiht hat. Sie war noch ein bisschen überfordert mit ihrer wahren Natur, aber sie wird es schaffen. Sie brauchte nur jemanden, der ihr zuhört. Und ich glaube, wir haben auch einen neuen Wassermann-Kandidaten gefunden. Einen Burschen, der seinen Vater nicht kennt und unglaubliches Talent beim Schwimmen zeigt. Macius sollte ihn sich mal ansehen. Wo ist er überhaupt?«
»Irgendwo da hinten schätze ich. Jean hat versucht, ihn zum Spielen zu überreden.«
»Etwa um Geld?«
»Natürlich, worum denn sonst?«
»Was macht der Brunnen?«
»Das solltest du ihn selbst fragen. He, was ist mit dir, Kleiner? Passt du auch gut auf unser Mädchen auf?«
»Klar doch!« Thomas grinste und zog mich an sich.
Als ob ich beschützt werden müsste. Aber ich lächelte nur still in mich hinein. Mein Leben hatte sich radikal verändert, wenngleich ich durch Thomas auch etwas aus meinem alten Leben behalten hatte. Doch egal ob alt oder neu, er machte mich ganz. Da konnte ich ihm seine gelegentliche Macho-Masche durchaus verzeihen. Zumindest wenn ich gut gelaunt war.
»He, euch habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen«, tönte da eine andere Frauenstimme.
Als ich mich umwandte, sah ich Aiko in einem wunderschön gemusterten Kimono hinter mir. Sie hatte ihr Haar zu einer traditionellen Frisur zusammengesteckt und mit weißen Blüten geschmückt. Das abgefahrenste Outfit hatte sie auf jeden Fall.
Sie umarmte Thomas und mich kurz, dann fragte ich: »Wie geht es dir und deinem Drachen?«
»Ich kann nicht klagen. Die Monate bei meinen Brüdern haben mir richtig gutgetan. Akame hat sich in den Winterschlaf begeben, wie die anderen Drachen auch. Deshalb war es auch kein Problem, herzukommen.«
»Ah, wie schön, die Damen alle auf einem Haufen zu sehen.«
Offenbar übersah Jean Thomas. Oder wollte er ihn nur ärgern?
Der Franzose hatte sich trotz seiner Satyr-Gestalt in einen Frack geworfen. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, er hatte sich trotz des Fracks in seine Satyr-Gestalt geworfen? Denn da heute keine Vollmondnacht war, hätte Jean sich gar nicht verwandeln müssen. Aber offenbar genoss er es, sich von den anderen abzuheben. Und hier waren wir ja unter uns.
Die große Überraschung war allerdings der Anblick von Macius.
Als ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte, war er total ausgemergelt gewesen. Jetzt wirkte er in seinem dunkelgrünen Anzug wie das blühende Leben. In seinen Edelsteinaugen leuchtete das alte Feuer, und er sah sogar jünger aus als vorher. Hatte das Gaias Berührung verursacht?
Egal, zumindest fiel er diesmal nicht um, als ich mich ihm an den Hals warf, sondern schloss mich fest in die Arme.
»Du hast dich gemacht, Aileen«, bemerkte er lächelnd, nachdem er mich wieder losgelassen hatte. »Mittlerweile bist du eine echte Banshee.«
Ach nee, das war mir auch nicht entgangen. Meine Augen waren nicht mehr rosa, sondern tiefrot. Wenn ich in der Werkstatt arbeitete oder in die Stadt ging, trug ich mittlerweile Kontaktlinsen, damit ich die Menschen nicht erschreckte. Die Haare wollte ich mir allerdings nicht färben, und obwohl sie noch heller – beinahe weiß – geworden waren, trug ich sie so, wie sie waren. Erst hatte ich mir noch einige seltsame Kommentare anhören müssen, doch mittlerweile hatten sich meine Kollegen daran gewöhnt.
»Ich habe gehört, dass dein Brunnen wieder intakt ist.«
Macius nickte. »Ja, die Arbeiten wurden vor
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