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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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wurde, war froh, dass er kein Pony besteigen musste.
    Büffelfrau wartete gespannt darauf, dass ihre Freundin das Zeichen zum Start gab. Sie merkte nicht, dass Blitzfrau neidisch zu ihr aufblickte, weil sie ihren Mut und ihre schlanke Figur bewunderte. Sie sah auch nicht das Leuchten in den Augen von Weißer Biber, der sie wie kein anderer verehrte. Auch er war zwei Winter älter, empfand aber keine Eifersucht und wünschte ihr sogar, dass sie gewann. Vor Roter Mond hätte er das niemals zugegeben. Als tapferer Junge durfte er diese Schwäche nicht zeigen. Mädchen waren dumm, und das Leben gehörte den tapferen Kriegern, das hatte Roter Mond immer wieder gesagt.
    »Jetzt!«, rief Otterfrau. Sie klatschte in die Hände, und Roter Mond und Büffelfrau ritten los. Die Jungen und Mädchen feuerten die beiden an und sahen ihnen nach, bis sie hinter einer Bodenwelle verschwunden waren.
    Roter Mond hatte den besseren Start erwischt. Er hatte schon nach wenigen Metern einen Vorsprung und trieb sein Pony in die offene Prärie hinaus. Er stieß den hellen Kriegsruf der Hügelleute aus und glaubte, schon jetzt gewonnen zu haben.
    »Houp, houp!«, feuerte Büffelfrau ihr Pony an. Es war ein gutes Tier, aber es brauchte lange, bis es in Gang kam, und sie war froh, kein Sprintrennen vereinbart zu haben. »Zeig es diesem Angeber!«, rief sie. »Wir dürfen nicht verlieren!« Sie lenkte das Pony aus der Senke heraus und ritt in gestrecktem Galopp über das offene Grasland, bis sie den Jungen wieder vor sich sah.
    Bis zu den heiligen Bergen war es ein weiter Weg. Die Sonne stand bereits weit im Westen und würde ihren Bruder, den Mond, rufen, wenn sie ins Lager zurückkehrten. Es galt, die Kräfte der Ponys klug einzuteilen, damit das Tier nicht erschöpft ins Gras sank, bevor das Rennen vorüber war. Das hatte Büffelfrau von ihrem Vater gelernt, der sich immer über die jungen Heißsporne lustig machte, die voller Übermut auf den Kriegspfad gingen und nicht schnell genug bei den Feinden sein konnten. Viele dieser jungen Krieger hatten ihren Leichtsinn mit dem Leben bezahlt. Sie hatten den Feind vor allen anderen erreicht, aber ihre Pferde waren müde gewesen und beim ersten Zweikampf unter ihnen zusammengebrochen. Das würde ihr nicht passieren.
    Auch Roter Mond wusste es und machte nicht den Fehler, sein Pony zu hart anzutreiben. Er würde es erst in einen gestreckten Galopp fallen lassen, wenn sie auf dem Rückweg waren. »Warum reitest du nicht schneller?«, rief er dem Mädchen lachend zu. »Bist du schon müde? Warum reitest du nicht an mir vorbei?«
    »Weil ich nicht so dumm bin, wie du denkst«, antwortete das Mädchen. »Warum reitest du nicht davon? Warum führst du große Reden, wenn nichts dahintersteckt?«
    »Ich kann warten«, meinte der Junge.
    Büffelfrau und Roter Mond verloren sich nicht aus den Augen, während sie den heiligen Bergen entgegenritten. Das Mädchen blieb zehn Pferdelängen hinter dem Jungen und trieb ihr Pony immer dann an, wenn er in einer Senke oder zwischen einigen Bäumen verschwand. Beide waren guter Laune und lachten. Es machte Spaß, über die Prärie zu reiten. Die Luft war frisch, und die Sonne warf rotes Licht auf die weiten Ebenen. Der aufgewirbelte Staub hing wie ein Schleier über dem Gras.
    Roter Mond erreichte die Felswand als Erster. Er klatschte mit der flachen Hand gegen den glatten Stein und wendete sein Pferd. »Schau mich gut an«, rief er, als er an dem Mädchen vorbeiritt, »du siehst mich erst wieder, wenn wir im Dorf sind.«
    »So schnell kannst du nicht reiten«, erwiderte Büffelfrau. Sie ritt zur Felswand, schlug gegen den Stein und riss die Zügel herum. Jetzt wurde es ernst. Sie lenkte ihr Pony über das Geröll vor der Felswand und trieb es auf die Prärie. Die Sonne stand glutrot am westlichen Horizont. Der kühle Abendwind wehte ihr ins Gesicht, und ein Kaninchen sprang aufgeregt in seinen Bau zurück, als die Hufe ihres Ponys über den Boden trommelten.
    Sie ritten im gestreckten Galopp über das Grasland. Beide lagen flach auf dem Rücken ihrer Tiere und schienen eins mit ihnen zu sein. Die Ponys waren ausdauernd und schnell, und keiner gewann einen entscheidenden Vorsprung. Roter Mond ritt ungefähr fünf Pferdelängen vor dem Mädchen, das keine Mühe hatte, im Schatten des Jungen zu bleiben. Als die Umrisse des Dorfes vor dem dunkler werdenden Himmel auftauchten, lagen sie auf gleicher Höhe, und beide Ponys hatten noch genügend Reserven für einen

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