Das Lied der Cheyenne
sagte sie, »und man wird deine bunten Mokassins im ganzen Dorf loben.«
Ihre Tochter träumte eher davon, mit ihrem Vater und den Hundesoldaten auf den Kriegspfad zu reiten, ließ sich aber nichts anmerken. Sie war erst sieben Winter alt und wollte ihrer Mutter nicht widersprechen. Sogar die legendäre Gelbhaarfrau, die vor vielen Wintern als Kriegerin über die Prärie geritten war, war verheiratet gewesen und hatte ihre Pflichten als Frau erfüllt. Und wenn es stimmte, was man sich im ganzen Lager erzählte, wenn sie als Medizinfrau und Seherin von sich reden machte? War es ihr dann auch gestattet, eine Familie zu gründen? Oder war sie dazu bestimmt, allein in ihrem Tipi zu wohnen wie der alte Sieht-hinter-die-Berge?
»Du bist als Frau geboren«, sagte Weidenfrau, »und du wirst immer eine Frau bleiben. Als Seherin, Kriegerin und Medizinfrau. Denke immer daran.«
Büffelfrau dachte daran und ging widerwillig mit den anderen Mädchen in den Wald, um Holz zu holen, oder grub auf der offenen Prärie nach Wurzeln. Das war eine langweilige Arbeit und machte nur Spaß, wenn sie nicht beaufsichtigt wurden und ihre Späße treiben konnten. Vor allem Blitzfrau verstand es meisterhaft, die anderen mit ihren Streichen zu erfreuen. Sie tauchte als böser Geist zwischen den Bäumen auf und trieb die schreckhaften Mädchen in die Flucht, sie ahmte das Knurren eines Wolfs nach und erzählte grausame Geschichten, die sogar Büffelfrau einen kalten Schauer über den Rücken jagten. Wer sich über ihre Körperfülle lustig machte, hatte besonders unter ihren Streichen zu leiden. »Dicker Hund! Dicker Hund!«, hatte Schlangenfrau einmal gerufen und war am nächsten Morgen in eine Grube gefallen, die Blitzfrau im Wald gegraben und mit Pappelzweigen getarnt hatte. Die Grube war so tief gewesen, dass sie fast eine Stunde gebraucht hatte, um sich zu befreien.
Ihren größten Streich hatte Blitzfrau dem armen Kleiner Falke gespielt. Der Junge hatte es sich angewöhnt, jeden Morgen einen langen Ausritt zu unternehmen. Er verließ auf einem Pony das Dorf und zog das andere an einer Rohhautschnur hinter sich her. Mit seinen zehn Wintern gehörte er zu den geschicktesten Reitern des ganzen Dorfes, und er wollte in Übung bleiben, um später von einem Kriegerbund anerkannt zu werden. Mit dem Bogen und als Ringkämpfer war er nicht gut genug. Er war auch als Läufer nicht zu gebrauchen, und für einen geistigen Führer vertraute er seinen Träumen zu wenig. Nur als einer der besten Reiter konnte er es schaffen, von einem der Kriegerbünde angenommen zu werden. Zu einem Hundesoldaten hatte er keine verwandtschaftliche Bindung, aber die Fuchssoldaten oder die Bogensehnenleute brauchten bestimmt einen schnellen und geschickten Reiter.
Wenn die Mädchen auf der Prärie nach Wurzeln gruben, ritt der Junge gern an ihnen vorbei und zeigte seine Kunststücke. Er ließ sich wie ein Krieger auf eine Seite des Pferdes fallen, oder er sprang im vollen Galopp von einem Pony auf das andere und stieß ein wilden Kriegsschrei aus. Dann jubelten die Mädchen, und vor allem Blitzfrau bekam glänzende Augen. Sie mochte den etwas zu klein geratenen Jungen, weil er mit einer ähnlichen Benachteiligung wie sie zu kämpfen hatte und sich mit aller Macht dagegen auflehnte. In ein paar Monden schlug er Roter Mond beim Pferderennen, und in ein paar Wintern ritt er sogar den erwachsenen Kriegern davon, da war sie ganz sicher. Die Krieger würden ihn ehren und ihm respektvoll begegnen, und er würde mit den Fuchssoldaten in den Krieg ziehen.
»Auch ein großer Krieger wird klein, wenn ihn die richtige Frau in ihr Tipi holt«, sagte Blitzfrau eines Morgens, »das hat mir meine Mutter beigebracht. Wenn sie zu groß sind, machen sie mit dir, was sie wollen.« Sie waren auf der offenen Prärie, zehn Steinwürfe vom Dorf entfernt, und gruben nach Wurzeln. Die Frühlingssonne war hinter den Wolken hervorgekommen und schien den Mädchen ins Gesicht. Sie waren guter Laune und warteten gespannt darauf, welchen Spaß sich die dicke Blitzfrau ausgedacht hatte. »Seht ihr die Staubwolke da hinten?«, fragte die Spaßmacherin mit einem schelmischen Grinsen. »Das ist Kleiner Falke. Er will uns seine Kunststücke zeigen.«
»Das tut er doch jeden Morgen«, erwiderte Büffelfrau.
Otterfrau stimmte ihr zu. »Ich mag seine Kunststücke«, sagte sie. »Ich finde, er reitet besser als Roter Mond.«
»Er gibt an«, erwiderte Blitzfrau, »er fühlt sich wie ein großer Krieger,
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