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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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sagte Büffelfrau leise. »Wenn es bis zum Bach gut geht, haben wir es geschafft. Bleib dicht am Boden, Blitzfrau.«
    Büffelfrau kroch auf allen vieren los, wie ein Krieger, der ein feindliches Lager anschleicht. Sie berührte kaum den Boden und wirbelte keinen Staub auf. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und fließend. Blitzfrau blieb weit zurück und geriet schon bald ins Schwitzen. Sie blieb alle paar Schritte liegen, um Luft zu holen, und kurz vor dem Ziel schnaufte sie so laut, dass sie glaubte, der Junge würde sie hören. Sie schloss zu ihrer Freundin auf und sank neben ihr ins Gras. Jetzt wurden sie durch die Bäume am Bachufer gedeckt und konnten kaum noch von Kleiner Falke entdeckt werden.
    Die beiden Ponys waren ungefähr hundert Schritte von ihnen entfernt an einen entwurzelten Cottonwood gebunden. Sie standen gegen den Wind und konnten die Mädchen nicht wittern. Sie rupften an dem frischen Gras und genossen die Morgensonne.
    Kleiner Falke träumte am Flussufer und sah einer Libelle zu. Sie tanzte von einer Blume zur anderen und spiegelte sich im klaren Wasser. Eine Eidechse kroch unter einem Stein hervor und huschte davon. Ein Frosch quakte. Das Summen der Insekten, das leise Rauschen des Windes, das Gluckern des Baches und das gelegentliche Schnauben der Ponys waren die einzigen Geräusche. Es war friedlich. Das Dorf war zu weit entfernt, und auch von den Mädchen, die hinter dem Hügel nach Wurzeln suchten, war nichts zu hören.
    Der Junge sah nicht, wie die Mädchen von einem Baum zum anderen huschten. Nicht einmal die Pferde spürten ihre Nähe. Sie waren zu geschickt und gingen immer wieder hinter Bäumen und Büschen in Deckung. Jetzt war auch die dicke Blitzfrau in ihrem Element. Sie war wendiger, als man dachte, und schlich sich sehr geschickt an die Pferde heran. Die Vorfreude zauberte ein schadenfrohes Lächeln auf ihr Gesicht. Sie hielt bereits ihr Knochenmesser in der Hand.
    Drei Schritte vor den Pferden duckten sich die Mädchen hinter ein Gebüsch. Auch Büffelfrau hatte ihr Messer gezogen. Sie deutete auf die Ponys und gab ihrer Freundin zu verstehen, dass der Augenblick gekommen war. Sie hatten genau besprochen, was zu tun war, und verstanden einander auch ohne Worte.
    Die Mädchen schlichen geduckt zu den Ponys. Mit ihren Messern durchtrennten sie jeweils die vordere der beiden Rohhautschnüre, mit denen die ausgestopften Satteldecken auf den Rücken der Tiere gebunden waren. Die Ponys schnaubten überrascht, aber als Kleiner Falke aufmerksam wurde und aus seinem Traum erwachte, waren Büffelfrau und Blitzfrau schon verschwunden. Sie kauerten wieder hinter dem Gebüsch und atmeten erleichtert auf, als der Junge ein paar beruhigende Worte zu den Ponys sagte und wieder in den Bach blickte.
    Die Mädchen zogen sich zurück. Erst als sie hundert Schritte von dem Jungen entfernt waren, glaubten sie, sicher zu sein. Sie legten sich der Länge nach ins Gras und warteten darauf, dass Kleiner Falke wieder auf eines seiner Ponys stieg. Wenn er so lange blieb wie gestern und vorgestern, war es gleich so weit. Blitzfrau kicherte leise, als sie sich vorstellte, wie der Junge von einem Pony auf das andere sprang, auf der losen Satteldecke ausrutschte und im hohen Bogen im Büffelgras landete. Aiee, es war schon ein Segen, dass Kleiner Falke die ausgestopften Satteldecken benutzte und nicht auf dem bloßen Rücken des Ponys ritt wie Roter Mond und die meisten anderen Jungen.
    Kleiner Falke erhob sich und ging zu den Ponys. Er nahm die Zügel und schwang sich auf den Rücken des einen Tieres. Mit einem Hackentritt lenkte er es aus dem Schatten der Bäume. Das andere Pony führte er an den Zügeln. Die Satteldecke lag sicher unter ihm, und Büffelfrau hatte schon Angst, dass ihr Plan nicht aufgehen würde. »Wenn er springt, verrutscht die Decke bestimmt«, beruhigte Blitzfrau ihre Freundin, »ich habe ihn genau beobachtet. Unser Plan geht auf, das verspreche ich.«
    Die Mädchen warteten, bis Kleiner Falke aus dem Tal geritten war, dann sprangen sie auf und rannten ihm nach. Sie wollten auf keinen Fall zu spät kommen. Sie stürmten den Hang hinauf und blieben atemlos zwischen einigen Sträuchern stehen. Der Junge hatte die anderen Mädchen erreicht und schickte sich gerade an, mit seinen Kunststücken zu beginnen. »Spring!«, rief Blitzfrau und schlug sich in ihrer Vorfreude auf die Schenkel. »Spring, damit wir was zu lachen haben, du Dummkopf!«
    Kleiner Falke tat ihr nicht den Gefallen. Anders

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