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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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als an den vorangegangenen Tagen wollte er diesmal mit einem anderen Trick beginnen, und der passte noch besser in den Plan der Mädchen. Er stieß den hellen Triumphschrei der Hügelleute aus und ließ sich wie von einer Geisterhand gestoßen auf die linke Seite des Ponys fallen. Ein schwieriges Unterfangen, wenn man keinen richtigen Sattel benutzte, weil er seinen rechten Fuß unter die gepolsterte Satteldecke schieben musste, um nicht herunterzufallen. Der Junge hatte diesen Trick viele Monde lang geübt, und er war in letzter Zeit immer gelungen. Er hörte schon den Beifall und sonnte sich bereits in seinem neuen Ruhm. Die Mädchen würden ihm zu Füßen liegen und ihren Eltern von seinem Kunststück berichten. Sein rechter Fuß verhakte sich unter dem Rand der Büffelhaut, die Decke löste sich, und er flog wie ein nasser Sack vom Rücken des Tieres. Er schlug auf den trockenen Boden, überschlug sich und blieb liegen.
    Die Mädchen lachten laut. »Kleiner Falke, der beste Reiter des Volkes!«, rief Blitzfrau. »Warum bist du von deinem Pony gesprungen?«, machte Otterfrau sich über den Jungen lustig. Büffelfrau schmunzelte nur, und der Junge tat ihr fast ein wenig leid, als er aufstand, sich den Staub aus der Kleidung klopfte und verlegen seine Ponys einfing. Er hatte natürlich längst gemerkt, dass die Mädchen ihm einen Streich gespielt hatten. Er hob die gefüllte Satteldecke auf, warf sie auf den Rücken des nackten Ponys und schwang sich darauf. »Das werdet ihr mir büßen!«, drohte er den Mädchen und schwang eine Faust. »Glaubt nicht, dass ich das ungestraft lasse!« Er ritt ins Dorf und war froh, dass ihn die anderen Jungen nicht gesehen hatten.

7
Lehrzeit
    Am Tag, als die Krieger zurückkehrten, saß Büffelfrau bei Sieht-hinter-die-Berge und sah zu, wie der alte Schamane seine Pfeife stopfte. Er saß mit gekreuzten Beinen vor dem flackernden Feuer und hielt die heilige Pfeife, die er nur zu ganz besonderen Gelegenheiten aus der Antilopenhaut wickelte. Die dunklen Wolken eines Frühlingsgewitters hingen über dem Dorf, und schwere Regentropfen prasselten auf das Tipi. Der große Donnervogel ließ die Erde unter seinem Flügelschlag erzittern.
    Sieht-hinter-die-Berge stopfte die heilige Pfeife mit seinem Lieblingstabak, einer Mischung aus Tabak, Kräutern und roten Beeren, und bestäubte ihn mit einem Pulver aus Büffeldung. Er nickte dem Mädchen zu, und Büffelfrau griff zögernd nach einem glühenden Span. Sie empfand es als große Ehre, den Tabak in der heiligen Pfeife entzünden zu dürfen. Sie sagte kein Wort und bemühte sich, kein Geräusch zu verursachen, während sie den Span an den Tabak hielt und wartete, bis Rauch aus der Pfeife zog. Angenehmer Duft verbreitete sich im Tipi.
    Der Schamane hielt die Pfeife nach oben und sagte: »Großer Geist, der du im Himmel wohnst, rauche! Ich bin arm und kann dir keine Reichtümer geben, aber ich verneige mich vor deiner Größe und bitte dich, unser Volk zu beschützen. Sorge dafür, dass die Büffel zu uns kommen, und gib uns genug Fleisch für den Winter. Beschütze dieses Mädchen, das wir Büffelfrau nennen, und gib ihr die Kraft, mein Erbe anzutreten. Höre sie an, wenn sie um Hilfe bittet, und gib ihr Kraft, wenn sie mit den Männern auf die Jagd geht. Ich weiß, dass sie ein besonderes Mädchen ist und die Kraft eines Häuptlings besitzt.«
    Er hielt die Pfeife nach unten und sagte: »Geist der Erde, rauche! Sorge dafür, dass der Boden fest bleibt und wir auch weiterhin darauf gehen können. Lass die Pflanzen und die Wurzeln wachsen und gib uns immer genug zu essen. Lass die Flüsse und Bäche fließen und gib uns immer genug zu trinken.«
    Er hielt die Pfeife in alle vier Himmelsrichtungen und sagte: »Geister der vier Richtungen, raucht! Atmet nicht zu heftig und lasst unsere Tipis auf dem Boden stehen. Zieht mit diesem Mädchen, wenn sie nach ihrem Schutzgeist sucht, und beschützt sie auf der Jagd und im Land unserer Feinde.« Dann rauchte er selbst, und der Rauch breitete sich wie Nebel in dem Tipi aus. Die Zeltklappe war wegen des Regens geschlossen, und den Eingang hatte Sieht-hinter-die Berge zugebunden, wie er es bei jeder heiligen Handlung tat. Er starrte in das Halbdunkel und betete still weiter, bis er die beruhigende Wirkung des Tabaks spürte, dann lehnte er sich zurück und forderte Büffelfrau auf, die Klappe zu öffnen.
    Sie führte den Befehl stumm aus und setzte sich wieder ans Feuer. Es war ein wichtiger Augenblick in

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