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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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niemand etwas anhaben.
    Ein erfahrener Krieger wäre einen Bogen geritten, um vor die Feinde zu kommen und sie zu überraschen. Büffelfrau war nicht erfahren. Sie war auch nicht klug, nicht in diesem Augenblick. Sie hatte nur den einen Gedanken, diese drei Ho-he zu töten und dem weißen Mann das Leben zu retten. Dem weißen Mann? Warum? Gedanken blitzten vor ihren Augen auf und verschwanden wieder. So war es immer vor dem ersten Kampf, das hatten die alten Krieger erzählt. Die Gedanken quälten einen bis zum letzten Augenblick. Sie schüttelte die dunklen Bilder ab und beugte sich weit im Sattel nach vorn.
    Ein Ho-he wartete hinter einem umgestürzten Baumstamm. Er lag flach auf dem Boden und hatte einen Pfeil auf seinen Bogen gespannt. Er war ein erfahrener Krieger und hatte viele Coups geschlagen, aber er hatte noch nie eine kämpfende Frau gesehen und hob verwirrt den Kopf, als Büffelfrau zwischen den Bäumen auftauchte. Dieser Augenblick kostete ihn das Leben. Der Pfeil der jungen Frau bohrte sich durch seinen Hals, und er stürzte blutüberströmt zu Boden. Büffelfrau ritt weiter. Den Skalp des toten Kriegers konnte sie später nehmen, wenn sie die anderen Ho-he erwischt hatte.
    Sie ritt weiter, spannte einen zweiten Pfeil auf ihren Bogen. Ihr Gesicht war angespannt. Sie lenkte das Pony mit den Schenkeln, hielt den gespannten Bogen mit beiden Händen. Sie ritt durch einen schmalen Bach und über das moosbewachsene Ufer.
    Wo waren die anderen Ho-he? Ihr Blut pulsierte, ihr Blick geisterte durch das dichte Laub. Das Sonnenlicht hing in dünnen Schleiern zwischen den Bäumen. Ein Eichhörnchen huschte über den Boden und verschwand hinter einem Baum. Einige Vögel stoben aufgeregt aus dem Unterholz.
    Sie erreichte den Waldrand und galoppierte in die Senke, die zu einem schmalen Fluss hinabführte. Am Ufer warteten die Ho-he. Ein Krieger mit drei Adlerfedern im Haar und einer bemalten Lanze und ein Junge von höchstens zehn Wintern. Sie erstarrten zu Stein, als sie die junge Frau am Waldrand sahen und den schrillen Kriegsruf der Hügelleute hörten. Warum hatte Bär-auf-dem-Hügel sie nicht getötet? Einer der tapfersten Krieger der Ho-he? Wie kam es, dass er gegen eine junge Frau der Halsabschneider den Kürzeren zog? Was war geschehen?
    Auch Steht-aufrecht, der ältere Bruder des gefallenen Bär-auf-dem-Hügel, wurde ein Opfer seiner Gedanken. Er wunderte sich immer noch, dass eine junge Frau, ein Mädchen fast, einen erfahrenen Krieger der Ho-he besiegt hatte, als der Pfeil seine Brust durchschlug. Ohne einen Schmerzenslaut ging er zu Boden. Der Junge beobachtete entsetzt, wie Blut aus der Wunde des getroffenen Kriegers quoll, und sang sein Todeslied, als er die junge Frau auf sich zureiten sah. Sie gehörte zu den Halsabschneidern, das erkannte er an den bunten Verzierungen ihrer Mokassins und ihrem ebenmäßigen Gesicht. Sie waren schön, die Frauen der Halsabschneider, und einige seiner Verwandten hatten es sogar darauf abgesehen, diese Frauen zu stehlen und in ihr Tipi zu entführen.
    Büffelfrau berührte den toten Krieger mit ihrem Bogen und sah den Jungen an. Er sang immer noch, aber seine Stimme war leiser geworden, und in seinen Augen schimmerte Furcht. »Ich bin Büffelfrau, die heilige Frau der Hügelleute«, gab sie ihm zu verstehen. Sie benutzte die Zeichensprache, die alle Bewohner der weiten Ebenen verstanden. Ihr rechter Zeigefinger bewegte sich wie ein Messer über ihren linken Unterarm, das Zeichen für tsis tsis tas, das von den Feinden als »Halsabschneider« missverstanden wurde. Die Shar-ha behaupteten sogar, dass die Cheyenne ihren toten Feinden den Kopf abtrennten und damit Fußball spielten, obwohl das niemals geschehen war.
    Der Junge erklärte zögernd, dass er Wiesel gerufen wurde und zu den tapferen Ho-he gehörte. »Töte mich!«, forderte er Büffelfrau auf. »Dies ist ein guter Tag zum Sterben.« Seine Worte klangen mutig, aber tief in seinen schwarzen Augen stand die nackte Angst.
    Büffelfrau schüttelte den Kopf. »Reite zurück zu deinem Volk!«, sagte sie ruhig. »Sage ihnen, dass Büffelfrau zwei ihrer besten Krieger getötet hat.« Sie wandte sich ab und fing die Ponys der toten Männer ein. Als sie zur Leiche von Steht-aufrecht zurückkehrte, war der Junge verschwunden. Sie skalpierte den toten Krieger und reckte die blutige Trophäe zum Himmel. Der Kriegsruf der Hügelleute kam über ihre Lippen und hallte als unheilvolles Echo durch die Senke. »Ich bin Büffelfrau,

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