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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Tränen aus ihren Augen.

    »Die Einheimischen lieben dich«, bemerkte Marick, als sie durch die ausgedehnten Wälder ritten. Sie waren bereits seit einigen Stunden unterwegs, und die Schatten wurden länger. Leesha saß vor ihm auf dem breiten Sattel, und der Renner schien seine Last mühelos zu tragen.
    »Es gibt Momente, da glaube ich es sogar selbst«, erwiderte Leesha.
    »Wieso zweifelst du überhaupt daran?«, wunderte sich Marick. »Ein Mädchen, schön wie der junge Morgen, das obendrein sämtliche Krankheiten und Gebrechen heilen kann? Man kann gar nicht umhin, dich zu lieben.«
    Leesha kicherte vergnügt. »Ein Mädchen, schön wie der junge Morgen?«, wiederholte sie ironisch. »Geh zu dem armen Jongleur, von dem du diese Formulierung übernommen hast, und sag ihm, er soll sie nie wieder benutzen.«
    Marick lachte und zog sie ein wenig enger an sich. »Ich muss dich daran erinnern«, raunte er in ihr Ohr, »dass wir noch gar nicht über meinen Lohn gesprochen haben. Was kriege ich dafür, dass ich dich nach Angiers mitnehme?«
    »Was du verlangst. Ich habe Geld«, erwiderte Leesha und fragte sich, wie lange ihr Vorrat an Münzen in Angiers reichen würde.
    »Ich auch«, lachte Marick. »Geld interessiert mich nicht.«

    »Welche Art von Bezahlung schwebt dir dann vor, Meister Marick?«, fragte Leesha. »Verlangst du etwa schon wieder einen Kuss?«
    Marick gluckste, und in seinen Wolfsaugen glomm ein gieriger Funke. »Ein Kuss war der Preis für das Abliefern eines Briefes. Dich wohlbehalten nach Angiers zu bringen, ist sehr viel … teurer.« Er machte eindeutige Bewegungen mit seinen Hüften, und sie wusste genau, was er meinte.
    »Du schlägst ja ein reichlich forsches Tempo an«, rügte Leesha ihn. »Wenn du so weitermachst, bekommst du von mir vielleicht nicht mal einen Kuss.«
    »Wir werden ja sehen«, erwiderte Marick.
    Nicht mehr lange, und sie schlugen ihr Lager auf. Leesha bereitete das Abendessen zu, während Marick den Bannzirkel auslegte. Als der Eintopf fertig war, streute sie ein paar zusätzliche Kräuter in Maricks Schüssel, ehe sie ihm die Mahlzeit reichte.
    »Iss rasch auf«, riet Marick ihr und begann, hastig sein Essen in sich hineinzulöffeln. »Bevor die Horclinge kommen, solltest du im Zelt sein. Ihr Anblick kann einen wirklich erschrecken.«
    Leesha warf einen Blick auf das Zelt, das Marick aufgeschlagen hatte; es schien kaum groß genug für eine Person zu sein.
    Er deutete ihre skeptische Miene richtig. »Es ist klein«, meinte er mit einem Augenzwinkern, »aber auf diese Weise können wir uns in der Kälte der Nacht gegenseitig wärmen.«
    »Wir haben Sommer«, erinnerte sie ihn.
    »Trotzdem fühle ich jedes Mal eine kühle Brise, wenn du mit mir sprichst.« Marick schmunzelte. »Vielleicht finden wir eine Möglichkeit, um dich aufzutauen. Außerdem«, fügte er hinzu und deutete auf eine Stelle hinter dem Bannzirkel, wo die ersten
nebelhaften Gestalten der Horclinge bereits aus dem Boden aufstiegen, »kannst du ja nicht weglaufen.«

    Er war stärker als sie, und ihr Sträuben nützte ihr genauso wenig wie ihre Bitten, er möge von ihr ablassen. Begleitet vom Geschrei der Horclinge erduldete sie seine Küsse und derben Liebkosungen, die er mit rauen, ungeschickten Händen ausführte. Und als seine Manneskraft versagte, tröstete sie ihn mit beruhigenden Worten und bot ihm ein Kräftigungsmittel aus Kräutern und Wurzeln an, das seinen Zustand jedoch nur verschlimmerte.
    Manchmal wurde er wütend und sie befürchtete, er könnte sie schlagen. Zuweilen weinte er vor lauter Frustration, weil er sich nicht mehr als richtiger Mann fühlte. Doch all dies hielt Leesha aus, denn sie fand, diese Art von Prüfung sei kein zu hoher Preis, um nach Angiers zu gelangen.
    Ich rette ihn vor sich selbst, dachte sie jedes Mal, wenn sie die Kräuter unter sein Essen mischte, die verhinderten, dass er den Akt vollziehen konnte. Welcher Mann will schon ein Vergewaltiger sein? Aber in Wahrheit empfand sie so gut wie kein Mitleid. Es gefiel ihr nicht, dass sie ihr Wissen dazu benutzte, ihn seiner Potenz zu berauben, doch tief in ihrem Inneren spürte sie eine kalte Zufriedenheit; es war, als würden sämtliche Frauen, die seit dem Zeitpunkt vor unzähligen Äonen gelebt hatten, als ein Mann zum ersten Mal eine Frau zu Boden warf und sie schändete, ihr voll grimmiger Genugtuung zunicken und sie dafür loben, dass sie Marick entmannt hatte, bevor er sie entjungfern konnte.
    Die Tage vergingen quälend

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