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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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sie die Straße entlang. Das Pferd, das die heraufziehende Dunkelheit fürchtete, schlug ein rasantes Tempo an.
    Arlen wandte sich wieder Silvy zu und schluckte seinen Groll und seine Verbitterung herunter. Hilflos musste er mitansehen, wie seine Mutter auf der Ladefläche hin und her gerüttelt wurde, als die Räder über Steine und Furchen hüpften, doch Silvy reagierte überhaupt nicht auf diese Wahnsinnsfahrt. Egal, was sein Vater dachte, Arlen wusste, dass sich ihre Überlebenschancen gerade halbiert hatten.

    Die Sonne war beinahe untergegangen, als sie das einsame Gehöft erreichten. Jeph und Missy schienen beide in Panik zu sein, und das Pferd brauchte gar nicht erst angetrieben zu werden. Arlen war in den hinteren Teil des Karrens geklettert und bemühte sich, seine Mutter vor den schlimmsten Sprüngen des Fuhrwerks zu schützen. Er hielt sie fest und versuchte, die Stöße mit seinem Körper abzufedern, wenn der Wagen wieder einmal wilde Sätze durch die Luft machte und dann hart auf dem unebenen Boden aufprallte.
    Aber alles konnte er ihr nicht ersparen; er merkte, wie die von Coline mit solcher Sorgfalt gesetzten Nähte aufplatzten, die Wunden sich öffneten und wieder zu eitern begannen. Wenn das Dämonenfieber Silvy nicht dahinraffte, dann brachte sie vermutlich diese mörderische Wagenfahrt um.
    Jeph fuhr mit dem Karren gleich vor die Veranda und brüllte: »Harl! Wir brauchen Hilfe!«
    Noch ehe sie vom Wagen herunterspringen konnten, wurde die Tür aufgerissen. Ein Mann in einer abgewetzten Latzhose
kam herausgestürmt, in den Händen hielt er eine lange Mistgabel. Harl war sehr dünn und knorrig; er wirkte zäh wie Dörrfleisch. Dicht auf dem Fuß folgte ihm Ilain, die so üppig ausgestattete junge Frau; sie war mit einer großen Metallschaufel bewaffnet. Als Arlen Ilain das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie geweint und einen verängstigten Eindruck gemacht, doch nun lag kein furchtsamer Ausdruck in ihren Augen. Ohne auf die herankriechenden Schatten zu achten, marschierte sie forsch auf das Fuhrwerk zu.
    Harl nickte, als Jeph Silvy aus dem Wagen hob. »Bring sie ins Haus«, befahl er, und Jeph beeilte sich, der Aufforderung nachzukommen; als er den Hof überquerte, entfuhr ihm ein tiefer Seufzer.
    »Öffne die Tür der großen Scheune!«, rief Harl Ilain zu. »In die kleine passt der Wagen nicht rein.« Ilain raffte die Röcke und hetzte los. Dann wandte er sich an Arlen: »Fahr den Wagen in die Scheune, Junge! Na los, mach schon!«
    Arlen fackelte nicht lange und trabte los, Missy am Zügel führend. »Die Zeit reicht nicht, um das Pferd auszuspannen!«, schrie der Bauer ihm hinterher. »Es geht nicht anders!« Bereits die zweite Nacht in Folge musste die Stute in den Deichseln stehen bleiben. Arlen fragte sich, ob Missy überhaupt noch mal ausgeschirrt würde.
    Harl und Ilain schlossen eilig die Scheunentür und prüften die Siegel. »Worauf wartest du?«, schnauzte der Bauer Arlen an. »Lauf rüber zum Haus! Sie können jeden Moment hier sein!«
    Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da tauchten die Dämonen auch schon auf. Harl und Arlen flitzten über den Hof, während lange, dürre Arme und mit Hörnern bewehrte Köpfe direkt aus dem Erdboden zu wachsen schienen.
    Haken schlagend, nach links und rechts ausweichend, wieselten sie an den Tod bringenden Dämonen vorbei, beflügelt
von Angst und Adrenalin. Die ersten Horclinge fingen an, sich zu verfestigen; eine Gruppe von geschmeidigen Flammendämonen nahm die Verfolgung auf und drohte sie einzuholen. Während Arlen und Ilain weiterrannten, drehte Harl sich um und schleuderte seine Mistgabel mitten in die Horde hinein.
    Die Waffe traf mit voller Wucht die Brust des Dämons, der das Rudel anführte, und schmetterte ihn gegen seine Kumpane; doch selbst die Haut eines winzigen Flammendämons war zu zäh und narbig, um von einer Forke durchbohrt zu werden. Die Kreatur hob die Gabel mit ihren Krallen auf und blies dann einen Feuerstoß aus ihrem Rachen, der den hölzernen Stiel in Flammen aufgehen ließ. Die verbrannten Überreste pfefferte der Dämon zur Seite.
    Doch obwohl der Horcling unversehrt geblieben war, hatte der Wurf mit der Mistgabel den Ansturm erst einmal verzögert. Im Nu formierte sich die Rotte neu und stürmte abermals nach vorn, aber sowie Harl auf die Veranda hechtete, kam der Angriff abrupt zum Stehen. Die Horclinge prallten an einer Reihe von Siegeln genauso jählings ab, als wären sie gegen eine Ziegelmauer gerannt.

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