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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Während die Magie grell aufflackerte und die Dämonen auf den Hof zurückwarf, stürmte Harl ins Haus. Er knallte die Tür zu und verriegelte sie, dann lehnte er sich schwer mit dem Rücken dagegen.
    »Gelobt sei der Schöpfer!«, ächzte er matt, kreidebleich und keuchend.

    Die Luft in dem Haus war stickig und verbraucht; es stank nach Abfällen und Mief. Die mit Wanzen verseuchten Binsen, mit denen der Boden ausgelegt war, sogen ein wenig von dem
Wasser auf, das durch das schadhafte Dach sickerte, aber sie waren alles andere als frisch. Zwei Hunde und mehrere Katzen teilten die Behausung mit den Menschen, und man musste gut aufpassen, wohin man trat. Über der Feuerstelle hing ein steinerner Kessel und verpestete die ohnehin schon schlechte Luft noch zusätzlich mit den säuerlichen Dünsten eines ewig vor sich hin köchelnden Eintopfs, der dauernd mit irgendwelchen Zutaten gestreckt wurde. Ein aus lauter Flicken zusammengenähter Vorhang in einer Ecke schirmte den Nachttopf ab und sorgte für etwas Privatsphäre, wenn man seine Notdurft verrichten musste.
    Arlen mühte sich damit ab, Silvys Verbände zu erneuern; danach betteten Ilain und ihre Schwester Beni sie in ihre eigene Kammer, während Harls jüngste Tochter, Renna, für Arlen und seinen Vater zwei weitere rissige Holzschalen auf den Tisch stellte.
    In dem Haus gab es nur drei Zimmer; eines teilten sich die Mädchen, das zweite gehörte Harl, und in dem gemeinschaftlich genutzten Raum wurde gekocht, gegessen und gearbeitet. Ein zerfetzter Vorhang teilte den Bereich, in dem der Herd und der Esstisch standen, vom Rest der Stube ab. Und von hier aus führte eine mit Siegeln bemalte Tür in den kleinen Schuppen.
    »Renna, nimm Arlen mit und prüfe die Siegel. Die Männer können sich noch ein Weilchen unterhalten, während Beni und ich das Abendessen zubereiten«, bestimmte Ilain.
    Renna nickte, packte Arlen bei der Hand und zog ihn von den anderen weg. Mit ihren zehn Sommern war sie fast so alt wie Arlen, und unter all dem Schmutz hatte sie ein hübsches Gesicht. Sie trug ein schlichtes, hemdähnliches Gewand, das schon sehr fadenscheinig, aber ordentlich geflickt war; das braune Haar hatte sie mit einem ausgefransten Stoffstreifen zu
einem Zopf zurückgebunden, doch einige Locken hatten sich aus der strengen Frisur gelöst und umrahmten ihr rundes Gesicht.
    »Dieses Siegel ist verwischt«, erklärte das Mädchen und deutete auf ein Symbol, das eine der Fensterbänke schützen sollte. »Wahrscheinlich ist eine Katze daraufgetreten.« Aus dem Kästchen mit der Siegelausrüstung nahm sie einen Holzkohlestift und zog akkurat die unterbrochene Linie nach.
    »Das genügt nicht«, kritisierte Arlen ihren Versuch. »Die Striche sind nicht mehr einheitlich. Das schwächt die Wirkung des Siegels. Du solltest es noch einmal ganz übermalen.«
    »Ich darf kein neues zeichnen«, flüsterte Renna. »Wenn ich eines finde, das ich nicht ausbessern kann, muss ich es Vater oder Ilain erzählen.«
    »Ich kann das übernehmen«, erbot sich Arlen und nahm ihr den Kohlestift ab. Sorgfältig wischte er das alte Siegel fort und säuberte die Stelle; dann malte er mit sicherer Hand ein frisches Symbol. Als er damit fertig war, trat er ein Stück zurück, inspizierte den gesamten Bereich um das Fenster und erneuerte flink ein paar weitere Zeichen.
    Während seiner Arbeit wurde Harl auf ihn aufmerksam und wollte nervös aufstehen, doch ein Wink und ein paar überzeugende Worte von Jeph brachten ihn dazu, dass er seinen Platz wieder einnahm.
    Arlen nahm sich die Zeit, sein Werk zu bewundern. »Selbst ein Felsendämon kommt hier nicht mehr durch«, behauptete er stolz. Er drehte sich um und merkte, dass Renna ihn anstarrte. »Was ist?«, fragte er.
    »Du bist größer, als ich dich in Erinnerung habe«, antwortete das Mädchen, schlug die Augen nieder und lächelte schüchtern.

    »Na ja, es ist ja auch schon ein paar Jahre her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben«, meinte Arlen, der nicht recht wusste, was er auf diese Bemerkung erwidern sollte. Nachdem sie ihren Kontrollgang beendet hatten, rief Harl seine Tochter zu sich. Er und Renna tuschelten leise miteinander, und Arlen bekam mit, wie sie ein-, zweimal verlegen in seine Richtung schielte, doch was gesagt wurde, konnte er nicht verstehen.
    Zum Abendessen gab es einen deftigen Eintopf aus Pastinaken und Mais, mit Fleischbrocken darin, die Arlen nicht identifizieren konnte, aber man wurde davon satt. Während der Mahlzeit

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