Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
Vom Netzwerk:
sagte, das sei doch nur ein weiterer Trick. Er würde das Geld so lange behalten, bis er mit Sicherheit wisse, dass der Junge noch lebe. Gib mir einen Beweis und bringe mich dann zu ihm. Sobald ich ihn in Gewahrsam habe, bekommst du das Geld. Doch in diesem Moment hörte er die Schreie der Gräfin. Schnell versteckte er das Geldbündel wieder unter seiner Tunika und rannte los. Er fand sie mit blutverschmiertem Gesicht in einer Seitenstraße, wo sie auf einen Dorfjungen deutete, der Michails Wollumhang trug.
    Als er später zu dem Vater des taubstummen Jungen zurückging, um ihn auszufragen, sagte er zu ihm: » Los, sag mir die Wahrheit. « Der junge Mann blinzelte nervös und schluckte, und da wusste Grischa, dass er etwas verschwieg. » Erinnerst du dich, wie ich im Frühling nach Tuschinsk gekommen bin, auf der Suche nach dem verschwundenen Kind der Grundbesitzer? «
    Der Mann nickte.
    » Du weißt also, wer ich bin. «
    Wieder nickte der Mann.
    » Du hast nichts von mir zu befürchten. Alles, was ich will, ist, das Kind zu finden und es zu seiner Mutter zurückzubringen. «
    Der Mann sah verstohlen über Grischas Schulter hinweg zu Antonina.
    » Dir droht keine Strafe, wenn du mir sagst, was du weißt. Ich gebe dir mein Wort. Also sprich! «
    Da sagte der junge Bauer, den Arm schützend um seine Frau geschlungen, dass man ihn im Sommer gezwungen habe, den Jungen zu verstecken, ein paar Monate, nachdem Grischa auf der Suche nach ihm nach Tuschinsk gekommen war. Drei Männer hätten den Jungen gebracht. Das müsse irgendwann Anfang Juli gewesen sein; jedenfalls stand die Gerste schon hoch. Sie waren nachts an seine Tür gekommen. Er erinnerte sich, dass es eine schwüle Nacht gewesen war und dass der Junge seinen Mantel über dem Arm trug. Er drückte ihn fest an sich; die talmotschka war alles, was er bei sich hatte. Ferner erzählte der Mann Grischa, man habe ihn ausgewählt, um den Jungen zu verstecken, weil seine Frau und sein Sohn taubstumm seien; sie konnten sich nur mit ihm unterhalten, und niemand beachtete sie. Die Männer sagten zu ihm, wenn er jemandem verrate, dass er den Jungen in seiner Hütte verstecke, oder ihm erlaube, die Hütte zu verlassen, würden sie sein eigenes Kind töten.
    » Ich hab gewusst, dass es der entführte Junge des Grundbesitzers ist. Aber was hätt ich denn tun sollen? « , sagte er zu Grischa. » Ich kann doch nicht das Leben meines eigenen Sohnes wegen einem fremden Kind aufs Spiel setzen. «
    Grischa sah den taubstummen Jungen an, der den Kopf an den Arm seiner Mutter schmiegte. » War Michail … war der Junge bei guter Gesundheit? «
    » Er war dünn und schmutzig, seine Sachen waren abgerissen und seine Haare lang; an Armen und Beinen hatte er ein paar blaue Flecken. Er hat kaum etwas gesprochen, hat mich nur angefleht, dass ich ihm helfen soll zu fliehen. Er hat gemeint, sein Vater würde Hunderte von Rubel bezahlen. « Der Bauer nahm einen tiefen Atemzug. » Ich habe ihm gesagt, sein Vater ist jetzt machtlos, und da hat der Junge mich schlagen wollen. Ich hab gesehen, dass er Angst hatte, aber mir war klar, dass es nicht einfach sein würde, auf ihn aufzupassen. Deswegen musste ich dafür sorgen, dass er meinem eigenen Jungen nichts antun kann. « Er legte seinem Sohn die Hand auf den Kopf, und als er weitersprach, hatte seine Stimme einen aufsässigen Klang.
    » Ich habe ihm eine Lehre erteilt, damit er spurt. Ich musste ihn fesseln und anbinden, damit er nicht flüchten konnte. Eine Woche später haben die Männer ihn geholt und weggebracht, wieder mitten in der Nacht. Er hat geschlafen, als sie ihn losgebunden und hinausgezerrt haben. Deswegen hat er auch seinen Mantel hiergelassen. « Der Mann sah Grischa eindringlich an. » Haben Sie Kinder? «
    Grischa schüttelte den Kopf. Er war sich des Zuckens in seiner rechten Wange bewusst.
    » Wenn sie welche hätten, würde Sie verstehen, warum ich getan hab, was ich getan hab. « Der junge Mann hatte einen trotzigen Gesichtsausdruck.
    Grischas Blick glitt zu dem schmutzigen Kind des Mannes. » Wie die Gräfin versprochen hat, lass ich Ihnen einen neuen Mantel für Ihren Sohn schicken. Und eine kleine Belohnung – dafür, dass Sie ehrlich zu mir waren. « Er drehte sich um und kehrte zu Antonina zurück, die zusammengesunken auf ihrem Pferd saß.
    Während sie nun nach Angelkow zurückreiten, ruft sich Grischa die beiläufige Bemerkung des Mannes ins Gedächtnis, dass er den Jungen geschlagen und gefesselt habe. Er fragt

Weitere Kostenlose Bücher