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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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du nach dem Doktor geschickt? «
    » Nein, gnädige Frau. Es war ja niemand da, um es anzuordnen. Da Sie nicht da waren, sind wir zu Grischas Haus gegangen. Aber er war ebenfalls nicht auf Angelkow. « Pawel sieht sie an, ein paar Sekunden zu lange, wie ihr scheint.
    » Dann schick auf der Stelle Ljoscha zu Dr. Molow. Ich bin ja jetzt wieder da und ordne es an. «
    Das ist bereits die Strafe Gottes für ihr liederliches Verhalten in der Datscha, denkt sie. Kaum ist sie zu Hause, lässt er sie wissen, dass ihre Sünde nicht ungestraft bleibt.
    Lilja folgt ihr in ihr Zimmer, aber Antonina hebt Tinka hoch und sagt ihr, dass sie allein sein möchte. Sie schließt die Tür ab und breitet Mischas Mantel über die Fensterbank. Sie wäscht sich und zieht frische Sachen an. Mit dem Mantel im Schoß sitzt sie da und streicht darüber; Tinka ist neben ihr eingeschlafen.
    Schließlich steht sie von der Fensterbank auf und geht zum Spiegel, um ihre geschwollene Nase zu begutachten. Auch unter den Augen hat sie einen Bluterguss. Voller Scham denkt sie daran, wie sie sich vergangene Nacht einem anderen hingegeben hat, während ihr Mann in der Dunkelheit herumirrte. Sie will jetzt in Gedanken ganz bei ihrem verschwundenen Sohn sein und kniet in der Ecke nieder, wo sie immer ihre Gebete spricht. Vor dem kleinen Tisch mit ihren Ikonen beichtet sie Gott und der Muttergottes, dass sie gegen eines der Zehn Gebote verstoßen und eine Todsünde begangen hat. Sie bittet um Vergebung für ihren Ehebruch und ihre fleischliche Begierde.
    Während Antonina am Abend abermals auf der Fensterbank sitzt, kommt Lilja herein.
    » Guten Abend, Tosja « , sagt sie und wirft einen verstohlenen Blick auf Michails Mantel, der, schmutzstarrend und blutbefleckt, in Antoninas Schoß liegt. » Ich habe dir heiße Schokolade gemacht. « Sie stellt das Silbertablett mit dem hohen, dampfenden Becher auf das Tischchen neben der Bank und geht zum Bett, um die Bettdecke zurückzuschlagen. » Hat der Doktor dir etwas gegen die Schmerzen gegeben? «
    » Sehe ich so schlimm aus, Lilja? « , fragt Antonina, indem sie deren Frage übergeht.
    » Nun, du wirst bald wieder aussehen wie vorher, Tosja. « Lilja streicht die Kissen glatt. » Der Nasenbruch wird bald verheilen. Das Pflaster, das der Doktor daraufgeklebt hat, wird dafür sorgen, dass sie wieder gerade zusammenwächst, und … « Sie unterbricht sich, dreht sich zu Antonina um und atmet scharf ein.
    » Tosja, was ist mit dir los? Du siehst so … anders aus. « Es sind nicht nur die dünnen Pflasterstreifen, die Antoninas Nasenrücken bedecken, und auch nicht der Bluterguss in ihrem Gesicht, da ist noch etwas anderes. Etwas, was an Antoninas Zustand unmittelbar nach Michails Entführung erinnert – als sie sich in einer Art Schockzustand befand.
    » Ich sehe anders aus? Wie würdest du dich denn an meiner Stelle fühlen? « , sagt Antonina. Sie birgt das Gesicht in beiden Händen.
    Lilja ist verwirrt. Als Antonina vergangene Nacht nicht nach Hause kam, war sie krank vor Sorge. Während der Doktor bei Konstantin war, hat Antonina ihr von dem Jungen erzählt, den sie am Vortag sah und der Mischas Mantel trug, und wie sie sich die Nase brach. Als es dann zu regnen begonnen habe, habe sie Grischa vorgeschlagen, zu dem Gut von Prinz und Prinzessin Bakanew zu reiten, das näher lag als Angelkow. Und die Bakanews hätten sie überredet, bei ihnen zu übernachten.
    » Tosja « , sagt Lilja flehend, » was ist los? Was willst du mir sagen? «
    Antonina hebt das Gesicht aus ihren Händen und sieht sie an, ohne zu antworten.
    Lilja sinkt auf die Knie und ergreift Antoninas Hände. » Ist es wegen Mischa? « , sagt sie im Flüsterton. » Gibt es noch etwas, abgesehen von dem Mantel und dem Zettel darin? « Gewiss hat das gestrige Erlebnis mit Mischas Mantel sie wieder aufgewühlt, denkt Lilja. Woher sonst rührt dieser seltsame Ausdruck der Angst in ihrem Gesicht? Aber sie spürt, da ist noch etwas.
    Von einem Moment auf den anderen verschließt sich Antoninas Miene, und sie entzieht Lilja ihre Hände. » Nein. Es gibt nichts Neues über Mischa. « Sie dreht sich zum Fenster und blickt in die schwarze Nacht hinaus.
    Lilja ist noch immer auf den Knien. » Willst du, dass ich Mischas Mantel wasche? « , fragt sie.
    Antonina stimmt murmelnd zu.
    Lilja weiß, dass etwas Bedeutendes geschehen ist, kann sich aber beim besten Willen nicht ausmalen, was es sein könnte.
    Früh am nächsten Morgen, als Antonina noch im Bett liegt,

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