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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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die es zuvor in dem tiefen Schnee gebahnt hat. Ljoscha kann die Straße nicht erkennen. Das grelle Weiß blendet ihn. Besäße das Pferd nicht einen untrüglichen Orientierungssinn, würden sie Gefahr laufen, in ein Feld zu geraten, um dort vor Erschöpfung zu sterben. Der Ritt, der unter normalen Umständen kaum zwei Stunden dauert, hat Ljoscha sechs Stunden gekostet; als sich das Pferd die lange Auffahrt zum Gutshaus hochschleppt, dämmert es bereits.
    Aber mittlerweile ist sein Araber zu erschöpft, um die hohen Schneewehen zu überwinden, die sich vor den Stallungen gebildet haben. Ljoscha kneift die Augen zusammen und versucht auszumachen, wo sie genau sind, aber er kann nur den dunklen Umriss des Gutshauses erkennen, während die kleineren Nebengebäude vom Schneegestöber verschluckt werden. Er lässt sich aus dem Sattel gleiten, nimmt das Pferd am Zügel, stemmt sich gegen den Wind und stapft in Richtung Gutshaus.
    Vor der Verandatreppe bricht er zusammen, und er braucht ein paar Minuten, um genug Kraft zu sammeln und sich wieder aufzurichten. Auf allen vieren kriecht er zur Haustür und pocht daran. Einen Augenblick später wird sie aufgerissen, und er sieht Lilja und Grischa im Türrahmen stehen, während sich Pawel, Olga, Raisa, Fjodor und Nuscha – sämtliche Dienstboten, die Angelkow die Treue gehalten haben – hinter ihnen zusammendrängen.
    Als Ljoscha durch die Tür taumelt, schiebt sich Grischa an ihm vorbei ins Freie und führt das Pferd in die große, weitläufige Eingangshalle. Eiszapfen hängen von den Nüstern und dem Unterkiefer der armen Kreatur, und seine Mähne ist mit einer steinharten Eisschicht überzogen. Es zittert heftig.
    Während die Frauen Ljoscha in die Küche führen, holt Fjodor ein paar Decken, und er und Grischa reiben das Pferd damit trocken. Nach einer Weile lässt Grischa den Araber in Fjodors Obhut und begibt sich in die Küche.
    Ljoscha liegt eingehüllt in eine dicke Decke neben dem Herd auf dem Boden, allem Anschein nach am Ende seiner Kräfte. Lilja kniet neben ihm. Sie hat ihm Stiefel und Socken ausgezogen und reibt energisch seine Füße.
    Als Ljoscha nicht zum Mittagessen in die Küche kam, suchte Lilja zuerst im Dienstbotenquartier nach ihm, und als sie ihn dort nicht fand, in den Stallungen. Sie war immer noch wütend auf ihn, aber als sie den leeren Pferdeständer des Arabers sah, bekam sie es doch mit der Angst zu tun. Wo war Ljoscha in diesem Schneesturm hingeritten? Sie stapfte durch den kniehohen Schnee zu Grischas Haus und sagte ihm, dass Ljoscha verschwunden sei. Beide dachten das Gleiche: dass er, nachdem was dem Musiker zugestoßen war, nicht mehr auf Angelkow hatte bleiben wollen. Er hatte beschlossen, keinem von ihnen etwas zu sagen – wer wollte es ihm verübeln? –, und war stillschweigend weggeritten. Lilja fragte sich, ob er vielleicht bei der Familie von Anja Fomowna untergeschlüpft war. Aber wohin auch immer er wollte, er würde in diesem Schneetreiben nicht weit kommen, das war ihnen ebenfalls klar.
    Grischa ging mit Lilja ins Gutshaus und setzte sich an den Küchentisch, den Blick auf die verschränkten Hände gerichtet, an denen die Fingerknöchel weiß hervortraten. Währenddessen beteten die Dienstboten vor der Ikone über dem Herd für Ljoschas glückliche Rückkehr.
    Endlich rührt sich Ljoscha. Es kostet ihn Mühe, sich aufzusetzen. Lilja reicht ihm eine dampfende Tasse. Grischa tritt neben ihn. » Sag mal, was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Du solltest doch wissen, dass man bei diesem Wetter kein Pferd aus dem Stall nimmt « , sagt er scharf. Indem er über das Wohlergehen des Pferdes redet, überspielt er, dass seine Angst vielmehr Ljoscha selbst galt.
    » Ich wollte sie zurückholen. Die Gräfin « , entgegnet Ljoscha. Seine Nasenspitze ist erfroren. » Ich wusste, dass sie bald kein Brennholz mehr hat und dass … «
    Lilja fällt ihm ins Wort. » Wo ist sie? «
    Grischa blickt von Ljoscha zu Lilja. » Aber du hast doch gesagt, sie wollte nach Sankt Petersburg? «
    » Sie ist in einer Datscha. Ungefähr sechs Werst von hier « , sagt Ljoscha. » Im Wald, in der Nähe von … «
    » Ich weiß, wo die Datscha ist « , sagt Grischa. » Warum wollte sie dorthin? «
    » Keine Ahnung, Grischa. Ich bin mit ihr dorthin geritten, wie sie es verlangt hat. «
    Grischa wendet sich Lilja zu. » Warum hast du mich angelogen? «
    » Sie hat es nicht gewusst « , sagt Ljoscha. » Ich sollte es niemandem sagen. Lilja hat nicht gewusst, wo

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