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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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ihre Flatterhaftigkeit. Sie interessierte sich ausschließlich für Gesellschaftsklatsch, die neueste Mode und die anstehenden Bälle. Das Leben der Prinzessin drehte sich nur um sie selbst und ihre Vorlieben: Sie verbrachte ihre Zeit mit Einkäufen, mit der Garderobe, die sie zu Beginn jeder neuen Saison anfertigen ließ, dem Planen aufwendiger Feste, die sich oftmals über eine ganze Woche hinzogen, und den ausgefallenen Vergnügungen, die erforderlich waren, um als Gastgeberin zu glänzen. Und nicht zuletzt mit dem nicht endenden Strom an Gästen, die anreisten und manchmal monatelang in der großen an der Newa gelegenen Residenz in Sankt Petersburg blieben. Auch ihre diversen amourösen Abenteuer nahmen viel Zeit in Anspruch. Ihr Mann wusste von ihren wechselnden Liebhabern, verschloss jedoch die Augen, da er selbst seine Affären hatte.
    Im Grunde führte jeder der Ehegatten sein eigenes Leben, fast so, als wären sie unverheiratet und ungebunden.
    Wenn Antoninas Mutter im Sommer hin und wieder für ein paar Wochen auf das Landgut kam, zog in dem großen Haus das gesellschaftliche Leben ein. Prinzessin Olonowa veranstaltete Tanz- und Musikabende und große Dinners für vierzig oder fünfzig Freunde. Sie scheute nicht einmal davor zurück, ihren jeweiligen Liebhaber im Gutshaus einzuquartieren. Wände und Türen ihres Schlafzimmers hatte sie mit einer dicken Filzschicht dämmen lassen, sodass keine verräterischen Geräusche an die Ohren der Bediensteten drangen. Darüber, dass ihr Gatte in ihr Zimmer kommen könnte, machte sie sich keine Sorgen. Das war nicht mehr vorgekommen, seit er erfahren hatte, dass sie mit Antonina schwanger war.
    Ihr Gatte legte mehr Diskretion an den Tag und bevorzugte eine andere Variante. Im Gegensatz zu seiner Frau, die normalerweise Männer ihres Standes zu ihren Liebhabern erkor – auch wenn sie einem Schäferstündchen mit einem gut aussehenden jungen Mann niedrigerer Herkunft nie abgeneigt war –, nahm sich der Prinz Frauen der Unterschicht als Geliebte. Allerdings hielt er sich zugute, sich nie mit einer seiner Hausleibeigenen zu vergnügen. Das hatte er als junger Mann zur Genüge bei seinem eigenen Vater gesehen. Sein Vater hatte sich, wann immer es ihm beliebte, eine Leibeigene ins Bett geholt und sich ihrer wieder entledigt, sobald er das Interesse an ihr verloren hatte. Dem Prinzen, damals fast noch ein Junge, war nicht entgangen, dass es für den alten Mann eine Art Spiel war: Wenn ihm bei einem seiner Ausritte über die Felder, bei denen er im Frühling die frische Saat oder im Herbst den Reifegrad der Frucht begutachtete, ein junges Mädchen mit frischem Teint ins Auge stach, wurde sie ins Haus beordert und in eine Dienstbotenuniform gesteckt, um zukünftig als Dienerin im Gutshaus zu arbeiten, in einer Welt, die ihr völlig fremd war. Aber meistens dauerte es nur wenige Wochen, bis sie die Regeln dieser neuen Welt begriffen hatte – und vor allem ihre Rolle darin.
    Dem jungen Prinzen blieb nicht verborgen, dass diese Mädchen nie lange blieben. Einige wurden in ihr Dorf zurückgeschickt, weil sie sich einfach nicht an ihren neuen Stand als Hausbedienstete gewöhnen konnten, hatte sich doch ihr ganzes bisheriges Leben in einer armseligen Hütte und auf dem Feld abgespielt. Plötzlich sollten sie lernen, fremdartige Speisen aufzutragen, Kleidungsstücke aus kostbarer Seide und Leinen zu waschen und zu bügeln oder wertvolles Porzellan abzustauben und schweres Familiensilber zu polieren. Andere wiederum verzehrten sich vor Heimweh nach ihren Müttern und vermochten den alten Prinzen mit seinen plumpen Verführungsversuchen nicht zufriedenzustellen, sodass man sie wieder ziehen ließ.
    Doch selbst wenn ein Mädchen seinen Wünschen Folge leistete und sich überdies in den Gutshaushalt einfügte, wurde sie nach einer gewissen Zeit ebenfalls entlassen, nämlich sobald sich bei ihr die ersten Zeichen einer Schwangerschaft zeigten. Dann schickte man sie in ihr Dorf zurück, wo ihr ein erbärmliches Dasein in Schimpf und Schande bevorstand; mit einem unehelichen Kind war sie für immer befleckt und nicht mehr zu verheiraten.
    Dem jungen Prinzen Olonow war dieses Hin und Her zu chaotisch und zu zeitaufwendig. Nein, er suchte nach einer eleganteren Lösung, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Und fand sie in den leibeigenen Schauspielerinnen.
    Wie zahlreiche andere wohlhabende Gutsbesitzer verfügte Prinz Olonow über ein Leibeigenenorchester und eine aus Leibeigenen

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