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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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jetzt gehen? «
    » Ja. «
    » Auf Wiedersehen, Prinzessin Olonowa. « Lilja verbeugte sich tief und wandte sich zum Gehen. Als sie sich einige Schritte entfernt hatte, rief Antonina ihr hinterher:
    » Wann bekommst du deinen neuen Welpen? «
    Lilja blieb nichts anderes übrig, als sich erneut umzudrehen und zu verbeugen. » Nächste Woche. Papa hat mir heute Morgen einen Wurf gezeigt, die Kleinen sind so gut wie entwöhnt. Er hat gesagt, ich kann mir einen aussuchen. «
    Antonina dachte an ihren eigenen Vater. Würde er das auch für sie tun? Sie war sich nicht sicher. » Dann komme ich nächste Woche nach Kaschra, um ihn anzuschauen. «
    Lilja machte erneut eine kleine Verbeugung. » Wie Sie wünschen, Prinzessin. «
    Aber Antonina wollte sie offenbar immer noch nicht gehen lassen. » Lilja Petrowna « , sagte sie, sodass Lilja abermals innehalten musste. » Willst du denn auch, dass ich komme? « , fragte Antonina.
    Lilja zog das Kopftuch über den Kopf und band es straff unter dem Kinn. Sie blickte über Antoninas Kopf hinweg zu den sich sanft in der Brise wogenden Ästen eines Baums, an denen die ersten Frühlingsknospen zu sehen waren. Ihr Blick streifte Kescha und Semjon. Schließlich sah sie Antonina mit angespannter, argwöhnischer Miene an.
    » Ich verstehe nicht, Prinzessin « , sagte sie ängstlich.
    Antonina hob die Schultern. » Was verstehst du nicht? Ich habe dich gefragt, ob du willst, dass ich nach Kaschra komme, um mir deinen Welpen anzusehen. «
    » Aber … aber … wenn Sie kommen wollen, kommen Sie. Sie allein entscheiden das. «
    Es war nicht die Antwort, die sich Antonina erhofft hatte.
    Lilja begriff, dass sie Prinzessin Olonowa verärgert hatte. » Wenn es Ihr Wunsch ist, Prinzessin « , beeilte sie sich zu sagen, während sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog, » dann ist es auch mein Wunsch. « Sie hielt den Atem an.
    Antonina lächelte.
    Nun ja, ihre Nase war zwar ein bisschen zu lang, dachte Lilja, und ihre Augenbrauen waren viel dunkler als ihr Haar, aber wenn sie lächelte, verschwand ihr strenger Ausdruck. Dann war sie richtiggehend hübsch.
    » Na gut « , sagte Antonina. » Dann werde ich also in dein Dorf kommen. Halt Ausschau nach mir. «
    Lilja atmete erleichtert aus. Diesmal hatte sie also das Richtige gesagt. » Vielleicht … vielleicht wäre es besser, wenn ich mit dem Welpen wieder hierher, auf diese Lichtung, komme « , sagte sie. » Aber, Prinzessin, es muss am gleichen Tag sein, zur gleichen Zeit. «
    » Am Sonntagnachmittag, meinst du? «
    » Ja. Das ist der einzige Tag, an dem ich nicht arbeite und freihabe: am Sonntag, nach der Kirche. « Lilja mochte sich nicht vorstellen, was ihr Vater denken würde, wenn die Tochter von Prinz Olonow in ihre bescheidene Hütte käme; bestimmt würde er sich furchtbar aufregen. Er würde es nicht verstehen.
    Lilja verstand es ja selbst nicht. Aber die Prinzessin wünschte es nun mal. Obwohl ihr nicht zum Lächeln zumute war, zwang sie sich, Antoninas Lächeln zu erwidern.
    Antonina bemerkte, dass sie dabei nicht nur ihre kleinen Schneidezähne entblößte, sondern auch den rosa Rand ihres oberen Gaumens. Mit ihren goldgesprenkelten braunen Augen und den scharf hervortretenden Eckzähnen hatte Lilja Petrowna etwas von einem verhuschten, aber schlauen kleinen Tier.
    Einem Fuchs, ja, genau, einem Fuchs.

NEUN
    A ntonina wohnte mit ihrem Vater und ihren Brüdern in dem riesigen Gutshaus, das alle erdenklichen Annehmlichkeiten bot. Im Laufe der Jahre stellte ihr Vater wechselnde Kindermädchen und Gouvernanten ein, die auf sie aufpassten, und Hauslehrer, die sie auf der Grundlage religiöser und biblischer Texte – Psalmen, Stundengebet und Evangelien – Lesen und Schreiben lehrten. Sie hatte eine schnelle Auffassungsgabe, es fiel ihr jedoch schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Es mangelte ihr an Sorgfalt, und sie ließ sich leicht ablenken; oft blickte sie während des Unterrichts sehnsüchtig zum Fenster hinaus.
    Am liebsten verbrachte sie ihre Zeit am Klavier. Ihren ersten Unterricht hatte sie an dem Spinett bekommen, das in einer Ecke des Musiksalons stand, aber da sie sich so gut machte, durfte sie bald auf dem Tafelklavier aus Rosenholz von Érard spielen, das ihr Vater aus Paris hatte kommen und in der Mitte des Salons aufstellen lassen. Ihr Lehrer, der betagte Monsieur Fadejew, versicherte dem Prinzen, dass seine Tochter nicht nur großen Eifer an den Tag lege, sondern auch ein außergewöhnliches Talent für eine

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