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Das Lied der Luege

Das Lied der Luege

Titel: Das Lied der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Martin
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Stimme klang zärtlich und liebevoll, und für einen Moment war Lavinia versucht, ihm von Anabell zu erzählen. Aber sie musste sich beherrschen. Nein, von dieser Schuld, die seit Jahren auf ihren Schultern lastete, durfte er niemals etwas erfahren. Er liebte sie zwar, liebte sie mit der gleichen verzehrenden Leidenschaft und Intensivität, wie sie ihn liebte, würde jedoch für den Betrug an Edward und auch an Anabell kein Verständnis aufbringen.
    »Kann ich einen Cognac bekommen?«, fragte sie, löste sich von ihm und wischte sich mit dem Handschuh die Tränen aus den Augen.
    »Ist dein Mann überraschend nach Cornwall gekommen?«, fragte er, während er in das Zimmer ging, das ihm gleichzeitig als Bibliothek, Arbeitszimmer und Salon, wenn er mal Gäste hatte, diente. »Oder warum bist du so aufgelöst?«
    Lavinia wartete mit der Antwort, bis sie das Cognacglas, das er ihr reichte, mit einem Schluck geleert hatte. Warm rann der Alkohol durch ihre Kehle, und sie merkte, wie sie sich langsam beruhigte.
    »Es ist nichts Besonderes«, sagte sie leichthin, und nun lächelte sie wieder, wenngleich das Lächeln ihre Augen nicht erreichte. »Ich hatte einfach Sehnsucht nach dir.«
    Die Freude über ihre Worte stand in seinen Augen.
    »Ich fürchtete schon, dein Mann wäre hinter unser Geheimnis gekommen.« Er streckte die Hand nach Lavinia aus. »Wollen wir nach oben gehen? Mein Diener ist mit dem Wagen nach Looe auf den Markt gefahren, ich erwarte ihn nicht vor dem Abend zurück.«
    Sie nickte, nahm seine Hand und folgte ihm in sein Schlafzimmer.
     
    In den letzten Monaten hatte Lavinia oft darüber nachgedacht, wann genau sie sich eigentlich in Sebastian Eathorne verliebt hatte. Wahrscheinlich war es schon bei ihrer ersten Begegnung geschehen. Die berühmte Liebe auf den ersten Blick – von Poeten und Dichtern tausendfach beschrieben und gerühmt –, es gab sie also wirklich. Im Gegensatz zu ihrer Schwiegermutter und den meisten ihrer Nachbarinnen war Lavinia auf den geheimnisvollen Fremden, der Ladbrooke House gekauft und sich dort niedergelassen hatte, nicht sonderlich neugierig gewesen. Als Edward letztes Weihnachten vorschlug, ihn nach Sumerhays einzuladen, hatte Lavinia gedacht, es wäre eine gute Gelegenheit, den Mann, der derart abgeschieden lebte, mit der ländlichen Gesellschaft bekannt zu machen. Es war ein angenehmer Abend gewesen, an dem sich Sebastian Eathorne freundlich und aufgeschlossen gezeigt hatte, Lavinia mit der Bitte, mit ihm auszureiten, indes überrascht hatte. Sie war sich natürlich bewusst, dass sich
so etwas
für eine verheiratete Frau nicht schickte, trotzdem hatte sie sich wie verabredet mit ihm getroffen und war mit ihm zur Küste geritten. Edward und ihrer Schwiegermutter Zenobia hatte sie von einem Treffen des Komitees zur Erhaltung des Kirchendaches von Pelynt, einem Dorf in der Nähe von Sumerhays, erzählt. Bei dem einen Ausritt war es nicht geblieben, und nach vier Wochen war Lavinia seine Geliebte geworden. Es war einfach geschehen, fast so, als wäre es seit ihrer ersten Begegnung Bestimmung gewesen, dass sie miteinander ins Bett gehen würden. Die ersten Wochen ihrer Treffen hatten nur dazu gedient, einen kleinen Rest Anstand sich selbst gegenüber zu wahren. Als Lavinia Ladbrooke House zum ersten Mal betreten hatte, hatte sie gewusst, dass sie es als andere Frau wieder verlassen würde. Sebastian war ein aufmerksamer und zärtlicher Liebhaber, dabei auch fordernd, und Lavinia erlebte eine Seite der Sexualität, die ihr bisher fremd gewesen war. Am meisten überrascht war sie über ihren eigenen Körper, der auf jede noch so flüchtige Berührung Sebastians reagierte, und die Tage, an denen sie sich nicht treffen konnten, zogen sich endlos dahin, und sie vermisste ihn in jeder Sekunde. Das nächtliche Zusammensein mit Edward war Lavinia immer eine lästige Pflichtübung gewesen, der sie Folge leisten musste, besonders, seit sie wusste, dass es Edward nur darauf ankam, sie so bald wie möglich zu schwängern. In den ersten Wochen ihrer verbotenen Beziehung zu Sebastian Eathorne hatte sie nicht gewusst, ob es wirklich Liebe oder nur Begierde war, die sie immer wieder in seine Arme trieb. Lavinia hatte geglaubt, wenn nach einer Weile das lodernde Feuer ihrer Leidenschaft schwächer würde, schliefe auch ihre Beziehung ein, und jeder würde wieder seine eigenen Wege gehen. Es kam der Frühling, dann der Sommer, der sich jetzt dem Herbst entgegenneigte, aber an ihren Gefühlen

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