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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Euch gern empfangen. Sie bittet Euch, solange im Salon zu warten.« Endlich ließ er Moira eintreten. Ihre Haut prickelte vor Aufregung.  
    Obwohl es Sommer war, brannte im Kamin des einfachen Salons ein Feuer. Moira stellte sich davor, um ihren durchnässten Rock und die feuchten Schuhe zu trocknen. Die Hitze des Feuers tat ihr gut. Hoffentlich beeilte Mrs King sich mit ihrer Morgentoilette. Aber selbst wenn sie, Moira, den ganzen Tag warten musste – sie würde hier nicht wieder fortgehen. Nicht, bevor Duncan nicht gerettet war.  
    Sie trat ans Fenster. Es regnete noch immer. Der Parramatta River, der sich am Fuß des Hügels durch die Wiesen wand, war über die Ufer getreten und überschwemmte Teile der Grasflächen. Moira sah Holzplanken auf dem Wasser treiben, Wind bog die Sträucher. Hier oben drohte keine Gefahr, aber in Toongabbie würden einige Menschen wohl nasse Füße bekommen. Und am Hawkesbury River war vermutlich die Maisernte in Gefahr. Aber was ging sie jetzt die Maisernte an? Für sie gab es dringendere Sachen zu klären.  
    »Mrs McIntyre«, hörte sie dann Anna Kings sanfte Stimme und drehte sich aufatmend um. »Wie schön, dass Ihr mich besucht. Sagt selbst, ist dieser viele Regen nicht schrecklich für die armen Siedler? Mein Mann ist heute Morgen zum Hawkesbury aufgebrochen, weil er – Um Gottes willen, meine Liebe, was ist Euch zugestoßen?« Mrs King eilte auf sie zu, beide Hände ausgestreckt.  
    Moira ergriff sie. Ihre eigenen Hände waren eiskalt. Die Angst um Duncan, die sie in der vergangenen Stunde versucht hatte zurückzuhalten, drohte jetzt über ihr zusammenzubrechen. »Mrs King, Eure Exzellenz, ich … ich brauche Eure Hilfe«, war alles, was sie hervorbrachte.  
    *  
    Duncan hatte die Augen geschlossen und versuchte, so oberflächlich wie möglich zu atmen und sich nicht zu bewegen. Aber lange würde er die ständige leicht angespannte Haltung seiner Muskeln nicht mehr durchhalten.  
    Er spürte etwas an seinem Bein. An beiden Beinen. Und an seinem Hosenboden. Noch mehr Spinnen? Nein, das war Nässe, was er da fühlte. Er öffnete die Augen.  
    Wasser drang von einer Ecke aus in den Schuppen und breitete sich auf dem Lehmboden aus. Er spürte erneut das Kribbeln an seinem Schienbein und sah gleich darauf die Spinne aus seinem Hosenbein krabbeln. Schwarz wie die Nacht saß sie auf seinem Schuh. Würde sie etwa wieder in sein Hosenbein zurückkehren, wenn sie merkte, dass der Boden nass war? Ganz langsam streckte er sein Bein aus. Die Spinne rührte sich nicht. Erst als er mit der Fußspitze die Ecke einer großen Kiste berührte, kletterte sie über seinen Schuh auf die Kiste und verschwand dahinter.  
    Mit einem tiefen Seufzer schickte er einen Dank zum Himmel und entspannte sich etwas.  
    Das Wasser stieg. Das war nicht nur der Regen, der noch immer mit unverminderter Wucht niederströmte. Der Toongabbie Creek musste über die Ufer getreten sein; dem gurgelnden Rauschen nach zu schließen, war daraus mittlerweile ein reißender Strom geworden. Die Erbauer dieser Hütte hatten wenig Umsicht bewiesen, als sie den Vorratsschuppen so dicht an den Fluss gebaut hatten.  
    Er lauschte. Hinter dem Wind, der an dem Schuppen rüttelte, und dem Rauschen des Wassers glaubte er andere Geräusche zu hören. Laute, aufgeregte Stimmen und Schreie. Irgendetwas ging dort draußen vor sich. Ob er um Hilfe rufen sollte? Nein, damit machte er sich nur lächerlich. Und er wollte nicht unnötig die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Je eher sie ihn hier herausholten, umso eher würden sie ihn auch auspeitschen. Dann saß er lieber noch etwas länger im Nassen.  
    Obwohl der Wasserpegel mit beunruhigender Schnelligkeit stieg.  
    Das Wasser, das eine trübe, lehmige Färbung angenommen hatte, umspülte seine Beine, erreichte seine Hüfte und seine gefesselten Hände. Erneut horchte er nach draußen. Rufe. Wildes Geschrei. Ein Schuss? Was war dort los? Ein Aufstand?  
    Etwas stieß seitlich an ihn. Ein großes, offenbar leeres Rumfass. Jetzt wurde ihm doch etwas mulmig. Das Wasser reichte ihm mittlerweile bis zum Bauchnabel. Weitere leere kleine Fässer und Kisten schwammen wie Treibgut um ihn herum.  
    Kam denn niemand, um ihn hier herauszuholen? Wer außer den Aufsehern wusste überhaupt, dass er hier eingesperrt war? Er zog an den Handschellen hinter seinem Rücken, doch der am Pfeiler befestigte Ring hielt sie unverrückbar fest. Wenn nicht bald etwas passierte, würde er sich keine

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