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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Eure Frau?« Der Major lenkte sein Pferd neben Alistairs.  
    »Ebenfalls in Parramatta, Sir«, würgte Alistair hervor. An Moira hatte er in der vergangenen Stunde überhaupt nicht mehr gedacht.  
    »Sieh einer an.« Der Major hob eine Augenbraue. »Was tut sie dort? Macht sie etwa gemeinsame Sache mit dem Abschaum?«  
    Zuzutrauen wäre es ihr, ging es Alistair durch den Kopf. Der Hass, der an diesem Morgen in ihren Augen aufgeblitzt war, als er ihr von Duncans Verbannung erzählt hatte, hatte ihm richtiggehend Angst gemacht. »Sie wollte beim Gouverneur vorsprechen.«  
    Der Major blickte ihn einen Augenblick lang forschend an. »Für ein Gnadengesuch, nehme ich an?«  
    Alistair hätte diese Frage am liebsten übergangen, aber das konnte er sich nicht erlauben. Also nickte er nur zögernd. Sein Blick ging über das Dickicht neben dem Weg hin zum Fluss. Der Toongabbie Creek war zu einem reißenden Strom geworden, Büsche, abgerissene Äste, Stühle und sogar Tische trieben im Wasser. Und eine Truhe, auf deren Deckel selbst vom Ufer aus ein Kupferbeschlag zu erkennen war. Ein Schrei blieb ihm in der Kehle stecken. Das war seine Truhe! Seine Truhe mit all seinen Forschungsunterlagen!  
    Das Herz wollte ihm schier stehenbleiben. Er trieb sein Pferd vor das des Majors. »Major, Sir, bitte wartet!«  
    Der Major brachte sein Pferd zum Stehen. »Was erlaubt Ihr Euch, McIntyre? Geht sofort aus dem Weg!«  
    »Bitte, Major, seht doch, dort – meine Truhe, meine Forschungen!« Entsetzt deutete er auf den Fluss. »Ich … wir müssen sie retten!«  
    »Seid Ihr von Sinnen? Für solche Mätzchen haben wir keine Zeit!«  
    »Bitte, Sir. Das ist alles, was ich habe! Mein Lebenswerk!«  
    Der Major sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Wenn Ihr nicht augenblicklich den Weg freigebt, McIntyre, ist das Behinderung des Militärs. Dafür kann ich Euch erschießen lassen!«  
    Alistair schluckte, sein Mund war trocken. Widerstrebend lenkte er sein Pferd zur Seite.  
    Als sie weiterritten, warf er noch einmal einen Blick auf den Fluss. Die Truhe trieb mit der Strömung davon.  
    *  
    »So beruhigt Euch doch, Mrs McIntyre.« Mrs King nahm sich ein Gurkensandwich von der Etagere. Ein Hausmädchen hatte Tee und Brote gebracht, aber Moira war viel zu aufgewühlt, um auch nur einen Bissen hinunterzubekommen. Nachdem sie Mrs King in aller Eile ihr Anliegen vorgebracht hatte, fühlte sie sich plötzlich entsetzlich ermattet, ausgelaugt. Trotz des wärmenden Tuchs, das ihr Anna King hatte bringen lassen, fröstelte sie in ihrer feuchten Kleidung.  
    »Duncan O’Sullivan«, wiederholte Mrs King nachdenklich. »Irgendwo habe ich diesen Namen schon einmal gehört.« Sie runzelte die Stirn, dann glitt Erkenntnis über ihre schönen Züge. »Hieß so nicht der Sträfling, der Euch entführt hat?«  
    Moira nickte. Jedes Leugnen war jetzt zwecklos. Und sie hatte weder die Kraft noch die Zeit, sich eine mögliche plausible Erklärung auszudenken.  
    »Es war keine Entführung«, gab sie stockend zu. Sie spürte Tränen in ihren Augen aufsteigen. »Er … wir lieben uns.«  
    Mrs King schien nicht wirklich erstaunt zu sein. In aller Kürze schilderte Moira ihre gemeinsame Flucht und deren Scheitern, Duncans Bestrafung und seine anschließende Verurteilung, die ihn nach Norfolk Island bringen würde. Die Fehlgeburt verschwieg sie; es erschien ihr nicht wichtig. »Ich weiß, dass Ihr es nicht gutheißen könnt, Eure Exzellenz«, schloss sie erschöpft. »Aber … ich bin verzweifelt. Ihr seid meine letzte Hoffnung.«  
    Mrs King sah sie mitfühlend an. »Nun, gutheißen kann ich es tatsächlich nicht, aber verstehen. Und Euer Vertrauen ehrt mich. Unter diesen Bedingungen, wie Ihr sie mir schildert, kann so mancher der Versuchung erliegen. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede. Vor unserer Heirat hatte mein Mann eine Liebschaft mit einer Sträflingsfrau. Zwei Söhne sind aus dieser Beziehung hervorgegangen. Ich habe die beiden in mein Herz geschlossen, obwohl sie nicht meine eigenen Kinder sind.«  
    »Ihr seid eine großherzige Frau.«  
    Mrs King lachte. »Wohl eher eine vernünftige. Was blieb mir anderes übrig? Die beiden sind jetzt in England und besuchen dort die Schule, genau wie unsere beiden Ältesten. Nur unsere kleine Elizabeth ist mit uns gekommen.«  
    Sosehr Moira zu anderer Zeit ein Gespräch mit Mrs King geschätzt hätte – jetzt saß sie auf glühenden Kohlen. »Bitte, Eure Exzellenz«, drängte

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