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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Habt Ihr einen Sohn? Oder einen weiteren Verwandten dieses Namens?«  
    »Bedaure«, verneinte McIntyre. »Aber so selten ist dieser Name nicht.«  
    Harrison schüttelte den Kopf. »Es liegt mir auf der Zunge. Wie ist Euer Vorname, Dr. McIntyre?«  
    »Alistair«, erwiderte dieser und lockerte seine Halsbinde.  
    »Aus Cork, sagt Ihr?«  
    »So ist es, Mr Harrison. Studiert habe ich allerdings in Dublin. Im Trinity College. Dort ist –«  
    »In der Zeitung!« Harrison schlug sich vor die Stirn.  
    »Wie bitte?«  
    »Ich habe Euren Namen in der Zeitung gelesen! In der New Cork Evening Post .«  
    »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht«, gab McIntyre steif zurück.  
    »Aber natürlich wisst Ihr das! Ich war letztes Jahr für fünf Monate in Castlelyons bei Cork mit meinem Regiment stationiert, um gegen die Aufständischen vorzugehen. Jetzt fällt es mir wieder ein!« Alle hatten aufgehört zu essen und blickten nun gespannt in Harrisons Richtung. »Wartet … es ging um den Tod Eurer Frau … Eurer ersten Frau natürlich, war es nicht so?«  
    Moira verschluckte sich fast an ihrem Stück Wassermelone, ihr wurde heiß und kalt zugleich. »Mr Harrison, würdet Ihr die Güte haben, mich –«  
    »Es war ein Unglücksfall«, unterbrach McIntyre sie rasch. Moira konnte sehen, wie sich feine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Ein Zucken ging über sein Gesicht. »Ein bedauerlicher Fehler. Sie … Victoria hat etwas verwechselt.«  
    »Ein Fehler, der Eure Frau das Leben kostete, war es nicht so?«, bohrte Harrison nach. »Wenn ich mich recht erinnere, wurdet Ihr der Fahrlässigkeit beschuldigt. Wartet – jetzt weiß ich es wieder. Eure Frau hatte versehentlich Gift genommen. Und an dieses Gift hätte sie nicht gelangen können, wenn Ihr vorsichtiger gewesen wärt.«  
    Moira fühlte sich, als würde ihr eine kalte Hand über den Rücken streichen.  
    Captain Salkeld beugte sich vor. »Dr. McIntyre, möchtet Ihr Euch dazu äußern?«  
    McIntyre saß mit zusammengebissenen Kiefern da. »Ich würde es vorziehen, nicht darüber zu reden.«  
    Ein mitfühlendes Kopfnicken von Mrs Cox war die Folge. »Ihr Ärmster, das verstehen wir natürlich. Das Ganze muss sehr schmerzlich für Euch gewesen sein. Ich hoffe für Euch, dass Ihr diese ganze traurige Angelegenheit schnell vergessen könnt. Erfreulicherweise habt Ihr ja schon ein neues Glück gefunden.« Sie nickte Moira lächelnd zu.  
    »Wie überaus freundlich von Euch, Mrs Cox.« McIntyre war sichtlich erleichtert. »Was mich daran erinnert, dass es nun Zeit für Mrs McIntyre wird, sich zurückzuziehen.«  
    Moira sah ihn konsterniert an. Ich denke ja nicht daran, wollte sie im ersten Moment sagen. Dann schluckte sie den Satz hinunter, denn plötzlich hatte sie es eilig, dieser Gesellschaft zu entkommen. Oder vielmehr McIntyre zu entkommen.  
    Allein in ihrer Kabine stand Moira eine Weile wie erstarrt da. Victoria habe versehentlich Gift genommen, hatte Harrison gesagt. War es wirklich so gewesen? Als Arzt konnte McIntyre ohne große Probleme über die entsprechenden Mittel verfügen …  
    Sie musste unbedingt mehr darüber erfahren.  
    Mit zitternden Fingern entzündete sie eine Kerze und kniete sich in eine Ecke des Raums. Eine der dort gelagerten Truhen enthielt Moiras Mitgift und ihren weiteren Besitz, die andere McIntyres Habe. Die dritte, kleinere Truhe mit dem kupferbeschlagenen Deckel gehörte ihm ebenfalls. Er hütete sie wie seinen Augapfel und ließ niemanden daran; auch jetzt war sie mit einem schweren Vorhängeschloss gesichert.  
    Moira stellte die Kerze auf ihre Truhe und lauschte nervös auf Schritte vor der Tür. Wie viel Zeit blieb ihr? Sie begann, an dem Schloss zu rütteln und zu kratzen. Doch ihre Fingernägel waren zu kurz, um etwas auszurichten, und sie holte sich dabei nur wunde Fingerkuppen. Schließlich suchte sie ihre stärkste Hutnadel heraus und stocherte in dem Schloss herum. Es konnte doch nicht so schwer sein, dieses vermaledeite Ding aufzubekommen … Doch das Schloss widersetzte sich hartnäckig ihren Bemühungen, sosehr sie die Nadel auch bog und drehte.  
    Und wenn sie mit etwas gegen das Schloss schlug und die Truhe aufbrach? Dann wäre es natürlich nicht mehr zu verheimlichen, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte. Andererseits musste sie unbedingt …  
    Sie schreckte auf, als sie schwere Schritte vor der Tür hörte. Rasch sprang sie auf und ließ die Hutnadel hinter ihrem

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