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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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hatte, und war zu sieben Jahren verurteilt worden, weil sie ihren Dienstherren bestohlen hatte; ein Tischtuch, wenn Moira sich richtig erinnerte. Zahlmeister Cox, der für die Gefangenen zuständig war, hatte Moira vor wenigen Tagen zugesichert, dass sie Ann als Hausangestellte zugeteilt bekommen würde. Auch Ann selbst war bereits davon unterrichtet worden.  
    Dichtgedrängt, mit gefesselten Händen, standen die männlichen Sträflinge in drei Reihen an Deck. Die Herren aus Sydney schritten prüfend an ihnen entlang, schauten dem einen oder anderen in den Mund oder in die Augen und stellten Fragen. Trotz der vielen Menschen an Bord war es verhältnismäßig ruhig, die Spannung war fast greifbar. Hier und heute würde sich für viele ihr weiteres Geschick entscheiden.  
    Ein panischer Aufschrei riss Moira aus ihren Gedanken: Ein hochgewachsener Offizier hatte Ann nach vorne gezogen und sie ebenfalls in die Reihe gestellt.  
    »Wie alt bist du?«  
    Ann warf Moira einen angstvollen Blick zu.  
    »He, Mädchen, ich hab dich was gefragt!«  
    »Fünfzehn«, stammelte Ann tonlos und versuchte zurückzuweichen.  
    Der Offizier nickte zufrieden. »Die nehme ich. Schön ist sie zwar nicht, aber wenigstens jung.«  
    In Anns Augen stand nackte Angst, als sie sich an Moira wandte. »O bitte, Ma’am, lasst nicht zu, dass er mich fortbringt!«  
    Moira hatte davon gehört, dass viele Offiziere sich die jungen, hübschen Frauen unter den Gefangenen gern als Mätressen hielten. Und Frauen waren Mangelware in Neusüdwales. Sie sprang auf.  
    »Sir«, ging sie entschieden dazwischen, auch wenn ihr Herz laut pochte. »Sie ist bereits mir zugesprochen.«  
    Der Offizier musterte sie von oben herab, seine silberne, halbmondförmige Halsberge glitzerte in der Sonne. »Das mag ja sein, Madam, aber das Militär hat Vorrang. Ich bin Major James Penrith. Und ich will dieses Mädchen.«  
    »Sir, bitte!« Wo nur war Cox? »Fragt Zahlmeister Cox!«  
    »Das Mädchen gehört mir.« Major Penrith ergriff Anns Arm.  
    Ann schrie auf, als hätte er sie mit einem Messer gestochen, dann riss sie sich los und fiel vor Moira auf die Knie. »Bitte, Ma’am«, schluchzte sie. »Lasst mich nicht mit ihm gehen. Ich werde auch alles für Euch tun!«  
    Moira schluckte. Da hatte sie etwas angefangen … »Bitte, Major, wenn Ihr Euch einen Augenblick gedulden könntet? Ich muss Zahlmeister Cox suchen!«  
    Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern drehte sich um und eilte, so schnell es der Anstand und die Enge erlaubten, über Deck und durch die Reihen der Gefangenen, von denen sie nicht wenige mit anzüglichem Grinsen bedachten, wenn auch niemand Anstalten machte, sie zu berühren.  
    Da, endlich! Cox stand, ein paar Papiere in der Hand, mit einigen Offizieren und Zivilisten vor dem hünenhaften Gefangenen, der ihr schon vor zwei Tagen aufgefallen war. Sie kämpfte sich vor und blieb einige Schritte entfernt stehen, um ihren Atem zu beruhigen und ihr Kleid zu richten.  
    Cox und die anderen waren bereits zum nächsten Sträfling gegangen.  
    »Name?«, hörte Moira.  
    »O’Sullivan.«  
    Cox suchte die Liste ab. Einer der Offiziellen drehte die Handflächen des Häftlings nach oben.  
    »Beruf?«  
    »Feinschmied.«  
    »Metallverarbeitung also, hm. Kannst du auch mit Holz umgehen? Gut. Sehr gut. In Sydney können wir jeden brauchen, der –«  
    »Verzeiht, Sir«, unterbrach ihn Cox, der offenbar den richtigen Eintrag gefunden hatte. »Aber O’Sullivan kommt nicht für Euch in Frage. Er kommt nach Toongabbie, wie alle Rebellen.«  
    Moira sah neugierig auf, als sie das Wort Rebell hörte. Der Sträfling war jung, groß und von schlanker Gestalt. Dunkelbraune Haare umgaben ein schmales, gebräuntes Gesicht mit hohen Wangenknochen. Trotz der Fesseln strahlte er eine gewisse Würde aus, ganz so, als gehöre er gar nicht hierher. Auf verwirrende Weise fühlte sie sich von ihm angezogen.  
    »Oh, nun gut. Und ich dachte schon, die junge Dame«, der Mann aus Sydney deutete mit dem Kopf auf Moira, »hätte vielleicht Anspruch auf ihn angemeldet.« Er lachte anzüglich.  
    Moira spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Der Gefangene verzog keine Miene, doch für einen Moment traf sie ein Blick aus dunkelgrünen Augen. Dann senkte er rasch wieder die Lider. Ihr Herz schlug plötzlich schneller.  
    Cox drehte sich um. »Ach, Mrs McIntyre, ich habe Euch gar nicht gesehen. Was kann ich für Euch tun?«  
    Moira straffte

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