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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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    Der Major bedachte ihn mit einem abschätzigen Blick und streckte die Hand aus. »Ah, na endlich! Und das ist Euer geheimnisvolles Gerät?« Er wiegte das oculus in der Hand. »Höchst interessant. Damit könnt Ihr also ins Innere des Körpers sehen?«  
    »Leider noch nicht«, bekannte Alistair. »Es fehlt noch an einer geeigneten Technik zur Beleuchtung.«  
    Der Major reichte ihm das Instrument. »Wie wäre es mit einer Vorführung?«  
    »Sir?«  
    »Wieso so begriffsstutzig, McIntyre? Ich will eine Demonstration, das habe ich Euch schon einmal gesagt.«  
    Alistair schluckte. Er war noch nicht so weit. Und vor allem nicht vor dem Major. »Sicher, Sir, ich erinnere mich. Es ist nur so – ich habe niemanden, an dem ich es vorführen könnte.«  
    Wenn er jetzt fragte, an wem er es sonst ausprobierte, hatte Alistair ein echtes Problem. Aber der Major hielt sich mit solchen Fragen gar nicht erst auf. Mit einer lässigen Handbewegung deutete er in die Zimmerecke, wo Ann stand. »Nehmt sie!«  
    Alistairs Beine wurden weich. »Sir, das … das geht nicht.«  
    »Wieso nicht?«  
    »Weil … es ist eine schwierige Sache. Nicht jeder ist dafür geeignet. Ich könnte sie verletzen, wenn –«  
    »McIntyre!«, unterbrach ihn der Major. »Das interessiert mich nicht! Ich versorge Euch mit allem, was Ihr für Eure medizinische Bastelei benötigt. Und jetzt will ich Ergebnisse sehen. Sofort!«  
    Ann, die die Diskussion mit schreckgeweiteten Augen verfolgt hatte, stand stocksteif da.  
    »Was muss sie tun?«, fragte der Major ungeduldig. »Sich hinlegen?«  
    Alistair schluckte erneut, dann räusperte er sich. »Nein, hinsetzen«, sagte er mit belegter Stimme.  
    Der Major ergriff einen Stuhl und stellte ihn in die Mitte des Raums. »Du da! Setz dich!«  
    Ann sah die beiden Instrumente auf dem Tisch an. Ihr Blick flatterte, wie ein gefangenes Tier auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit.  
    »Ann, setz dich.« Alistair wich ihrem Blick aus. Schließlich gehorchte sie.  
    Er atmete tief durch. Seine Hand verharrte über dem langen Rohr, dann griff er nach dem kurzen. »Ich werde dieses hier nehmen.« Er versuchte, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. »Das ist einfacher.«  
    Der Major zuckte mit den Schultern. »Wie Ihr meint.«  
    Alistair trat hinter Ann und erklärte dem Mädchen kurz, was sie tun sollte. Fast wünschte er sich, O’Sullivan wäre hier.  
    Ann war ein einziges Bündel Angst. Als sie zitternd den Mund öffnete, schlug ihm fauliger Atem entgegen; bei Gelegenheit musste er einmal nach ihren Zähnen sehen.  
    Er kam nicht einmal bis in die Nähe des Kehlkopfs. Ann wehrte sich sofort, würgte, hustete und schlug mit Armen und Beinen um sich.  
    »Weiter, McIntyre, ich halte sie fest!« Der Major war aufgesprungen und packte Anns panisch um sich schlagende Hände. Mit einer Hand umklammerte er ihre Handgelenke, mit der anderen zwängte er ihren Kiefer auseinander. »Versucht es noch einmal!«  
    Doch es blieb ein Ding der Unmöglichkeit. Anns Schlundmuskulatur war vollständig verkrampft, der Kehlkopf verengt. Sie bekam kaum Luft, ihr Gesicht war rot angelaufen und die Augen vor Angst geweitet.  
    Alistair legte das Röhrchen zurück auf den Tisch. »Es geht nicht«, konstatierte er, schwankend zwischen Erleichterung und Furcht. Der Major war immerhin sein Vorgesetzter. »Sir, es tut mir leid, aber ich muss diesen Versuch abbrechen. Die Gesundheit und vielleicht sogar das Leben des Mädchens sind sonst in Gefahr.«  
    »Wen kümmert es?« Der Major hielt Ann noch immer fest. Sie wimmerte in seinem Griff, Tränen liefen ihr über das Gesicht und in den geöffneten Mund. »Wiederholt es. Ich will sehen, was Ihr da ausgeheckt habt.«  
    Alistair nahm all seinen Mut zusammen. »Bedaure, Sir, das kann ich leider nicht tun. Der hippokratische Eid gebietet, niemandem zu schaden.«  
    Der Major hob eine Augenbraue und ließ endlich Ann los, die schluchzend und keuchend vor dem Stuhl zusammensank.  
    »Sieh an, sieh an, der Herr Doktor hat ein Gewissen. Ich hoffe nur, dass Ihr nicht vergessen habt, wer Euch das alles hier erst ermöglicht hat!«  
    »Nein, Sir, das habe ich nicht vergessen.«  
    Der Major setzte sich wieder. »An wem probiert Ihr es sonst aus? Und wo ist eigentlich Euer zweiter Sträfling, dieser O’Sullivan?«  
    Bevor Alistair etwas sagen konnte, hob Ann den Kopf. »Sir, ich …« Sie hustete, schnappte nach Luft, aber zu Alistairs Erstaunen wandte

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