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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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sie sich nicht an ihn, sondern an den Major. »Darf ich … darf ich etwas sagen?«  
    »Geht es um O’Sullivan?«  
    Ann nickte scheu, noch immer auf dem Boden kniend.  
    »Dann sprich.«  
    Allmählich ließ Anns würgender Husten nach. »Ich … ich weiß nicht, ob es wichtig ist, aber …«  
    »Was? Komm schon, Mädchen, du kannst offen sprechen.«  
    »Ich … ich will niemanden anschwärzen, aber … ich glaube, ich habe etwas gesehen.«  
    »Was denn, in drei Teufels Namen? Muss man dir denn jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen?«  
    »Sir, ich habe gesehen, wie O’Sullivan etwas im Kutschenhaus versteckt hat«, brach es aus Ann hervor. »Vielleicht Waffen. Oder … oder Proviant. Und wo Ihr doch nach Aufrührern sucht, da dachte ich …« Sie verstummte so plötzlich, wie sie begonnen hatte.  
    Alistair war der kalte Schweiß ausgebrochen. Was erzählte Ann da bloß? Konnte es wirklich sein, dass O’Sullivan einer der Aufrührer war?  
    »Das hast du gut gemacht, Mädchen.« Der Major fixierte sie prüfend, dann erhob er sich. »Und jetzt wirst du mich und den Doktor zum Kutschenhaus begleiten.«  
    *  
    Es hatte viel geregnet in den vergangenen Tagen, der Busch, der den Weg zwischen Parramatta und Toongabbie säumte, glänzte feucht. Dennoch kam die Kutsche mit den drei Insassen, die Moira nach Hause brachte, gut voran. Auch wenn es bedeutet hatte, eine Nacht lang Duncan nicht sehen zu können, war es eine schöne kleine Reise gewesen. Wahrscheinlich lag es daran, dass McIntyre nicht mitgekommen war. Er hatte im letzten Moment mit einer fadenscheinigen Begründung abgesagt, und so war Moira alleine mit D’Arcy Wentworth und Catherine Crowley zu den Balmains nach Sydney gereist. Seine Kinder hatte Wentworth in der Obhut eines Kindermädchens gelassen.  
    Dr. Balmain war Magistrat und oberster Arzt der Kolonie, ein Mann der ersten Stunde, der vor zwölf Jahren mit der Ersten Flotte nach Neuholland gekommen war. Genau wie Dr. Wentworth lebte auch Dr. Balmain unverheiratet mit einer ehemaligen Sträflingsfrau zusammen. Bei so vielen Gemeinsamkeiten war es nicht verwunderlich, dass die beiden Ärzte befreundet waren.  
    Catherine Crowley, die Moira gegenübersaß, lächelte ihr verschwörerisch zu. Moira wusste, was dieses Lächeln zu bedeuten hatte. Heute Morgen, im Haus der Balmains, hatte sie sich vor dem Frühstück heftig übergeben müssen. Kurz darauf war Catherine bei ihr erschienen – und das vielsagende Glitzern in ihren Augen hatte Bände gesprochen. Sie hatte nichts auf Moiras Beteuerungen gegeben, lediglich das üppige Abendessen nicht vertragen zu haben. »Ich habe drei Kinder geboren. Glaubt mir, ich sehe es, wenn eine Frau guter Hoffnung ist«, hatte sie gesagt.  
    Ein widersprüchliches Gefühl, schwankend zwischen Furcht und Freude, regte sich in Moira. Aber nein, sie war nicht dafür geschaffen, Kinder zu empfangen, das hatte sie schließlich in den langen Monaten ihrer Ehe feststellen können. Und doch – falls es tatsächlich zutraf, dann gab es keinen Zweifel, wer der Vater des Kindes war, schließlich hatte McIntyre seine Aktivitäten im ehelichen Schlafgemach seit einiger Zeit vollkommen eingestellt.  
    Als sie sich Toongabbie näherten, konnte Moira das ockerfarbene Band des Flusses erkennen. Durch die häufigen Regenfälle der vergangenen Wochen führte er viel Wasser. Dahinter erstreckte sich die Reihe gleichförmiger Sträflingshütten. Eine Kutsche kam ihnen entgegen, flankiert von berittenen Soldaten. Man grüßte sich mit kurzem Kopfnicken und fuhr aneinander vorbei.  
    Moira wandte sich um. Sie kannte den Mann, der dort neben einem anderen in der Aufmachung eines katholischen Priesters saß, doch sie brauchte eine Weile, um ihn einordnen zu können. Dann fiel es ihr wieder ein. Holt! Joseph Holt, der Rebellengeneral, der mit ihnen auf der Minerva gereist war. Soweit sie wusste, war er von Zahlmeister Cox als Verwalter auf dessen Farm in Parramatta eingestellt worden. Es sah nicht so aus, als wäre er freiwillig in Toongabbie gewesen. Was hatte er dort gemacht? Ein ungutes Gefühl ergriff sie.  
    Als die ersten Häuser auftauchten, verabschiedete sie sich von Wentworth und Catherine, die nach Parramatta zurückfuhren. Catherine drehte sich noch einmal um und winkte ihr aufmunternd zu, dann fuhren sie weiter. Moira wollte gerade den Weg zu ihrem Haus einschlagen, als sie verharrte.  
    Etwas war anders als sonst. Über dem großen Platz, der für

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