Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
von Sarah. Ich passe dir doch gar nicht mehr ins Konzept.«
»Das ist nicht wahr, und das weißt du. Du hattest immer meine hundertprozentige Unterstützung. Außerdem hättest du mir ruhig etwas mehr helfen können«, warf sie ihm vor, »so wie ich es getan hätte, wenn die Dinge anders herum gelegen hätten.« Sie hob die Augenbraue. »Und? Hast du mit ihr geschlafen?«
Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, konnte die Enttäuschung und den Schmerz darin nicht ertragen. »Warum lassen wir das nicht einfach, Jess? Lass uns so tun, als hätte es diese Nacht nie gegeben.« Doch noch bevor er die Worte ausgesprochen hatte, wusste er, dass es hoffnungslos war. Sie war wie ein Hund mit einem Knochen. Sie würde nicht locker lassen, bis sie alles bis ins kleinste Detail aufgedeckt hatte.
»Aber es ist passiert, Simon, und es verändert alles.«
»Also, ich habe einen Fehler gemacht. Es tut mir leid. Vertrau mir, Jess, es wird nicht wieder vorkommen. Ich verspreche es«, flehte er, obwohl er im Grunde seines Herzens wusste, dass das eine Lüge war. Sue war ihm unter die Haut gegangen, und schon der Gedanke an sie hob seinen Blutdruck, von anderen Körperteilen ganz zu schweigen. Bei Gott, sie wusste, wie man einen Mann ins Schwitzen brachte. Nur mit Mühe riss er sich von dem Gedanken los, wie gut sie im Bett war. Hier gab es größere Kluften zwischen ihm und Jessica zu kitten. Ihre Ehe war gut gewesen und hatte den größten Test, Damians Tod, überstanden. Er konnte das jetzt nicht aufgeben, besonders nicht, weil … der Gedanke kam ihm völlig unwillkürlich … weil sie das ganze schöne Geld hatte, das er für sein Projekt brauchte. Jawohl, alter Junge, konzentrier dich darauf!
Tief im Inneren war sich Jessica einer eisigen Ruhe bewusst. Warum regte sie sich über seinen Betrug nicht mehr auf? Von allen Frauen auf der Insel ausgerechnet Sue Levinski! Sue, die sie in Marcus' Haus bloßgestellt hatte, die sie mit kaum verhüllter Abneigung betrachtete und die in aller Klarheit signalisierte, dass sie sie für unzurechnungsfähig hielt. Die, wie sie jetzt wusste, ihr Bestes getan hatte, um ihre Ehe zu untergraben. Sie schätzte, dass der Zorn später kommen würde, doch in dieser Minute verspürte sie nur eine gähnende Leere, als ob eine Emotion, ein Gefühl der Anteilnahme, tief in ihrem Innersten, das seit geraumer Zeit krankte, nun endgültig abgestorben sei.
Der Abgrund, der sich in den letzten achtzehn Monaten schleichend zwischen ihnen aufgetan hatte, trat plötzlich klar hervor. Es machte sie betroffen, sein Vergehen schmerzte sie, aber das war lediglich ihr persönlicher Stolz. Was an der Wahl seiner Partnerin lag. Der Rest von ihr … o Gott! Sie empfand nichts mehr für Simon, es lag ihr nichts mehr an ihm, zumindest nicht genug, als dass es etwas ausgemacht hätte. Die Erkenntnis überraschte sie so sehr, dass es sie sprachlos machte. Wenn es ihr etwas ausmachen würde, wäre sie fuchsteufelswild und furchtbar verletzt durch das, was er getan hatte.
»Wir müssen darüber reden, Jess. Wir können nicht mehr als zehn Jahre Ehe einfach aufgeben, ohne wenigstens zu versuchen zu retten, was zu retten ist«, bat Simon sie flehentlich.
Sie starrte ihn an, als ob er ein völlig Fremder wäre. Ihr Gehirn weigerte sich zu arbeiten, sie konnte nicht klar denken. Wie hatte es nur so weit kommen können? Wie hatte ihre Liebe einfach so sterben können, wie eine Flamme, die langsam verlöscht? Warum hatte sie das nicht kommen sehen? So viele Fragen und keine Antwort, nur eine dumpfe Verwirrung in ihrem Kopf und in ihrem Herzen.
»Jess, bitte …«
Sie gab sich selbst einen Ruck. Simon hatte Recht. Natürlich hatte er Recht. War es in ihrem Beruf nicht um Eheprobleme gegangen und darum, die Klienten zu Kompromissen zu bewegen und dazu, daran zu arbeiten, ihre Beziehung in Ordnung zu bringen, ohne das Gesetz dafür bemühen zu müssen? Wenn sie bei Klienten dazu in der Lage gewesen war, dann musste es in ihrer eigenen Ehe doch gleichfalls möglich sein. Zumindest musste sie es versuchen.
»Gut. Wir können reden. Aber nicht hier und nicht jetzt. Wir brauchen etwas Abstand und Zeit, darüber nachzudenken, was wir wirklich wollen. Wir gehen heute Abend essen. Eine neutrale Umgebung ist meistens das Beste. Ich werde uns einen Tisch bei Anabelle's reservieren.«
Simon runzelte die Stirn. Er war offensichtlich nicht damit einverstanden, doch vor dem Ausdruck in ihren Augen kapitulierte er. »Wenn du das möchtest,
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