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Das Lied der schwarzen Berge

Das Lied der schwarzen Berge

Titel: Das Lied der schwarzen Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dich heiratet?«
    Sie lachte grell auf … es sollte höhnisch klingen, aber es war ein Verzweiflungsschrei. »Ein Bauernmädchen als Frau Ralf Meerholdts? Ein Mädchen mit Kuhgestank in den Villen von Zagreb oder Belgrad? Kannst du überhaupt tanzen? Weißt du, was ein Foxtrott ist? Ein Swing? Kannst du Hummer essen oder einen Chateaubriand? Weißt du, wie man ein Cocktailglas hält oder wie man die Hand hinstreckt zu einem Handkuß? Du bist ein dummes, blödes Frauenzimmer, das nichts hat als eine schöne Larve, einen Schwall von langen Haaren. Haare, wie der Schwanz eines Pferdes! Und unter diesen Haaren ist Stroh!« Elena zitterte, ihre Stimme brach nach jedem Satz vor Gift. »Hast du schon einmal eine Party mitgemacht? Wie nimmt man den Tee ein? Kannst du überhaupt mit Messer und Gabel essen?« Sie lachte höhnisch und spürte, daß ihr Herz frei wurde nach den galligen Worten.
    Rosa schüttelte ruhig den Kopf. »Ich werde es lernen«, sagte sie still. »Ich werde alles lernen. Ich glaube nicht, daß die Liebe abhängt von Hummeressen und Foxtrottanzen.«
    »Liebe! Glaubst du wirklich, daß Ralf dich liebt?«
    Rosa nickte. »Ja, das glaube ich.«
    Elena Osik verkrampfte die Hände ineinander. Sie gesteht es. Sie sagt mir ins Gesicht, daß sie mit Ralf geschlafen hat. Mit meinem Sascha! Mit meiner großen Sehnsucht … dieses Bauernmädchen.
    »Mistvieh!« sagte sie verächtlich. »Er hat dich genommen, weil du dich ihm dargeboten hast. Und er bezahlt dich dafür wie eine Hure. Mehr bist du nicht für ihn … eine schöne Bauernhure, die er wegwirft, wenn er Zabari einmal verläßt.«
    »Er liebt mich«, sagte Rosa leise.
    »Gestern, heute und morgen, und weil ich nicht hier war, darum liebte er dich. Aber das ist jetzt anders! Ich werde ihn heiraten, und du läßt ihn in Ruhe, verstehst du?! Du gehst aus Zabari weg …«
    »Aus dem Dorf? Nie!«
    »Du gehst in die Stadt und suchst dir eine Stelle! Ich gebe dir ein Schreiben mit – man wird dich sofort anstellen.« Elena nestelte in den Taschen ihres Kleides und schob dann Rosa ihre Hand hin. Zwischen den Fingern quollen Banknoten hervor, Hundert- und Tausend-Dinar-Scheine. »Hier hast du 5.000 Dinare. Damit kommst du die ersten Monate weiter. Wenn du noch mehr Geld brauchst, gebe ich es dir. Du kannst 50.000 Dinare haben, wenn du Zabari und Ralf verläßt.«
    Rosa drückte die Flasche Wein und die Wurst an sich. In ihren Augen glomm ein heller Funken empor. »Ich verkaufe meine Liebe nicht«, sagte sie laut. »Aber du willst sie von mir kaufen … bist du nicht auch eine Hure?!«
    Einen Augenblick hielt Elena den Atem an. Vor ihren Augen flimmerte es grell … es war, als gehe ein Gewitter nieder und die Blitze umzuckten sie und blendeten ihre Augen. Dann schlug sie zu, blindlings, in die Richtung, wo sie Rosa vermutete. Sie spürte Widerstand und schlug weiter, immer wieder ausholend und zuschlagend. Der Triumph, sie zu treffen, dieses schöne Gesicht mit den langen, wallenden Haaren zu zerstören, erfüllte sie ganz und ließ sie taumeln. »Du! Du!« schrie sie bei jedem Schlag. »Du Aas! Du Dirne! Du geile Katze! Du Mißgeburt! Du läufige Hündin!«
    Als sie von Rosa abließ und sich zum Gehen wandte, sah sie, wie das Mädchen an der Wand stand, die Haare zerzaust und das Kleid zerrissen. Der Wein war zu Boden gefallen und die Flasche zerschellt. Die kostbare Flüssigkeit versickerte im Sand. Schwankend ging Elena ins Haus zurück und fühlte einen faden Geschmack im Mund. Sie hat sich nicht gewehrt, dachte sie. Sie hat die Schläge erduldet. Sie ist stärker als ich, stolzer, besser.
    Sie warf sich auf das Bett, mit dem Gesicht in die Kissen, und weinte laut.
    In einem Versteck hatte sich Jossip die Lippen blutig gebissen. Er sah jeden Schlag, den Rosa bekam, und er zählte sie.
    Für jeden Schlag würde Elena einmal vor Grauen schreien, schwor er sich. Für jedes Wort sollte sie um Gnade flehen. Er klammerte sich an den Holzstößen fest und zwang sich, nicht vorzustürzen und sie zu erwürgen. Einfach ihren Hals zu nehmen, den weißen, zarten Hals, aus dem so viel Gemeinheit und Haß sprudelten, und ihn zuzudrücken mit seinen großen, braunen Händen, so lange zu drücken, bis sie schlaff zusammenfiel und im Staub neben der zerbrochenen Flasche Wein lag.
    Als Ralf Meerholdt in der Nacht zurückkam, schlief Elena und wälzte sich im Traum stöhnend von einer Seite zur anderen. Rosa hatte den Tisch gedeckt … ihr Gesicht war noch gerötet, doch Ralf sah

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